Scheingeschäft (§§ 117 BGB) und Schwarzgeldabrede;
(keine) Nichtigkeit nach § 134 BGB: Zweck des Verbotsgesetzes, Abgrenzung
zur Schwarzarbeit ("ohne-Rechnung-Abrede"); Teilnichtigkeit (§ 139 BGB);
Trennungs- und Abstraktionsprinzip
BGH, Urteil vom 15. März 2024 - V ZR 115/22 - OLG
Braunschweig
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines
Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger
angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag
in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die
Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck
des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der
Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung
des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des
Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (Bestätigung von Senat, Urteil vom 17.
Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom 5. Juli 2002 - V
ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527). b) Die Erwägungen, die im Falle eines
Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des
Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von
Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu
BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 6/13, BGHZ
198, 141; Urteil vom 10. April 2014 - VII ZR
241/13, BGHZ 201, 1; Urteil vom 11. Juni 2015
- VII ZR 216/14, BGHZ 206, 69; Urteil vom 16.
März 2017 - VII ZR 197/16, BGHZ 214, 228).
Zentrale Probleme:
Ein gehaltvoller AT-Klassiker: Es geht um eine klassische
sog. Unterverbriefung: Der Kaufpreis für ein Grundstück wurde im notariellen
Vertrag zu Zwecken der Steuerhinterziehung zu niedrig beurkundet, die
Differenz zum wirklich gewollten Preis wurde bar bezahlt. Damit ist das
beurkundete Geschäfst nach § 117 I BGB nichtig, das wirklich gewollte
Geschäft (§ 117 II BGB) zunächst nach §§ 125 S. 1 , 311b I 1 BGB
formnichtig. Allerdings kann dieser Mangel durch den - auch hier erfolgten -
Eigentumserwerb durch Auflassung und Eintragung (§§ 873, 925 BGB) geheilt
werden. Das heilt aber nur den Formmangel, d.h. der Vertrag kann auch aus
anderen Gründen nichtig sein. Dafür kommt hier § 134 BGB i.V.m. § 370 I 1 AO
(Steuerhinterziehung) in Betracht. Das verneint der Senat in Abgrenzung zur
Rspr. des VII. Senats zu Schwarzgeldabreden beim Werkvertrag unter Verstoß
gegen das SchwArbG in überzeugendeer Weise: Nichtigkeit nach § 134 BGB tritt
nur ein, wenn das Verbotsgesetz dies erfordert. Das ist bei einem Verstoß
gegen das Verbot der Schwarzarbeit zutreffend, weil dieses "nicht nur den
tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der
wirtschaftlichen Ordnung und des redlichen Wettbewerbs den zu Grunde
liegenden Rechtsgeschäften ihre rechtliche Wirkung nehmen" will (Rn. 17). Es
will den Leistungsaustausch zwischen den Vertragspartnern schlechthin
unterbunden, was beim Verbot der Steuerhinterziehung nur dann der Fall ist,
wenn dies der Hauptzweck des Geschäfts ist. Da die Parteien den Vertrag auch
ohne eine Schwarzgeldabrede geschlossen hätten, führt hier auch § 139 BGB
nicht zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags.
Interessant ist hier
auch die sachenrechtliche Einbettung der Problematik: Kläger war der Käufer,
der gegen den beklagten Verkäufer auf Zustimmung zur Löschung eines
Widerspruchs im Grundbuch klagte. Dieser Anspruch ergibt sich in
entsprechender Anwendung von § 894 BGB. Da es dabei auf den Eigentumserwerb
des Klägers ankommt, steht auch das Abstraktionsprinzip in Frage: Denn
selbst wenn der Kaufvertrag nichtig wäre, würde ja die Wirksamkeit der
Übereignung allein dadurch nicht in Frage stehen. Der Senat kann
offenlassen, ob hier ein Fall sog. "Fehleridentität" vorliegt (s. Rn. 29),
da ja der Kaufvertrag für wirksam erachtet wird. Mit "Fehleridentität" wird
eine Situation bezeichnet, in welcher das dingliche Rechtsgeschäft nicht
allein deshalb unwirksam ist, weil das schuldrechtliche Rechtsgeschäft
unwirksam ist, sondern weil es im konkreten Fall wegen desselben rechtlichen
Mangels wie das schuldrechtliche Geschäft ebenfalls unwirlsam ist (so etwa
im Fall der Geschäftsunfähigkeit einer Partei).
