Anwendbarkeit der §§ 280, 281 BGB auf dingliche
Ansprüche: Keine Anwendung von § 281 BGB (Schadensersatz statt der Leistung)
auf Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB
BGH, Urteil vom 23. März 2023 - V ZR 67/22 - LG Cottbus
Fundstelle:
noch nicht bekannt für
BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf die
Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1
BGB keine Anwendung.
Zentrale Probleme:
Ein lehrreicher Fall zu § 1004 BGB: Bei einer Einwirkung
auf das Eigentum, die nicht in eine Entziehung oder einem Vorenthalten des
Beseitzes besteht (dann kann der Eigentümer Herausgabe nach § 985 BGB
verlangen), kann der Eigentümer nach § 1004 BGB vom Störer die Beseitigung
der Beeinträchtigung verlangen. Hier stellte sich dies Frage in der sehr
häufigen Konstellation des Wurzelüberwuchses vom Nachbargrundstück, der auch
dafür gesorgt hatte, dass sich Pflastersteine auf dem beeinträchtigten
Grundstück gehoben hatten. Hier kann der Eigentümer nach § 1004 BGB
(verschuldensunabhängig) nicht nur die Beseitigung der Störungsquelle (d.h.
der Wurzeln), sondern auch die Wiederherstellung des vorherigen Zustands
(d.h. Wiederherstellung des Pflasters) verlangen, s. dazu
BGH vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, NJW 2005,
1366. Beseitigt der Eigentümer die Störung selbst, kann er aus § 683
Satz 1, § 670 BGB, § 684 Satz 1, § 818 BGB oder § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2,
§ 818 BGB Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen
verlangen (BGH vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04,
NJW 2005, 1366). Hier hatte der Eigentümer dies aber noch nicht
getan, sondern verlangt gleichsam vorab nach Fristsetzung den Ersatz der
(noch nicht angefallenen) Kosten als Schadensersatz statt der Leistung nach
§§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB. Damit geht es um die (grundsätzlich zu bejahende)
Frage, ob und inwieweit § 280 BGB auch auf dingliche Ansprüche Anwendung findet,
insbesondere ob Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, III, 281
BGB geschuldet sein kann. Das
ist - zumindest in Bezug auf den Verzögerungsschaden - bejaht worden für den
Anspruch aus § 888 BGB (s. BGH, Urteil vom 4.
Dezember 2015 - V ZR 202/14), in Bezug auf § 281 auch für denjenigen aus § 985 BGB (BGH,
Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 89/15). Für den Anspruch aus § 1004
BGB verneint der BGH die Anwendung von § 281 BGB und verneint daher einen
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung. Kern der Begründung ist,
dass der Anspruch aus § 1004 BGB bei fortdauernder Beeinträchtigung immer
wieder entstehen würde und daher nicht nach § 281 IV BGB durch die
Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung erlöschen kann.
Selbst wenn er aber, was dogmatisch kaum zu begründen ist, in der Person
des derzeitigen Eigentümers mit dessen Schadensersatzverlangen dauerhaft
erlöschen würde, entstünde er zumindest in der Person eines
Einzelrechtsnachfolgers sofort wieder neu. Damit droht eine weitere
Inanspruchnahme des Störers, obwohl er schon Schadensersatz statt der
Leistung geleistet hätte. Vor einer solchen doppelten Inanspruchnahme kann
der Störer - anders als der Schuldner eines Herausgabeanspruchs aus § 985
BGB - auch nicht effektiv geschützt werden.
©sl 2023
Tatbestand:
1 Die Parteien sind Eigentümer benachbarter
Grundstücke. Auf dem Grundstück der Beklagten steht unweit der
gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Pappel. Die Wurzeln der Pappel
sind in das Grundstück des Klägers hineingewachsen und haben dort Wurzelbrut
gebildet. Dadurch wurden in der Garageneinfahrt des Klägers
Pflastersteine angehoben. Er forderte die Beklagten unter Fristsetzung auf,
die Pappel zu fällen bzw. die eingedrungenen Wurzeln zu beseitigen und
Vorsorge gegen künftige Beeinträchtigungen, etwa durch den Einbau einer
Wurzelsperre, zu treffen. Dies lehnten die Beklagten ab. Erst
während des Prozesses erklärten sie unter dem Vorbehalt einer behördlichen
Genehmigung ihre Bereitschaft zum Einbau einer Wurzelsperre. Dies ist bis
heute nicht geschehen; auch die Unebenheit des Pflasters wurde noch nicht
beseitigt.
