"Schwarzarbeit wird nicht bezahlt":
Kein Bereicherungsanspruch des "Schwarzarbeiters" bei Ohne-Rechnung-Abrede; Anwendung von § 817 S. 2 BGB
bei Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG (Aufgabe
von BGHZ 111, 308);
Bereicherungsanspruch nach § 951 BGB: Rechtsgrundverweisung, Vorrang der
Leistungsbeziehung; kein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag
BGH, Urteil vom 10. April 2014 - VII
ZR 241/13 - OLG Schleswig
Fundstelle:
NJW 2014, 1805
BGHZ 201, 1
Amtl. Leitsatz:
Ist ein Werkvertrag wegen
Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG vom 23. Juli 2004 nichtig,
steht dem Unternehmer für erbrachte Bauleistungen ein
bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz gegen den Besteller nicht
zu.
Zentrale Probleme:
Eine extrem wichtige und lehrreiche Entscheidung, in
welcher der BGH von seiner bisherigen Rspr. vollkommen zu recht abweicht. Es
geht um die Frage, ob im Falle von Schwarzarbeit (hier: eine sog.
"Ohne-Rechnung-Abrede") ein Anspruch des Schwarzarbeiters auf Werklohn (oder
Dienstlohn) besteht. Ein vertraglicher Anspruch kommt wegen der Nichtigkeit
des Vertrags nach § 134 BGB (die deshalb vorliegt, weil ein beiderseitiger
Verstoß gegen ein Verbotsgesetz vorliegt, s. dazu
BGH v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13) nicht
in Betracht. An sich wäre dann ein Bereicherungsanspruch aus
Leistungskondiktion (§ 812 I S. 1 Alt. 1 BGB) gegeben, der auf Wertersatz (§
818 II BGB) und damit wiederum auf den üblichen Werklohn gerichtet wäre.
Dann fragt es sich aber, ob ein solcher Anspruch an § 817 S. 2 BGB
scheitert. Dieser nach seinem Wortlaut nur auf den
Rückforderungsanspruch aus § 817 S. 1 BGB bezogene Ausschlusstatbestand wird bekanntlich in zweifacher
Hinsicht erweitert ausgelegt: Einerseits findet er auch auf die "allgemeine"
Leistungskondiktion aus § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB Anwendung, weil der
praktische Anwendungsbereich der Vorschrift sonst äußerst gering wäre (sog.
"Ausdehnungstheorie"). Weiter genügt entgegen dem Wortlaut ("gleichfalls")
für den Rückforderungsausschluss bereits Gesetzesverstoß alleine auf Seiten
des Leistenden, was hier freilich wegen des beiderseitigen Verstoßes
nicht von Bedeutung war. Allerdings wird § 817 S. 2 BGB gelegentlich
eingeschränkt. Das geschieht einmal dann, wenn durch den
Kondiktionsausschluss der verbots- oder sittenwidrige Zustand
aufrechterhalten würde (s. dazu die Problematik der Schenkkreise,
BGH NJW 2006, 45 sowie
BGH NJW 2008, 1942). Das war hier nicht der
Fall, denn der geschaffene Zustand (Elektroinstallation) ist ja als solcher
nicht verboten. Man schränkt aber § 817 S. 2 BGB darüber hinaus auch nach §
242 BGB nach Billigkeitskriterien ein. Genau das hat man bislang in der
vorliegenden Problematik gemacht (s. BGHZ 111, 308).
Das gibt der BGH jetzt ausdrücklich auf (s. bei Rn. 23 ff).
Im Falle der Schwarzarbeit kommt es also jetzt zu einem "Patt": Der
Unternehmer hat keinen Werklohnanspruch, auch nicht in Gestalt eines
Bereicherungsanspruchs, der Besteller keine Gewährleistungsansprüche (auch
insofern hatte der BGH seine Rspr. erst kürzlich geändert, s.
BGH v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13).
Damit kommt man zu den anderen denkbaren Anspruchsgrundlagen: Zunächst ist
an GoA zu denken (s. bei Rn. 14) , weil der Unternehmer ja
ein objektiv fremdes Geschäft geführt hat, was zu einer Vermutung von
Fremdgeschäftsführungswillen führt. Dann läge das - hochproblematische -
"Auch-fremde Geschäft" vor, und der Unternehmer könnte nach §§ 683, 670 BGB
Ersatz seiner "Aufwendungen" verlangen, die hier - da er das beruflich macht
- ausnahmsweise auch seine Arbeitszeit umfassen würden, d.h. er bekäme de
facto seinen Lohn. Hier könnte man besser schon Fremdgeschäftsführungswillen
verneinen, denn der Unternehmer will ja ein eigenes Geschäft führen (er will
den Werklohn), s. dazu auch die Anm. zu BGH NJW-RR 2004, 81.