©sl 2024
Tatbestand:
1 Der Beklagte verkaufte der Klägerin mit notariellem
Vertrag eine Wohnungs- und Teileigentumseinheit; in dem Vertrag erklärten
die Parteien zugleich die Auflassung. Als Kaufpreis wurde ein Betrag
von 120.000 € beurkundet. Tatsächlich vereinbart war ein Preis von 150.000
€. Den nicht mitbeurkundeten Differenzbetrag von 30.000 € hatte die Klägerin
dem Beklagten bereits vor dem Beurkundungstermin in bar gezahlt.
Nach Zahlung des restlichen Kaufpreises von 120.000 € an den Beklagten wurde
die Klägerin als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Nachdem der
Beklagte gegenüber dem Finanzamt eine Selbstanzeige im Hinblick auf seine
Mitwirkung bei der Verkürzung der Grunderwerbsteuer erstattet und das
Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den gesamten Kaufpreis festgesetzt
hatte, führten die Parteien Gespräche über die Wirksamkeit des Kaufvertrags
und dessen Rückabwicklung. Im Zuge dessen beantragte und bewilligte
die Klägerin auf Verlangen und zu Gunsten des Beklagten die Eintragung eines
Widerspruchs gegen ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch. Der
Beklagte überwies daraufhin einen Betrag in Höhe von 120.000 € auf das
Treuhandkonto eines Notars, welcher den Betrag an die Klägerin auszahlte,
obwohl der Beklagte noch nicht wieder als Eigentümer in das Grundbuch
eingetragen worden war.
2 Mit ihrer Klage - soweit
für die Revision noch von Interesse - verlangt die Klägerin von dem
Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs. Zudem hat sie
zunächst die Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten bezüglich der
Rücknahme von 120.000 € begehrt. Nachdem der Beklagte
erklärt hatte, dass der Notar ihm gegen Abtretung etwaiger Ansprüche
gegenüber der Klägerin 120.000 € gezahlt habe, hat die Klägerin den
Feststellungsantrag für erledigt erklärt; sie beantragt
insoweit die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits. Das
Landgericht hat den Kaufvertrag als nichtig angesehen und die Klage
insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das
Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, der Löschung des Widerspruchs
zuzustimmen. Im Übrigen hat es die Erledigung des Rechtsstreits
festgestellt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner von dem
Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Entscheidungsgründe:
A.
3 Nach Ansicht
des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch der Klägerin gegen den
Beklagten auf Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch eingetragenen
Widerspruchs aus § 894 BGB. Die Klägerin sei durch die Auflassung und
Eintragung in das Grundbuch Eigentümerin der Wohnungs- und
Teileigentumseinheit geworden; der Beklagte habe die Eintragung des
Widerspruchs zu Unrecht erwirkt. Zwar sei der beurkundete Kaufvertrag wegen
der bewusst falschen Kaufpreisangabe nach § 117 Abs. 1 BGB als
Scheingeschäft nichtig. Das verdeckte Rechtsgeschäft, der mündlich
geschlossene Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von 150.000 €, sei aber wirksam.
Durch die Auflassung und Eintragung der Klägerin in das Grundbuch sei der
Formmangel gemäß § 313b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt worden. Der
Kaufvertrag verstoße nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten
Sitten (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB), da die mit der falschen Kaufpreisangabe
einhergehende Hinterziehung von Grunderwerbsteuer nicht Hauptzweck des
Vertrags gewesen sei. Vielmehr hätten die Parteien den
vertraglich vereinbarten Leistungsaustausch ernstlich gewollt. Die
Rechtsprechung des VII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs zu sogenannten
„Ohne-Rechnung-Ab-reden“ bei Werkverträgen lasse sich auf
Immobilienkaufverträge nicht übertragen.