2 Mit der Klage verlangt der Kläger - soweit von Interesse
- die Zahlung von 2.040 € netto nebst Zinsen (für die Reparatur des
Pflasters und das Einbringen einer Wurzelsperre), die Erstattung
vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und die Feststellung der Ersatzpflicht
der Beklagten für zukünftige Kosten. Das Amtsgericht hat der Klage
stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage -
auch im Hinblick auf den erstmals in der Berufungsinstanz gestellten
Hilfsantrag auf Beseitigung der Wurzeln - abgewiesen. Mit der von
dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten
beantragen, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
A.
3 Das Berufungsgericht meint,
dem Kläger stehe gegen die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
ein Zahlungsanspruch zu. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2
BGB komme nicht in Betracht, weil der Kläger die Beklagten nicht durch
Selbstvornahme der Arbeiten von deren Verbindlichkeit aus § 1004 Abs. 1 BGB
befreit habe. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1
und 3, § 281 BGB scheitere bereits daran, dass § 281 BGB auf einen Anspruch
aus § 1004 Abs. 1 BGB weder unmittelbar noch analog anwendbar sei. Für
eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen
Regelungslücke. Zahlungsansprüche könnten sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall
2 BGB oder § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog ergeben; ein Vorschuss könne gemäß
§ 887 Abs. 2 ZPO im Wege der Zwangsvollstreckung eines Titels über den
Beseitigungsanspruch erlangt werden. Durch die Anwendung von § 281 BGB würde
zudem das Wahlrecht des Schuldners in Bezug auf das „Wie“ der Beseitigung
umgangen. Schließlich entstünden durch das in § 281 Abs. 4 BGB vorgesehene
Erlöschen des Beseitigungsanspruchs erhebliche Abgrenzungsprobleme, welche
Beeinträchtigung bereits vorhanden gewesen und abgegolten sei und welche
nicht.
B.
4 Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
5
I. Die Revision ist unzulässig, soweit der Kläger mit ihr seinen durch das
Berufungsgericht als unzulässig angesehenen Hilfsantrag auf Beseitigung der
Wurzeln weiterverfolgt, denn das Berufungsgericht hat die Zulassung der
Revision wirksam auf die Frage des Bestehens von Zahlungsansprüchen wegen
der Wurzeln der Pappel beschränkt.
6 1. Zwar enthält die
Entscheidungsformel des Berufungsurteils nur eine Beschränkung der Zulassung
auf die „Ansprüche wegen der Wurzeln der Pappel“ und keine ausdrückliche
Beschränkung auf die Hauptanträge bzw. auf Zahlungsansprüche. Die
Beschränkung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den
Entscheidungsgründen ergeben. Es ist anerkannt, dass der Tenor im Lichte der
Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten
Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen
klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom
Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen
eindeutig abgrenzbaren selbstständigen Teil des Streitstoffs stellt (st.
Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, NJW 2007, 2182
Rn. 7 mwN; Urteil vom 11. März 2022 - V ZR 35/21, NJW 2022, 2685 Rn. 7). So
liegt es hier, denn aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass das
Berufungsgericht die Revision nur zur Klärung der Frage zulassen wollte, ob
bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Eigentümer wegen in sein Grundstück
gewachsener Wurzeln Zahlungsansprüche geltend machen kann. Zwar könnte die
Formulierung „Rechte eines Nachbarn, insbesondere Schadensersatzansprüche“
isoliert betrachtet auch Beseitigungsansprüche umfassen. Mit den hierzu
vertretenen „unterschiedlichen Ansichten“ hat sich das Berufungsgericht
jedoch nur im Hinblick auf die Zahlungsansprüche befasst. Über den
Beseitigungsanspruch hat es - wegen der von ihm angenommenen Unzulässigkeit
der Klageänderung - nicht in der Sache entschieden. Die von ihm als
zulassungsrelevant angesehene Frage betrifft nur den mit den Hauptanträgen
geltend gemachten Streitstoff (Zahlungsanspruch, Nebenforderungen und
Feststellungsantrag).