Der BGH geht in diesen Fällen anders vor: Er sagt auf der Ebene von § 670
BGB, dass der Unternehmer diese Aufwendungen (= seine Tätigkeit) nicht "für
erforderlich halten" darf, weil sie eben - in der Form als Schwarzarbeit -
verboten sind (s. zu diesem "Trick" auch die Anm. zu
BGH NJW 2000, 1560).
Äußerst lehrreich ist auch der dritte Versuch des Unternehmers, an Geld zu
kommen (s. bei Rn. 31 ff): Er hatte nicht nur seinen
Auftraggeber verklagt, sondern auch den Miteigentümer des Hauses, in welchem
er die Elektroinstallation vorgenommen hatte. Dieser ist ja nach § 947 BGB
(Mit)Eigentümer der Materialien geworden, so dass nach § 951 BGB ein
Bereicherungsanspruch des Unternehmers bestehen könnte. § 951 BGB ist
allerdings eine Rechtsgrundverweisung, d.h. es müsste ein
Bereicherungsanspruch auch in diesem Verhältnis gegeben sein. Da aber der
Unternehmer mit der Installation eine "Leistung" i.S.v. § 812 I S. 1 Alt. 1
BGB gegenüber dem Auftraggeber erbracht hatte, ist eine Kondiktion gegen den
Miteigentümer (wegen Bereicherung in sonstiger Weise) wegen des Vorrangs der
Leistungsbeziehung gesperrt (s. zu diesem "Klassikerproblem"
BGHZ
40, 272).
Zum Ausschluss der Rückforderung des vom Besteller bezahlten Werklohns s.
BGH v. 11.6.2015 - VII ZR 216/14.
Zur nachträglichen "Ohne-Rechnung-Abrede" s. BGH
v. 16.3.2017 - VII ZR 197/16. Zur Abgrenzung zur Schwarzgeldabrede beim
Grundstückskauf s. BGH v. 15.3.2024 - V ZR 115/22
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©sl 2014
Tatbestand:
1 Die Klägerin verlangt von den
Beklagten Bezahlung erbrachter Werkleistungen. Die Beklagten ließen 2010
vier Reihenhäuser auf ihrem im Miteigentum stehenden Grundstück in B.
errichten. Mit der Ausführung der Elektroinstallationsarbeiten wurde die
Klägerin beauftragt. Diese erteilte den Beklagten am 28. Oktober 2010 eine
Auftragsbestätigung, die von dem Beklagten zu 1 am 1. November 2010
unterzeichnet wurde. Darin waren die auszuführenden Arbeiten beschrieben und
ein Pauschalpreis von 18.800 € ausgewiesen mit dem Vermerk: "5.000 €
Abrechnung gemäß Absprache". Nachfolgend unterzeichneten der Beklagte zu 1
und die Klägerin einen Pauschalvertrag über eine Summe von 13.800 €, zahlbar
in verschiedenen Abschlagszahlungen nach Baufortschritt. Der Beklagte zu 1
übergab dem Geschäftsführer der Klägerin 2.300 € in bar; ein weiterer
Barbetrag von 2.700 €, den der Beklagte zu 1 seinem Architekten zunächst zur
Auszahlung an die Klägerin übergeben hatte, wurde ihr nicht ausgereicht.
2 Nach Abschluss der Arbeiten stellte die Klägerin am 29. April 2011 eine
Schlussrechnung über restliche 3.904,63 € brutto aus der Pauschalsumme von
13.800 € und am 5. Mai 2011 eine weitere Rechnung über 2.700 € brutto. Nach
Darstellung der Klägerin haben die Parteien vereinbart, dass die Beklagten
neben dem Pauschalwerklohn von 13.800 € weitere 5.000 € in bar zahlen
sollten und für diesen Betrag eine Rechnung nicht gestellt werden sollte.