B.
4 Dies
hält rechtlicher Nachprüfung stand.
5 I. Das
Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass die Klägerin von dem
Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs verlangen kann, weil
sie rechtswirksam Eigentümerin geworden und das Grundbuch somit in Bezug auf
den eingetragenen Widerspruch unrichtig ist.
6 1.
Das Berufungsgericht leitet den Grundbuchberichtigungsanspruch der Klägerin
zutreffend aus § 894 BGB ab. Gläubiger des aus dieser Norm
folgenden Berichtigungsanspruchs ist zwar gewöhnlich der nicht eingetragene
wahre Berechtigte, Schuldner der zu Unrecht eingetragene Buchberechtigte.
Die Vorschrift gilt aber entsprechend für den eingetragenen wahren
Berechtigten, der die Löschung eines Widerspruchs erreichen möchte, dessen
Eintragung der vermeintliche Berechtigte (materiell) zu Unrecht erwirkt hat
(vgl. Senat, Urteil vom 5. Mai 2006 - V ZR 236/05, NJW-RR 2006,
1242 Rn. 5).
7 2. Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungs-
und Teileigentumseinheit und damit wahre Berechtigte im Sinne von § 894 BGB,
denn sie hat mit der Auflassung und Eintragung als Eigentümerin in das
Grundbuch gemäß § 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 BGB das Eigentum an der Einheit
erworben. Anders läge es nur, wenn der Kaufvertrag nichtig wäre und der
Wirksamkeitsmangel auch die Auflassung als dingliches Erfüllungsgeschäft
erfasste. Bereits ersteres verneint das Berufungsgericht zurecht.
Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam.
8 a)
Der Kaufvertrag ist nicht formunwirksam. Zwar war der
beurkundete Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 120.000 € nicht gewollt und
als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, während der gewollte,
lediglich mündlich geschlossene Vertrag mit einem Kaufpreis von 150.000 €
gemäß § 117 Abs. 2, § 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB zunächst
formnichtig war. Der Formmangel wurde aber durch die in dem
notariellen Vertrag erklärte Auflassung und die Eintragung der Klägerin in
das Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt (vgl. Senat,
Urteil vom 15. Mai 1970 - V ZR 20/68, BGHZ 54, 56, 63;
Urteil vom 13. Mai 2016 - V ZR 265/14, NJW-RR 2017,
114 Rn. 29).
9 b) Der Kaufvertrag ist nicht nach §§ 134,
138 Abs. 1 BGB nichtig. Weder verstößt der Grundstückskaufvertrag
selbst gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten noch führt eine
etwaige isolierte Nichtigkeit der Abrede über die Unterverbriefung, d.h. die
Nichtbeurkundung eines Teils des Kaufpreises in Höhe von 30.000 €, nach §
139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags.
10 aa) Allerdings
wäre ein etwaiger Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nicht nach § 311b
Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, denn die Heilung nach dieser Vorschrift bezieht
sich nur auf eine zunächst bestehende Formnichtigkeit
eines Grundstückskaufvertrags. Andere Nichtigkeitsgründe, insbesondere die
der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB, werden von der Vorschrift nicht erfasst
(vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 2016 - V ZR 265/14,
NJW-RR 2017, 114 Rn. 30).