7 2. Die Beschränkung ist wirksam. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der
Revision nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit
abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst
ihre Revision beschränken könnte, beschränkt werden. Das setzt voraus, dass
der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in
tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff beurteilt
werden kann und eine Änderung des von der beschränkten Zulassung erfassten
Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil
gerät (st. Rspr., vgl. zuletzt Senat, Urteil vom 11. November 2022 - V ZR
213/21, NJW 2023, 217 Rn. 8 mwN). Das ist hier der Fall, denn die
Hauptanträge, mit denen Schadensersatz bzw. die Feststellung künftiger
Verpflichtung zum Ersatz von Schäden begehrt wird, können in tatsächlicher
Hinsicht unabhängig von dem mit dem Hilfsantrag geltend gemachten
Beseitigungsanspruch beurteilt werden und nicht in Widerspruch zu diesem
geraten.
8 II. Die somit nur hinsichtlich der Abweisung des
Zahlungs- und des Feststellungsantrags zulässige Revision ist unbegründet.
9 1. Das Berufungsgericht verneint zu Recht einen Anspruch des
Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung von 240 € netto für die Beseitigung
der Unebenheit des Pflasters (durch Aufnahme der Pflastersteine, Entfernung
der Wurzeln und Wiederverlegung der Pflastersteine).
10 a)
Für einen Anspruch aus § 683 Satz 1, § 670 BGB, § 684 Satz 1, § 818 BGB oder
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 BGB fehlt es jedenfalls an einer Vornahme
der Arbeiten durch den Kläger. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Eigentümer, der eine
Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat, von dem nach § 1004
Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer Ersatz der zu der
Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, weil er ein
Geschäft des Störers besorgt hat, oder, wenn sich die Voraussetzungen einer
Geschäftsführung ohne Auftrag nicht feststellen lassen, weil der Störer von
seiner Beseitigungspflicht frei geworden und deshalb ungerechtfertigt
bereichert ist (vgl. etwa Senat, Urteil vom 23. Februar 1973 - V ZR
109/71, BGHZ 60, 235, 243; Urteil vom 4. Februar
2005 - V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 mwN). Der Kläger hat
die Unebenheit des Pflasters aber bislang nicht beseitigt.
11 b) Das Berufungsgericht geht weiter zutreffend davon aus, dass
der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB nur auf Beseitigung der Störung, nicht
aber auf Zahlung eines Kostenvorschusses gerichtet ist (vgl. Senat,
Urteil vom 21. April 1989 - V ZR 248/87, NJW 1989, 2541). Dies
ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und der Gesetzessystematik, denn
das Bürgerliche Gesetzbuch gewährt Vorschussansprüche nur in Ausnahmefällen,
etwa im Werkvertrags- oder Auftragsrecht (zutreffend OLG
Brandenburg, VersR 2017, 175 mwN; MüKoBGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 285;
BeckOK BGB/Fritzsche [1.11.2022], § 1004 Rn. 84).
12 c) Dem
Kläger steht gegen die Beklagten auch kein
nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere des
Senats, ist ein solcher auf einen angemessenen Ausgleich in Geld gerichteter
Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner
privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück
ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden
Beeinträchtigung übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus
besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB
rechtzeitig zu unterbinden (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 1999 -
V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 68; Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 10/10, BGHZ
185, 371 Rn. 18 mwN). Der Kläger war und ist aber nicht an der
Durchsetzung seines Abwehr- und Beseitigungsanspruchs gehindert. Ihm steht
nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts gegen die Beklagten
ein Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1
BGB zu. Dieser Anspruch umfasst nicht nur die Entfernung der unter dem
Pflaster befindlichen Wurzeln, sondern auch die hierfür erforderliche
Aufnahme der Pflastersteine und deren anschließende Wiederverlegung (vgl.
Senat, Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, NJW
2005, 1366, 1368; Urteil vom 28. November 2003 -
V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604; Urteil vom 18. April 1997 - V ZR 28/96,
BGHZ 135, 235, 238).
13 d) Der Kläger hat gegen die Beklagten auch
keinen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Ein schuldhaftes
Verhalten der Beklagten in Bezug auf den Wurzelüberwuchs ist weder
festgestellt noch sonst ersichtlich.
14 e) Richtig sieht das
Berufungsgericht schließlich auch, dass dem Kläger gegen die Beklagten kein
Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zusteht.
Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz
1 BGB auf Beseitigung der Beeinträchtigung des Eigentums - hier: auf
Entfernung der herübergewachsenen Wurzeln und Wiederherstellung des
Pflasters der Garageneinfahrt - keine Anwendung.