Der Beklagte zu 1 sei im Zweifel von der Beklagten zu 2 bevollmächtigt
gewesen. Die Beklagten haben beides bestritten. Gegen den seiner Meinung
nach offenen Werklohnanspruch der Klägerin von 1.220 € hat der Beklagte zu 1
mit Schadensersatzansprüchen wegen behaupteter Mängel in gleicher Höhe
aufgerechnet und wegen eines überschießenden Betrags Widerklage erhoben.
3 Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagten als
Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.342,26 € nebst Zinsen zu
zahlen und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten, mit
der die Widerklage nicht weiter verfolgt worden ist, hat das
Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der
landgerichtlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
5 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in
MDR 2013, 1399
veröffentlicht ist, vertritt die Auffassung, der Klägerin stehe ein Anspruch
auf Zahlung restlichen Werklohns nicht zu, weil zwischen den Parteien kein
wirksamer Werkvertrag geschlossen worden sei. Die persönlich nicht am
Vertragsschluss beteiligte Beklagte zu 2 sei von dem Beklagten zu 1 nicht
wirksam vertreten worden und damit nicht Vertragspartnerin der Klägerin. Der
zwischen dem Beklagten zu 1 und der Klägerin geschlossene Werkvertrag sei
gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig.
Denn die Parteien hätten vereinbart, dass die Werkleistung teilweise ohne
Rechnung erbracht werde, damit der entsprechende Umsatz den Steuerbehörden
verheimlicht werden und der Beklagte zu 1 dadurch einen Preisvorteil
erzielen könne. Die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 SchwarzArbG seien
Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB. Verstießen beide Parteien dagegen,
führe dies, auch wenn - wie hier - nur ein Teil des Werklohns ohne Rechnung
gezahlt werden solle, zur Nichtigkeit des Werkvertrags.
6 Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus §§ 677, 670 BGB stehe der Klägerin
nicht zu. Sie habe zwar ohne Berechtigung ein fremdes Geschäft geführt; da
sie bei der Ausführung dieses Geschäfts jedoch gegen ein gesetzliches Verbot
verstoßen habe, habe sie die entsprechenden Aufwendungen nicht für
erforderlich halten dürfen.
7 Auch ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB stehe ihr gemäß
§ 817 Satz 2 BGB nicht zu. Diese Vorschrift schließe jeden
Bereicherungsanspruch aus einer Leistungskondition aus, wenn der Leistende
durch seine Leistung gegen ein Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoße.
Ein solcher Verstoß sei der Klägerin anzulasten, weil sie bewusst die auf
ihren Werklohn entfallende Umsatzsteuer teilweise habe hinterziehen wollen.
8 Der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 31. Mai 1990 (VII ZR
336/89, BGHZ 111, 308)
vertretenen Auffassung, der Ausschluss eines Bereicherungsanspruchs sei bei
einem Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit unbillig,
sei nicht zu folgen. Sie widerspreche dem Wortlaut des Gesetzes, das gerade
auf den Verlust des Bereicherungsanspruchs abziele. Wer bewusst gegen ein
Verbotsgesetz verstoße, verdiene keinen Schutz vor den Folgen des Verstoßes,
sondern würde durch einen solchen Schutz gerade unbillig begünstigt.
Gegenüber dieser generalpräventiven Wirkung hätten Parteiinteressen oder
Billigkeitserwägungen keinen Vorrang. Die Zubilligung eines
Bereicherungsanspruchs würde der Missbilligung der Schwarzarbeit, die der
Gesetzgeber durch die verschiedenen Tatbestände im
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zum Ausdruck gebracht habe, widersprechen.
Sie würde der Schwarzarbeit einen Teil ihres Risikos nehmen, indem der
Anbieter trotz des Gesetzesverstoßes die Hilfe staatlicher Gerichte in
Anspruch nehmen könnte, um die Gegenleistung durchzusetzen. Der
Abschreckungseffekt, der durch die Kombination öffentlich-rechtlicher und
zivilrechtlicher Sanktionen erreicht werden könne, würde so minimiert.
9 Der mögliche Vorteil des Bestellers sei kein hinreichender Grund, um die
im Gesetz angelegte Sanktionierung des Gesetzesverstoßes aufzugeben und
müsse in Kauf genommen werden, um die Sanktionierungswirkung zu erreichen.
Es hänge ohnehin vom Zufall ab, welche Partei einen Vorteil aus der Störung
der Leistungsbeziehung ziehe. Das Risiko trage derjenige, der vorleiste.