11 bb) Die Schwarzgeldabrede
führt aber nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß §
134 BGB unmittelbar zur Nichtigkeit des Kaufvertrages.
12
(1) Mangels abschließender Feststellungen des Berufungsgerichts, welchen
genauen Zweck die Parteien mit der falschen Kaufpreisangabe in
dem notariellen Kaufvertrag verfolgt haben, ist für die Revisionsinstanz
zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass die Unterverbriefung dazu
diente, den Finanzbehörden einen geringeren Kaufpreis vorzuspiegeln, um
hierdurch Steuern zu hinterziehen. Dass der nicht beurkundete
Kaufpreisanteil in bar gezahlt wurde, hat für sich genommen keine
Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Kaufvertrages. Dabei kann dahinstehen,
ob sich aus dem Barzahlungsverbot des § 16a Abs. 1 Satz 1 GwG etwas anderes
ergeben könnte, da diese Regelung auf einen - wie hier - vor dem 1. April
2023 geschlossenen Vertrag keine Anwendung findet (§ 59 Abs. 11 GwG).
13 (2) Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines
Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger
angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede),
ist der Vertrag nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die
bereits auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückgeht (vgl.
RG, WarnRspr 1921, Nr. 89; RGZ 107, 357, 364; RG, JW 1935, 420; DR 1942,
40), in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur,
wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher
Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig
nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des
Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers
zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (vgl. Senat,
Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom
5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527 mwN).
Diese Rechtsprechung steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung
anderer Senate des Bundesgerichtshofs, nach der ein Vertrag, mit dessen
Abwicklung eine Steuerhinterziehung verbunden ist, nur dann nichtig ist,
wenn die Steuerhinterziehung den Hauptzweck des Vertrags bildet
(vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 132;
Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 192/98, NJW-RR 2001, 380, 381; Urteil
vom 2. Juli 2003 - XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742;
Urteil vom 14. Dezember 2016 - IV ZR 7/15, DNotZ 2017, 295 Rn. 35).
14 (3) An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter
Berücksichtigung zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des VII.
Zivilsenates des Bundesgerichtshofs zu Verstößen gegen das Gesetz zur
Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung
(Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - Schwarz-ArbG) fest. Diese zum
Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidungen sind entgegen anderslautender
Stimmen in Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, NJW 2023, 1891, Rn. 30
ff.; LG Münster, Urteil vom 21. November 2014 - 16 O 68/14, juris Rn. 31
ff.) und Literatur (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 117 Rn.
31; Staudinger/Singer, BGB [2021], § 117 Rn. 27) auf
Schwarzgeldabreden bei Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar.
15 (a) Nach der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats ist ein unter den
Anwendungsbereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes
fallender Vertrag ohne weiteres in seiner Gesamtheit nichtig, wenn darin
Regelungen enthalten sind, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei
als Steuerpflichtige ihre sich auf Grund der nach dem Vertrag geschuldeten
Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.
In subjektiver Hinsicht reicht es dafür aus, dass der
Unternehmer vorsätzlich gegen seine steuerlichen Pflichten verstößt und der
Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil
ausnutzt. Die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit des Vertrags tritt dabei
unabhängig von dem verfolgten Hauptzweck des Vertrags ein (vgl. zum
Ganzen BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 6/13,
BGHZ 198, 141 Rn. 12 ff.; Urteil vom 10. April
2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rn. 12;
Urteil vom 11. Juni 2015 - VII ZR 216/14, BGHZ 206, 69 Rn. 10;
Urteil vom 16. März 2017 - VII ZR 197/16, BGHZ
214, 228 Rn. 18).
16 (b) Die Erwägungen, die im Falle eines
Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des
Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von
Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar. Das
Verbotsgesetz, gegen das durch eine solche Abrede verstoßen wird, hat eine
andere Zielrichtung.
17 (aa) Die Regelung in § 1
Abs. 2 Nr. 2 aF (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 nF) SchwarzArbG verbietet
unmittelbar den Abschluss von Verträgen, die auf die Nichterfüllung
steuerlicher Pflichten gerichtet sind. Dies beruht darauf, dass
das Ziel des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 1 SchwarzArbG die
Bekämpfung von Schwarzarbeit ist. Zur Erreichung dieses Zwecks will
das Gesetz nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit
eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung und des
redlichen Wettbewerbs den zu Grunde liegenden Rechtsgeschäften ihre
rechtliche Wirkung nehmen. Nur so kann der Leistungsaustausch zwischen den
Vertragspartnern schlechthin unterbunden werden (vgl.
BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 6/13, BGHZ
198, 141 Rn. 17 ff.; Urteil vom 16. März 2017
- VII ZR 197/16, BGHZ 214, 228 Rn. 18).
18 (bb) Eine
entsprechende Regelung existiert für Schwarzgeldabreden beim Abschluss eines
Grundstückskaufvertrags nicht. Eine solche Abrede kann zwar, wenn
sie mit der Absicht getroffen wird, Steuern zu hinterziehen, gegen §
370 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) verstoßen. Nach dieser
Vorschrift macht sich strafbar, wer Finanzbehörden oder anderen Behörden
über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben
macht und dadurch Steuern verkürzt. Der Schutzzweck dieser Norm
liegt aber - anders als beim Verbot der Schwarzarbeit - nicht (auch) in dem
Schutz des redlichen Wettbewerbs, etwa - worauf die Revision abstellen
möchte - dem Schutz anderer Kaufinteressenten, sondern allein in der
Sicherung des staatlichen Steueraufkommens (vgl. BGH, Urteil vom
30. April 2009 - 1 StR 342/08, BGHSt 53, 311 Rn. 32; BeckOK OWiG/Merkt
[1.10.2023], § 370 AO Vor Rn. 1; Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/ Senge,
Strafrechtliche Nebengesetze [Juli 2023], A 24., § 370 AO Rn. 2;
Klein/Jäger, Abgabenordnung, 16. Aufl., § 370 Rn. 2; MüKoStGB/Schmitz/Wulf,
4. Aufl., § 370 AO Rn. 9). Dieser Zweck erfordert es nicht, dem
Grundstücksgeschäft selbst die Wirksamkeit zu versagen. Darin liegt ein
entscheidender Unterschied zu Zweck und Zielrichtung des
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes.
19 (cc)
Allerdings hat die Vereinbarung der Falschangabe des Kaufpreises zum Zwecke
einer nachfolgenden Steuerhinterziehung rechtlich etwas Anstößiges
(vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966,
588, 589). Sie schlägt aber auf den gesamten Vertrag nur durch und
lässt diesen selbst nur dann als rechtlich anstößig erscheinen, wenn die
verbotene Steuerhinterziehung den von den Parteien beabsichtigten Hauptzweck
des Vertrags bildet. Nur dann widerspricht das gesamte Rechtsgeschäft den
der Rechtsordnung selbst innewohnenden rechtsethischen Werten und Prinzipien
und ist wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB
nichtig (wie hier RGZ 63, 143, 145; Senat, Urteil vom 17. Dezember
1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 -
VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490, 1491; BeckOGK/Rehberg, BGB [1.9.2023], § 117
Rn. 49; nicht zwischen §§ 134, 138 Abs. 1 BGB differenzierend RGZ 78, 347,
353; Senat, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527, 1527;
Staudinger/ Fischinger/Hengstberger, BGB [1.11.2022], § 134 Rn. 188 ff.;
allein auf § 134 BGB gestützt MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 138 Rn. 63).
Ist der Leistungsaustausch - Grundstückseigentum gegen Kaufpreis - ernstlich
gewollt und die Steuerhinterziehung nur Nebenzweck, besteht nach der
Zielrichtung des § 370 AO über die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung, so
sie denn tatsächlich erfolgt, und die Beitreibung der hinterzogenen Steuern
hinaus kein Grund dafür, dem Grundstücksgeschäft selbst die Wirksamkeit zu
versagen.
20 (4) An der somit fortgeltenden
Senatsrechtsprechung gemessen ist der zwischen den Parteien geschlossene
Kaufvertrag nicht nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig.