15 aa) Dies
ist allerdings in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die
Frage, inwieweit die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts,
insbesondere die des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, auch auf dingliche
Ansprüche Anwendung finden, beschäftigt die Rechtswissenschaft und
Rechtspraxis bereits seit den Beratungen über den Entwurf des Bürgerlichen
Gesetzbuches (vgl. Croon-Gestefeld, ZfPW 2022, 285 f. mwN).
16 (1) In Rechtsprechung und Literatur wird überwiegend die Ansicht
vertreten, dass § 281 BGB auch auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs.
1 Satz 1 BGB (entsprechende) Anwendung findet. Dies wird mit den dadurch
erzielten sachgerechten Ergebnissen begründet. So müsse ein Eigentümer, der
die Arbeiten nicht vorfinanzieren könne, nicht zunächst einen Titel auf
Beseitigung der Beeinträchtigung erwirken, um von dem Schuldner sodann im
Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO einen Vorschuss zu
erlangen. Wahlweise könne er sich auch dafür entscheiden, die
Beeinträchtigung hinzunehmen und eine Entschädigung zu erhalten. Zudem sei
der Anspruch, anders als derjenige aus § 812 BGB, nicht auf die Ersparnis
beim Schuldner beschränkt. Auch könne nur so ein Gleichlauf mit dem
Herausgabeanspruch aus § 985 BGB hergestellt werden, auf den § 281 BGB
anwendbar sei. Schließlich sei eine Schlechterstellung des dinglichen
gegenüber dem persönlichen Gläubiger nicht gerechtfertigt (vgl. OLG
Karlsruhe, NJW 2012, 1520 Rn. 26 ff.; BeckOGK/Riehm, BGB [1.7.2022], § 275
Rn. 36, § 280 Rn. 60, 67 f.; BeckOK BGB/Fritzsche [1.8.2022], § 1004 Rn. 82,
84 f.; MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl., § 812 Rn. 376; jurisPK-BGB/Seichter, 9.
Aufl., § 281 Rn. 6; NK-BGB/Schmidt-Räntsch/Keukenschrijver, 5. Aufl., § 1004
Rn. 101, 177; Erman/Ebbing, BGB, 16. Aufl., § 1004 Rn. 71;
Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl., § 1004 Rn. 48;
Müller/Gruber, Sachenrecht, 2016, § 42 Rn. 1245; Riehm, Der Grundsatz der
Naturalerfüllung, 2015, S. 405, 426 f.; Emmerich, Das Recht der
Leistungsstörungen, 2005, 4. Teil, § 18 Rn. 12; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum
neuen Schuldrecht, 2002, Rn. 189; Herresthal/Riehm, NJW 2005, 1457 Fn. 70).
17 (2) Die Gegenauffassung, der auch das Berufungsgericht folgt,
lehnt eine Anwendung des § 281 BGB auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004
Abs. 1 Satz 1 BGB ab. Die nach dieser Vorschrift geschuldete
Rechtsverwirklichung sei keine Leistung im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1
BGB, mit der der Eigentümer sein Vermögen - im Sinne eines positiven
Leistungsinteresses - mehren wolle. Für eine analoge
Anwendung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Kosten einer
Selbstvornahme könne der Eigentümer nach § 683 Satz 1, § 670 BGB bzw. § 812
Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB erstattet verlangen; für eine bleibende
Beeinträchtigung werde er ggf. analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entschädigt.
Schließlich könne auch die in § 281 Abs. 4 BGB vorgesehene Rechtsfolge - das
Erlöschen des Leistungsanspruchs - nicht eintreten. Solange die
Beeinträchtigung fortbestehe, könne der Beseitigungsanspruch nicht
erlöschen bzw. entstehe sofort wieder neu. An etwaige schuldrechtliche
Vereinbarungen sei ein Rechtsnachfolger nicht gebunden (vgl.
MüKoBGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 259 ff., 283; Staudinger/Olzen, BGB
[2019], Einleitung zu §§ 241 ff. Rn. 20; Staudinger/Gursky, BGB [2012], §
1004 Rn. 159, 168 f.; Soergel/Münch, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 321;
Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 35 Rn. 19; Picker, Der
negatorische Beseitigungsanspruch, 1972, S. 158 ff.; Rüscher, ZWE 2021, 449,
450; Croon-Gestefeld, ZfPW 2022, 285, 303 ff.; Katzenstein, AcP 206 [2006],
96, 104 f.; Lettl, JuS 2005, 871, 874).