Dass Besteller in nennenswerter Zahl den Ausschluss des
Bereicherungsanspruchs ausnutzten, sei nicht zu erwarten. Dem scheinbaren
Vorteil der Ersparnis von Aufwendungen stünden nämlich gravierende Nachteile
entgegen, namentlich der Verlust jeglicher Ansprüche gegen den Leistenden;
insbesondere stünden dem Besteller keine Mängelrechte zu.
II.
10 Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
A.
11 Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1 kein Zahlungsanspruch zu.
12 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der
zwischen dem Beklagten zu 1 und der Klägerin geschlossene Werkvertrag wegen
Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, § 134 BGB.
13 Die Klägerin hat gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie
für die über den schriftlich vereinbarten Werklohn hinaus vereinbarte
Barzahlung von 5.000 € keine Rechnung stellen und keine Umsatzsteuer
verlangen und abführen wollte. Der Beklagte zu 1 hat nach den von der
Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts diese
Absicht zumindest erkannt und zu seinem Vorteil nutzen wollen. Dies reicht,
wie der Senat mit Urteil vom 1. August 2013 (VII ZR
6/13, BGHZ 198, 141) entschieden hat, aus, um einen zur
Nichtigkeit des Vertrags führenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot
anzunehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich
die Absicht der Steuerhinterziehung nur auf einen Teil des Werklohns bezog.
Bei dem von den Parteien geschlossenen Werkvertrag handelt es sich um ein
einheitliches Rechtsgeschäft. Dieses könnte allenfalls als teilwirksam
angesehen werden, wenn die Parteien dem zuzüglich Umsatzsteuer vereinbarten
Teilwerklohn konkrete von der Klägerin zu erbringende Einzelleistungen
zugeordnet hätten (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR
379/97, NJW 1999, 351; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn.
64; MünchKommBGB/ Busche, 6. Aufl., § 139 Rn. 25). Eine solche Zuordnung
haben die Parteien nicht vorgenommen, so dass der Verstoß gegen das
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zur Nichtigkeit des Werkvertrags insgesamt
führt.
14 2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen, dass der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 ein
Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zusteht,
weil sie ihre Aufwendungen im Hinblick auf den mit der Ausführung des
Geschäfts verbundenen Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2
SchwarzArbG nicht für erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Urteil
vom 30. April 1992 - III ZR 151/91, BGHZ 118, 142, 150 m.w.N.).
15 3. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1 auch kein
bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz zu.
16 a) Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf
Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB sind erfüllt.
Die Klägerin hat die Elektroinstallationsarbeiten im Hinblick auf den
nichtigen Werkvertrag erbracht. Ihre Leistung an den Beklagten zu 1 ist
damit rechtsgrundlos erfolgt. Der Beklagte zu 1 kann die Werkleistung der
Klägerin nicht herausgeben. Dieser steht damit grundsätzlich ein Anspruch
auf Wertersatz zu.
17 b) Ein Anspruch der Klägerin ist jedoch gemäß § 817 Satz 2 BGB
ausgeschlossen.
18 aa) Gemäß § 817 Satz 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet,
wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger
durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Satz
2 dieser Vorschrift schließt die Rückforderung aus, wenn dem Leistenden
gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Der Ausschluss des
Rückforderungsanspruchs setzt einen beiderseitigen Gesetzesverstoß nicht
voraus, sondern greift auch, wenn lediglich der Leistende verwerflich
gehandelt hat (BGH, Urteil vom 29. April 1968 - VII ZR 9/66, BGHZ
50, 90, 91; Urteil vom 14. Juli 1993 - XII ZR 262/91, NJW-RR 1993, 1457,
1458; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 817 Rn. 12; Bamberger/Roth/Ch.
Wendehorst, BGB, 3. Aufl., § 817 Rn. 11).
19 bb) Die Klägerin hat vereinbarungsgemäß Elektroinstallationsarbeiten
ausgeführt. Die Erbringung derartiger Leistungen als solche ist wertneutral.
Ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG
ergibt sich jedoch daraus, dass die Klägerin die bereits bei Abschluss der
vertraglichen Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1 zutage getretene Absicht
hatte, die sich aufgrund ihrer Werkleistung ergebenden steuerlichen
Pflichten nicht zu erfüllen. Durch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz soll
nicht allein der Steuerhinterziehung begegnet und damit ein fiskalischer
Zweck verfolgt werden; mit der gesetzlichen Regelung soll vielmehr auch die
mit der Schwarzarbeit einhergehende Wettbewerbsverzerrung verhindert oder
zumindest eingeschränkt werden. Sie dient damit auch dem Schutz
gesetzestreuer Unternehmer und Arbeitnehmer (vgl. BT-Drucks.