21 (a) Nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts lag der Hauptzweck des zwischen den
Parteien geschlossenen Kaufvertrags nicht in der Hinterziehung von Steuern
begründet. Stattdessen war der Leistungsaustausch von den Parteien
durch die Begründung rechtsverbindlicher Verpflichtungen ernstlich gewollt
und wurde sodann auch vollzogen. Während dem Beklagten durch die
Unterverbriefung kein Steuervorteil entstanden ist, lag die Ersparnis bei
der - erst durch den Erwerbsvorgang angefallenen - Grunderwerbsteuer für die
Klägerin bei 1.500 € und trat damit ersichtlich hinter ihrem
Erwerbsinteresse zurück. Die von der Revision hiergegen erhobene
Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet.
Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
22
(b) Dass die Zahlung des nichtbeurkundeten Bargeldbetrags von 30.000 € dem
Abschluss des Kaufvertrags zeitlich vorausging, ändert entgegen der
Auffassung der Revision an dieser rechtlichen Beurteilung nichts. Zwar mag
die quittungslose Bargeldhingabe durch die Klägerin zeitlich vor dem
Beurkundungstermin, der den für den Rechtsbindungswillen maßgeblichen
Zeitpunkt darstellt (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai
2016 - V ZR 265/14, NJW-RR 2017, 114 Rn. 18), einen gewissen
Vollzugsdruck für den Vertragsschluss herbeigeführt haben. Dies ändert aber
nichts daran, dass der Eigentumserwerb durch die Klägerin Hauptzweck des
Grundstückskaufvertrags war. Der ernstliche
Leistungsaustauschwille der Parteien ist durch den Abschluss des
Kaufvertrages und seinen Vollzug belegt.
23 cc) Der
Kaufvertrag ist auch nicht deswegen nichtig, weil die Schwarzgeldabrede für
sich genommen nichtig ist und sich die Nichtigkeit nach § 139 BGB auf den
gesamten Kaufvertrag erstreckt.
24 (1) Nach dieser
Vorschrift führt die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäftes zur
Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts, sofern nicht anzunehmen ist, dass
die Parteien das Rechtsgeschäft in seinem wirksamen Teil auch ohne den
nichtigen Teil geschlossen hätten. Zweck der Regelung ist es, zu verhindern,
dass den Parteien an Stelle eines als Ganzes gewollten Rechtsgeschäfts ein
Teil ihres Geschäfts aufgedrängt wird (Senat, Urteil vom 5. Juli
2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527 unter 1.b).
25 (2) Wie oben
ausgeführt (Rn. 12), ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass
die Abrede der Parteien, einen Teil des Kaufpreises in Höhe von 30.000 €
vorab in bar zu zahlen und nicht zu beurkunden (Schwarzgeldabrede), dazu
diente, den Finanzbehörden einen geringeren Kaufpreis vorzuspiegeln, um
hierdurch Steuern zu hinterziehen. Diese Abrede diente somit der
Vorbereitung einer Straftat nach § 370 AO. Selbst wenn sie deswegen für sich
genommen nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig gewesen sein sollte, führte
dies nicht nach § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags, weil davon
auszugehen ist, dass die Parteien den Kaufvertrag auch ohne die
Schwarzgeldabrede geschlossen hätten. Dabei kann
dahinstehen, ob, wie in der Literatur teilweise vertreten wird, die
isolierte Nichtigkeit der Schwarzgeldabrede bei Grundstückskaufverträgen zur
Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags führt, wenn die bezweckte
Steuerhinterziehung die Preisbildung wesentlich beeinflusst hat
(vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 117 Rn. 31; Staudinger/Singer, BGB
[2021], § 117 Rn. 27). Denn dies ist vorliegend nicht der Fall.
26 (a) Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin habe
„unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Wohnung auch dann erworben hätte,
wenn anstelle eines Kaufpreises von 120.000 € ein solcher von 150.000 €
beurkundet worden wäre“. Es geht folglich davon aus, dass diese Tatsache
unstreitig ist. Hierbei handelt es sich, auch wenn die Ausführungen in den
Entscheidungsgründen enthalten sind, um eine tatbestandliche Feststellung,
die der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (§ 559 Abs. 1 ZPO).