18 (3) Vereinzelt
wird angenommen, dass eine Anwendung von § 281 BGB auf § 1004 Abs. 1 Satz 1
BGB zumindest dann in Betracht kommt, wenn der Eigentümer die
Beeinträchtigung selbst beseitigt oder im Gegenzug für die
Schadensersatzzahlung eine Duldungspflicht mit dinglicher Wirkung begründet.
In beiden Fällen bestehe kein Konflikt mit der in § 281 Abs. 4 BGB
vorgesehenen Rechtsfolge. Werde die
Beeinträchtigung beseitigt, entfalle bereits deswegen die
Beseitigungspflicht und damit auch die Gefahr einer erneuten
Inanspruchnahme durch einen Rechtsnachfolger. Bestehe für eine fortdauernde
Beeinträchtigung eine dinglich gesicherte Duldungspflicht, sei hieran auch
ein Rechtsnachfolger gebunden (vgl. BeckOGK/Spohnheimer, BGB
[1.11.2022], § 1004 Rn. 55; nur für die sog. Selbstvornahmefälle auch
Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1004 Rn. 419; BeckOGK/Vollkommer, BGB
[1.11.2022], § 910 Rn. 35; Bezzenberger, JZ 2005, 373, 375 ff.).
19
bb) Höchstrichterlich ist bislang noch nicht geklärt, ob die Vorschrift des
§ 281 BGB auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB
(entsprechend) angewendet werden kann. Der Senat hat dies für zweifelhaft
gehalten, aber bislang ausdrücklich offen gelassen (vgl. Senat, Urteil
vom 11. Juni 2021 - V ZR 41/19, NJW-RR 2021, 1166 Rn. 10; vgl. hierzu auch
Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 271/20, NJW-RR 2022, 349 Rn. 25).
Er entscheidet die Frage nunmehr dahin, dass die Vorschrift des § 281 BGB
auf den Beseitigungsanspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB
keine Anwendung findet.
20 (1) Aus dem Wortlaut von § 281
BGB und der systematischen Stellung der Norm im das Recht der
Schuldverhältnisse regelnden Buch 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt sich
nicht eindeutig, ob die Vorschrift auch auf die in Buch 3 geregelten
dinglichen Ansprüche Anwendung findet.
21 (a) Zwar weisen dingliche
und schuldrechtliche Ansprüche ihrem Rechtscharakter nach Unterschiede auf.
So hat der dingliche Anspruch im Gegensatz zum schuldrechtlichen
seinen Grund nicht in einer Beziehung des Berechtigten zu einem bestimmten
Verpflichteten, sondern in einem Recht unmittelbarer Herrschaft über eine
Sache. Er ist mit dem dinglichen Recht insofern untrennbar
verbunden, als er die Verwirklichung des diesem Recht entsprechenden
Zustandes gegenüber demjenigen ermöglicht, der den gegenteiligen Zustand
aufrechterhält. Daher ist er, anders als der schuldrechtliche
Anspruch, einerseits nicht selbständig übertragbar, während er andererseits
mit dem Übergang des absoluten Rechts ohne weiteres auf den neuen
Rechtsinhaber übergeht (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 23.
Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 240).
22 (b) Dies
schließt aber die Anwendbarkeit schuldrechtlicher Regelungen auf dingliche
Ansprüche nicht generell aus.
23 (aa) Der historische
Gesetzgeber ging davon aus, dass die Vorschriften des allgemeinen
Schuldrechts auch für dingliche Ansprüche gelten, wenn diese einen
obligationsähnlichen Charakter aufweisen, weil sie sich gegen eine bestimmte
Person richten und von dieser eine Leistung verlangen (vgl. Motive II S. 4
und III S. 398). Von der Aufnahme einer Bestimmung über die entsprechende
Anwendbarkeit der Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts wurde jedoch mit
der Begründung abgesehen, dass es sich „mehr um eine der weiteren Prüfung
und Begrenzung durch die Wissenschaft zu überlassende Rechtswahrheit als um
einen positiven Rechtssatz“ handele (Motive III S. 399). Es ist
daher für jeden dinglichen Anspruch gesondert zu prüfen, ob die Vorschriften
des allgemeinen Schuldrechts auf ihn angewendet werden können (vgl.