15/2573 S. 17). Entsprechend dieser Zielsetzung des
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verstößt nicht nur die § 1 Abs. 2 Nr. 2
SchwarzArbG widersprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein
gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung
erfolgende Leistungserbringung durch die Klägerin. Der Anspruch der Klägerin
auf Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB ist damit
ausgeschlossen, sofern § 817 Satz 2 BGB nach Sinn und Zweck des
Verbotsgesetzes nicht einschränkend auszulegen ist (dazu unter cc)
oder die Grundsätze von Treu und Glauben seiner Anwendung
entgegenstehen (dazu unter dd).
20 cc) § 817 Satz 2 BGB ist bei dem hier vorliegenden Sachverhalt
nicht einschränkend auszulegen.
21 (1) Bei der Anwendung des den Leistenden hart treffenden
Rückforderungsverbotes des § 817 Satz 2 BGB kann, wie der Senat in
seinem Urteil vom 31. Mai 1990 (VII ZR 336/89,
BGHZ 111, 308, 312) ausgeführt
hat, nicht außer Betracht bleiben, welchen Zweck das in Frage
stehende Verbotsgesetz verfolgt. Dem Leistenden kann daher
trotz § 817 Satz 2 BGB ein Bereicherungsanspruch zustehen, wenn Sinn und
Zweck des Verbotsgesetzes die Gewährung eines solchen Anspruchs zwingend
erfordern (Tiedtke, DB 1990, 2307 m.w.N.; MünchKommBGB/Schwab, 6.
Aufl., § 817 Rn. 20). Das kann der Fall sein, wenn das Verbotsgesetz
vor allem zum Schutz des Leistenden erlassen worden ist. Diese
Voraussetzungen sind bei einem Verstoß des Unternehmers gegen § 1 Abs. 2 Nr.
2 SchwarzArbG nicht erfüllt. Das Gesetz zur Bekämpfung der
Schwarzarbeit verfolgte - worauf der Senat in der genannten Entscheidung
ebenfalls hingewiesen hat - bereits mit seiner Erstfassung in erster Linie
die Wahrung öffentlicher Belange. In der amtlichen Begründung (BT-Drucks.
2/1111 S. 3 und 9/192 S. 5) ist ausgeführt, dass Schwarzarbeit zu erhöhter
Arbeitslosigkeit und zu Steuerausfällen führt und das Beitragsaufkommen der
Sozial- und Arbeitslosenversicherung beeinträchtigt; daneben soll auch der
Besteller vor Pfuscharbeiten bewahrt werden. Dem Schutz des Schwarzarbeiters
diente das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit bereits damals gerade
nicht. Daran hat sich durch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in der
Fassung vom 23. Juli 2004 nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 15/2573 S. 1, 17
f.).
22 (2) § 817 Satz 2 BGB ist darüber hinaus auch dann einschränkend
auszulegen, wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen
Zustandes mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar ist und deshalb
von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden kann (vgl. Tiedtke,
DB 1990, 2307; BGH, Urteile vom 10. November 2005 -
III ZR 72/05, NJW 2006, 45 Rn. 11 f. und vom
13. März 2008 - III ZR 282/07, NJW 2008, 1942 Rn. 8 ff.;
Staudinger/Lorenz, BGB, Neubearbeitung 2007, § 817 Rn. 10). Das kann
der Fall sein, wenn der verbotswidrig geschaffene Zustand selbst gegen das
Verbotsgesetz verstößt. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Von der
Verbotsvorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG werden nur die zur
Ausführung der Elektroinstallation durchgeführten Arbeiten, nicht aber deren
Erfolg, die vorgenommene Elektroinstallation selbst, erfasst.
23 dd) Der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB
stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben nicht entgegen.
24 (1) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 31.