Da der Beklagte kein eigenes Interesse an der Unterverbriefung hatte, ist
somit davon auszugehen, dass die Parteien den Kaufvertrag auch ohne die
Schwarzgeldabrede, also bei Beurkundung des gesamten Kaufpreises, zu den
gleichen Konditionen abgeschlossen hätten.
27 (b) Soweit die Revision
meint, die von dem Berufungsgericht getroffene Feststellung sei
unzutreffend, das Vorbringen der Klägerin zu ihrem hypothetischen Willen
habe sich nicht auf den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung, sondern auf
den Zeitpunkt der ersten Vertragsanbahnung bezogen, führt dies zu keiner
anderen Beurteilung. Denn eine solche Unrichtigkeit der von dem
Berufungsgericht getroffenen Feststellung hätte nur im
Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO geltend gemacht werden und erfolgen
können (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 2022 - V ZR 77/21, NJW-RR 2022, 803
Rn. 19 mwN). Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat der Beklagte jedoch
nicht gestellt.
28 3. Da die Schwarzgeldabrede schon nicht
zur Unwirksamkeit des Kaufvertrags führt, kann dahinstehen, ob sie darüber
hinaus zur Nichtigkeit der Auflassung geführt hätte. Dies erscheint
allerdings fraglich. Denn der Verstoß eines Rechtsgeschäfts gegen ein
Verbotsgesetz oder gegen die guten Sitten führt, abgesehen von dem hier
nicht einschlägigen Fall des § 138 Abs. 2 BGB, grundsätzlich nur zur
Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts, nicht auch zur Nichtigkeit des
Erfüllungsgeschäfts. Anders liegt es nur, wenn das Verbotsgesetz gerade auch
das Erfüllungsgeschäft verhindern will oder wenn der Verstoß gegen die guten
Sitten auch im Erfüllungsgeschäft selbst liegt (vgl. Senat, Urteil
vom 17. September 2004 - V ZR 339/03, LKV 2005, 84, insoweit nicht
abgedruckt in BGHZ 160, 240). Die Regelung in § 370 AO schützt indes
(allein) den staatlichen Steueranspruch, d.h. das rechtzeitige und
vollständige Steueraufkommen jeder einzelnen Steuerart (siehe oben Rn. 18);
ihr Ziel ist es nicht, die - für sich genommen nicht anstößige - Übertragung
von Grundeigentum zu verhindern.
29 4. Aufgrund des
wirksamen Eigentumsübergangs auf die Klägerin ist in der Folge die
Eintragung des hiergegen gerichteten Widerspruchs zu Gunsten des Beklagten
im Grundbuch materiell zu Unrecht erfolgt, sodass die Klägerin die Löschung
des Widerspruchs entsprechend § 894 BGB von dem Beklagten verlangen kann.
II. Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des
Berufungsgerichts, der Rechtsstreit habe sich hinsichtlich der
erstinstanzlich begehrten Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten
erledigt. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat
der Beklagte die von der Klägerin ausdrücklich angebotene Rückzahlung bzw.
nochmalige Zahlung der 120.000 € mit Schreiben vom 11. November 2019
abgelehnt. Damit hat das wörtliche Angebot der Klägerin ihn gemäß § 295 Satz
1 BGB in Annahmeverzug versetzt. Durch die im Laufe des erstinstanzlichen
Verfahrens erfolgte Zahlung des Notars an den Beklagten in Höhe von 120.000
€ gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Klägerin ist der
Zahlungsanspruch des Beklagten nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Damit ist
zugleich auch das vormals wegen des angekündigten Zug-um-Zug-Antrags
bestehende vollstreckungsrechtliche Interesse der Klägerin an der
Feststellung des Annahmeverzugs entfallen.
C.
31 Die
Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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