Senat, Urteil vom 19. Januar 1968 - V ZR 190/64, BGHZ 49, 263, 265 f.;
Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 202/14, BGHZ 208,
133 Rn. 6). Eine Anwendung kommt nur dann in Betracht, wenn
nicht die besondere Natur des dinglichen Anspruchs oder besondere
sachenrechtliche Vorschriften eine abweichende Behandlung erfordern
(vgl. RGZ 105, 84, 88; zutreffend auch BeckOGK/Riehm, BGB [1.7.2022], § 275
Rn. 37, § 280 Rn. 59; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S.
405). Nach diesem Maßstab hat der Senat sowohl die Anwendbarkeit
einzelner Vorschriften aus dem allgemeinen Schuldrecht auf den
Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB als auch die Anwendbarkeit
der §§ 280, 281 BGB auf einzelne andere dingliche Ansprüche bejaht.
24 (bb) Aus dem Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1
BGB können sich Leistungspflichten des Schuldners ergeben, auf die
Regelungen des allgemeinen Schuldrechts zur Anwendung kommen können
(vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR
202/14, BGHZ 208, 133 Rn. 10). So kann sich der Schuldner
gegenüber dem Beseitigungsanspruch etwa auf das Leistungsverweigerungsrecht
des § 275 Abs. 2 BGB berufen (vgl. Urteil
vom 30. Mai 2008 - V ZR 184/07, NJW 2008, 3122 Rn. 16 f.; vgl. auch
Senat, Urteil vom 21. Juni 1974 - V ZR 164/72, BGHZ 62, 388, 391).
Auch eine Mitverantwortung des Gläubigers ist bei diesem Anspruch in
entsprechender Anwendung des § 254 BGB zu berücksichtigen (vgl.
Senat, Urteil vom 18. April 1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 239 f.).
Befindet sich der Schuldner mit der Erfüllung des
Beseitigungsanspruchs in Verzug, haftet er gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286
BGB für dadurch verursachte Schäden (vgl. Senat, Urteil vom 26.
März 2021 - V ZR 77/20, NJW-RR 2021, 671 Rn. 14; zur Anwendbarkeit
der Verzugsvorschriften auf den Zustimmungsanspruch aus § 888 BGB
Senat, Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 202/14,
aaO Rn. 11 ff.).
25 (cc) Auch die Anwendbarkeit von § 281 BGB
auf dingliche Ansprüche ist nicht von vornherein ausgeschlossen. So hat der
Senat für den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB - unter den einschränkenden
Voraussetzungen der §§ 989, 990 BGB - auch einen Schadensersatzanspruch
statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB bejaht (vgl.
Senat, Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 89/15, BGHZ
209, 270 Rn. 11 ff.).
26 (2) Die Anwendung von § 281 BGB
auf den Beseitigungsanspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB kommt
hingegen nach der dinglichen Natur dieses Anspruchs und seiner
sachenrechtlichen Zielrichtung nicht in Betracht.
27 (a)
Dies gilt zunächst für den Fall, dass der Eigentümer - wie hier -
die Beeinträchtigung seines Eigentums nicht nach Fristsetzung gegenüber dem
Störer selbst beseitigt hat, sondern entweder bereit ist, die
Beeinträchtigung im Sinne eines „dulde und liquidiere“ hinzunehmen, oder
aber den Schadensersatz wie einen Vorschuss dazu verwenden will, die
Beeinträchtigung selbst zu beseitigen.
28 (aa) Eine
Schadensersatzzahlung, die unabhängig von der Beseitigung der
Beeinträchtigung geleistet wird und über deren Verwendung der
Eigentümer frei entscheiden kann, wäre mit dem Zweck des
Beseitigungsanspruchs nicht vereinbar. Dieser hat lediglich zum
Ziel, den dem Eigentumsrecht entsprechenden Zustand
wiederherzustellen (sog. Rechtsverwirklichungsfunktion).
Er dient also nur der Verteidigung eines bereits vorhandenen
Vermögensgegenstandes (sog. Integritätsinteresse),
während mit einem schuldrechtlichen Anspruch das Vermögen des Gläubigers zu
Lasten des Vermögens des Schuldners gemehrt werden soll (sog.