Mai 1990 (VII ZR 336/89, aaO) unter Geltung des
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes in der damals gültigen Fassung allerdings
die Versagung des Bereicherungsanspruchs als unbillig angesehen. Er ist
davon ausgegangen, dass mit dem Aus-schluss vertraglicher Ansprüche der vor
allem ordnungspolitischen Zielsetzung des Gesetzes weitgehend Genüge getan
werde. Dass der Besteller von Schwarzarbeit die Leistung auf Kosten des
vorleistenden Schwarzarbeiters unentgeltlich solle behalten dürfen, sei zur
Durchsetzung der Ziele des Gesetzes nicht unabweislich geboten. Denn der
Ausschluss vertraglicher Ansprüche, verbunden mit der Gefahr einer
Strafverfolgung und der Nachzahlung von Steuern und Sozialabgaben bei
Bekanntwerden der Schwarzarbeit, entfalte bereits die vom Gesetzgeber
gewünschte generalpräventive Wirkung. Zudem habe nach der Vorstellung des
Gesetzgebers der wirtschaftlich meist stärkere Besteller keinesfalls
günstiger behandelt werden sollen als der wirtschaftlich schwächere
Schwarzarbeiter. Unter diesen Umständen gewinne der an Treu und Glauben
orientierte Gesichtspunkt entscheidend an Gewicht, dass es nicht der
Billigkeit entspräche, dem durch die Vorleistung begünstigten Besteller den
durch nichts gerechtfertigten Vorteil unentgeltlich zu belassen.
25 (2) Entgegen der im Urteil vom
31. Mai 1990 (VII ZR 336/89, aaO) zum Ausdruck gekommenen
Auffassung hat sich die Annahme des Senats, der Ausschluss vertraglicher
Ansprüche verbunden mit der Gefahr einer Strafverfolgung und der Nachzahlung
von Steuern und Sozialabgaben bei Bekanntwerden der Schwarzarbeit entfalte
bereits die vom Gesetzgeber gewünschte generalpräventive Wirkung, nicht
bewahrheitet. Es wurden dennoch weiterhin in erheblichem Umfang
handwerkliche Leistungen in Schwarzarbeit erbracht. Die amtliche Begründung
zum Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in der Fassung vom 23. Juli 2004
(BT-Drucks. 15/2573 S. 1 und 17) weist darauf hin, dass die Schwarzarbeit in
Deutschland ein alarmierendes Niveau erreicht hat, kein Kavaliersdelikt ist,
sondern handfeste Wirtschaftskriminalität, die dem Gemeinwesen schweren
Schaden zufügt. Die Neufassung zielt darauf ab, ein neues
Unrechtsbewusstsein gegenüber der Schwarzarbeit zu schaffen, die
gesellschaftliche Akzeptanz der Schwarzarbeit dadurch deutlich sinken zu
lassen und ein rechtmäßiges Verhalten zu fördern. Von der strikten
Anwendung des § 817 Satz 2 BGB kann daher nach Treu und Glauben nicht mit
dem Argument abgesehen werden, dass die vom Gesetzgeber angestrebte
generalpräventive Wirkung auch erreicht werde, wenn dem Schwarzarbeiter ein
- wenn auch gegebenenfalls geminderter - bereicherungsrechtlicher Anspruch
auf Wertersatz eingeräumt werde.
26 (3) Eine einschränkende Auslegung des § 817 Satz 2 BGB ist nach
Treu und Glauben auch nicht deshalb geboten, weil der selbst gegen das
Gesetz verstoßende oder an dem Gesetzesverstoß mitwirkende Besteller die
erlangte Leistung unter Umständen ohne jegliche Gegenleistung würde behalten
können.
27 In einem solchen Fall erfolgt zwischen den Parteien kein Wertausgleich.
Wer bewusst gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstößt, soll
nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden,
das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 5.
Mai 1992 - X ZR 134/90, BGHZ 118, 182, 193).
28 Etwas Anderes lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass der
Gesetzgeber die Handlungsweise des Bestellers als ebenso verwerflich wie die
des Schwarzarbeiters beurteilt und ihn daher nicht besser behandelt wissen
will (vgl. BT-Drucks. 2/1111 S. 4). Dies gilt auch, wenn man
berücksichtigt, dass der Gesetzgeber jedenfalls in der amtlichen Begründung
von 1954 (BT-Drucks. 2/1111 aaO) die Auffassung vertreten hat, der Besteller
sei meist der wirtschaftlich Stärkere, der die Not des wirtschaftlich
Schwächeren häufig aus Eigennutz und gewinnsüchtigen Motiven missbrauche.
Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Anwendung des § 817
Satz 2 BGB nicht nur den Unternehmer hart treffen kann. Denn dem Besteller
stehen weder Mängelansprüche noch vertragliche Mangelfolgeansprüche zu, die
im Einzelfall den nichtig vereinbarten Werklohn um ein Mehrfaches
übersteigen können. Die Zubilligung eines Bereicherungsanspruchs
hätte damit, sollten sich die Mängel erst anschließend zeigen, sogar zur
Folge, dass der Schwarzarbeiter besser gestellt wäre als ein gesetzestreuer
Unternehmer (vgl. Kern, JuS 1993, 193, 195).
29 c) Der Ausschluss auch eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs
mit der ihm zukommenden abschreckenden Wirkung (MünchKommBGB/Schwab,
6. Aufl., § 817 Rn. 13) ist ein geeignetes Mittel, die in der
Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers mit
den Mitteln des Zivilrechts zu fördern (Lorenz, NJW 2013, 3132,
3135). Denn § 817 Satz 2 BGB hat zur Folge, dass ein
Schwarzarbeitergeschäft mit einem großen Risiko behaftet ist
(Tiedtke, DB 1990, 2307, 2309).
30 4. Auch aus § 951 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ergibt
sich kein Anspruch der Klägerin. Denn § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB enthält eine
Rechtsgrundverweisung in das Bereicherungsrecht (MünchKommBGB/Schwab,
6. Aufl., § 812 Rn. 278). Selbst wenn die sonstigen Voraussetzungen
für den dort genannten Anspruch vorliegen sollten, würde dieser, wie auch
der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB, an § 817 Satz
2 BGB scheitern.
B.
31 Die Klägerin hat auch gegen die Beklagte zu 2 keinen
Zahlungsanspruch. Dieser ergibt sich nicht aus § 951 Abs. 1 Satz 1, § 812
Abs. 1 Satz 1
BGB.
32 Die Beklagte zu 2 hat zwar als Miteigentümerin des Grundstücks, auf dem
die Reihenhäuser stehen, in denen die Klägerin die
Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt hat, (Mit-)Eigentum an den von der
Klägerin eingebrachten Materialien erworben, § 946 BGB. Für einen
bereicherungsrechtlichen Anspruch müssen aufgrund der in § 951 BGB
enthaltenen Rechtsgrundverweisung jedoch sämtliche Voraussetzungen eines
Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sein
(BGH, Urteil vom 13. Mai 1955 - V ZR 36/54, BGHZ 17, 236, 238 f.; Urteil vom
11. Januar 1971 - VIII ZR 261/69, BGHZ 55, 176, 177; Staudinger/Gursky, BGB,
Neubearbeitung 2011, § 951 Rn. 1). Daran fehlt es. § 951 BGB greift
nicht ein, wenn die zum Rechtsübergang führende Sachverbindung als Leistung
des bisherigen Materialeigentümers an einen Dritten zu qualifizieren ist
(Staudinger/Gursky, aaO, § 951 Rn. 7). Das ist hier der Fall.
Die Klägerin hat aufgrund des allein mit dem Beklagten zu 1
abgeschlossenen Vertrags die Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt und
damit objektiv nur diesem gegenüber eine Leistung erbracht. Ob die Klägerin
im Hinblick auf ihre Annahme, den Werkvertrag auch mit der Beklagten zu 2
geschlossen zu haben, ihre Leistung auch dieser gegenüber erbringen wollte,
kann dahingestellt bleiben. Für die Beklagte zu 2 stellten sich die von der
Klägerin ausgeführten Arbeiten mangels einer vertraglichen Vereinbarung der
Parteien als Leistungen gegenüber dem Beklagten zu 1 dar. In einem solchen
Fall ist wie bei einer irrtümlichen Eigenleistung auf den objektiven
Empfängerhorizont abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober
1963 - VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272, 276 ff.; MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl.,
§ 812 Rn. 179, 184). Die Beklagte zu 2 hat dementsprechend das
(Mit-)Eigentum an den eingebrachten Materialien nicht durch Leistung der
Klägerin, sondern in sonstiger Weise auf deren Kosten erlangt.
Damit steht der Klägerin nach dem Grundsatz der Subsidiarität der
Nichtleistungskondiktion (MünchKommBGB/Füller, 6. Aufl., § 951 Rn. 9)
bereits dem Grunde nach gegen die Beklagte zu 2 kein Anspruch zu.
Dass ihr Anspruch auf Wertersatz aus Leistungskondiktion gegenüber dem
Beklagten zu 1 wegen § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist, ändert daran
nichts (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 1961 - VII ZR 207/60, BGHZ
36, 30, 32).
III.
33 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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