Leistungsinteresse). Der Beseitigungsanspruch
umfasst nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar nicht nur die
Beseitigung der Störungsursache im engeren Sinne, sondern auch die
Beseitigung der dabei zwangsläufig eintretenden weiteren
Eigentumsbeeinträchtigungen - wie hier die Wiederverlegung der
Pflastersteine nach Entfernung der Wurzeln (vgl. hierzu oben Rn.
12). Dass er dadurch dem Umfang nach einer Verpflichtung
zum Schadensersatz angenähert ist und ihm teilweise schadensersetzende
Wirkung zukommt, ändert aber nichts daran, dass sich das Bürgerliche
Gesetzbuch mit dem Beseitigungsanspruch grundsätzlich gegen das Prinzip
„dulde und liquidiere“ entschieden hat. Eine Zahlung, die
unabhängig von der Beseitigung der Beeinträchtigung geleistet wird, wäre
hiermit nicht vereinbar, da nicht gewährleistet wäre, dass der dem
Eigentumsrecht entsprechende Zustand tatsächlich wiederhergestellt wird
(vgl. zur Zielrichtung des Beseitigungsanspruchs Motive III S. 398,
423; Senat, Urteil vom 22. Januar 2021 - V ZR 12/19, NZM 2021, 282 Rn. 37;
Urteil vom 13. Januar 2012 - V ZR 136/11, NJW 2012,
1080 Rn. 11; Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR
142/04, NJW 2005, 1366, 1367 f.; Urteil vom 23. Februar 1973 - V ZR
109/71, BGHZ 60, 235, 240).
29 (bb) Insbesondere stünde die
in § 281 Abs. 4 BGB vorgesehene Rechtsfolge, der Ausschluss des
Leistungsanspruchs, mit diesem Zweck in Widerspruch. Der
Beseitigungsanspruch müsste nach dieser Regelung auch dann erlöschen, wenn
die Beeinträchtigung - wie hier - tatsächlich noch fortbesteht. Dies ist
indes nicht möglich, da der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz
1 BGB bei fortbestehender Beeinträchtigung sofort wieder neu entstünde.
Selbst wenn er, was dogmatisch schon nicht zu begründen wäre, in der
Person des derzeitigen Eigentümers mit dessen Schadensersatzverlangen
dauerhaft erlösche, entstünde er jedenfalls in der Person eines
Einzelrechtsnachfolgers sofort wieder neu und könnte dieser den Störer
ungeachtet des von diesem bereits an den Voreigentümer geleisteten
Schadensersatzes erneut auf Beseitigung in Anspruch nehmen. Vor einer
solchen doppelten Inanspruchnahme kann der Störer - anders als der Schuldner
eines Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB - auch nicht effektiv geschützt
werden. Selbst wenn im Verhältnis zwischen Störer und ursprünglichem
Eigentümer mit dem Schadensersatzverlangen eine Duldungspflicht begründet
würde, hätte diese rein schuldrechtlichen Charakter und wäre der
Rechtsnachfolger hieran nicht gebunden (vgl. Senat, Urteile vom 11.
Juni 2021 - V ZR 41/19, NJW-RR 2021, 1166 Rn. 10; Urteil vom 29. Februar
2008 - V ZR 31/07, NZM 2008, 418 Rn. 7 f. mwN).
30 (cc) Zudem
gibt es bei dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB - anders
als bei dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB - kein dringendes praktisches
Bedürfnis für die (analoge) Anwendung des § 281 BGB. Das Kosteninteresse des
Eigentümers ist auch ohne die Anwendung von § 281 BGB hinreichend geschützt.
Fehlen ihm die finanziellen Mittel, um die Beeinträchtigung selbst zu
beseitigen, kann er den Störer - notfalls unter Inanspruchnahme von
Prozesskostenhilfe - gerichtlich auf Beseitigung in Anspruch nehmen und im
Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO einen Vorschuss
verlangen (MüKoBGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 260 f.). Für
Verzögerungsschäden haftet der Störer gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB
(vgl. hierzu oben Rn. 24).
31 (dd) Schließlich würde
durch die Anwendung des § 281 BGB das Recht des Schuldners, zwischen
verschiedenen Beseitigungsmöglichkeiten zu wählen (vgl. hierzu
Senat, Urteil vom 22. Januar 2021 - V ZR 12/19, NZM 2021, 282 Rn. 10 mwN),
beeinträchtigt. Es würde nicht erst im Rahmen der
Zwangsvollstreckung eines Titels über die Beseitigung der Beeinträchtigung,
sondern bereits nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Frist und Äußerung des
Schadensersatzverlangens durch den Eigentümer entfallen. Auch wäre unklar,
nach welcher der wahlweise zur Verfügung stehenden Beseitigungsmaßnahmen der
Schadensersatz zu berechnen wäre.
32(ee) Dass der
Gläubiger des dinglichen Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der
Nichtanwendung des § 281 BGB schlechter steht als ein schuldrechtlicher
Gläubiger, ändert an diesem Ergebnis nichts. Es gibt keinen Grundsatz des
Inhalts, dass der dingliche Gläubiger stets dem schuldrechtlichen Gläubiger
(mindestens) gleichzustellen sei; der dingliche Gläubiger steht anders als
der schuldrechtliche Gläubiger und nicht notwendig ebenso gut oder besser (zutreffend
Staudinger/Thole, BGB [2019], § 985 Rn. 28; MüKoBGB/Baldus, 9. Aufl., § 985
Rn. 161, 167; Katzenstein, AcP 206 [2006], 96, 121 ff.; Baldus/Raff, JR
2017, 426, 431; Gursky, Jura 2004, 433, 434 f.). Soweit der Senat
die Anwendbarkeit der §§ 280, 281 BGB auf den Herausgabeanspruch aus § 985
BGB unter anderem damit begründet hat, dass der dingliche Gläubiger bei
seiner Rechtsverfolgung nicht schlechter zu stellen sei als der
schuldrechtliche (Senat, Urteil vom 18. März
2016 - V ZR 89/15, BGHZ 209, 270 Rn. 23), und dieser Satz als
allgemeiner Rechtsgrundsatz verstanden werden könnte, hält der Senat hieran
nicht fest. Der Gesichtspunkt war für die Entscheidung nicht
tragend.
33 (ff) Wegen der vorgenannten Unterschiede zwischen
dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB und dem Herausgabeanspruch aus § 985
BGB kann trotz der mit diesem Anspruch bestehenden Wesensgleichheit
(vgl. Motive III, S. 422) kein Gleichlauf bei der Anwendbarkeit von
§ 281 BGB hergestellt werden (vgl. zur dogmatischen und
funktionalen Einordnung des § 1004 BGB als Komplementärnorm zu § 985 BGB
Senat, Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367;
Picker in Festschrift Bydlinski, 2002, S. 291, 297, 299; Schwerdtner, Verzug
im Sachenrecht, 1973, S. 155 f.; Korth, ZJS 2008, 647, 654; Croon-Gestefeld,
ZfPW 2022, 285, 297).
34 (b) § 281 BGB findet auf den
Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB aber auch dann keine Anwendung, wenn
der Eigentümer die Beeinträchtigung - anders als im vorliegenden Fall -
selbst beseitigt (sog. Selbstvornahme).
35 (aa) Zwar
bestünde insoweit kein Konflikt mit dem in § 281 Abs. 4 BGB geregelten
Erlöschen des Erfüllungsanspruchs, da der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1
BGB bereits mit der Beseitigung der Beeinträchtigung durch den Eigentümer
entfiele. Auch wäre es nicht schwierig, den erloschenen Anspruch von neu
entstehenden Ansprüchen abzugrenzen. In diesen Fällen besteht
aber erst recht kein Bedürfnis für die Anwendung des § 281 BGB, weil der
Eigentümer, der eine Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat,
von dem nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer
aus § 683 Satz 1, § 670 BGB, § 684 Satz 1, § 818 BGB oder § 812 Abs. 1 Satz
1 Fall 2, § 818 BGB den Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen
Aufwendungen verlangen kann (siehe oben Rn. 10; zu diesem Argument
auch Hohloch, Die negatorischen Ansprüche und ihre Beziehungen zum
Schadensersatzrecht, 1976, S. 191; Lettl, JuS 2005, 871, 874). Bei
letzterem Anspruch entsteht im Regelfall keine größere Schutzlücke auf
Rechtsfolgenseite, da der nach § 818 Abs. 2 BGB geschuldete Wertersatz
objektiv zu bestimmen ist und sich der Schuldner nur ausnahmsweise auf den
Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB wird berufen können
(vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2006 - VIII ZR
172/05, BGHZ 168, 220 Rn. 39 mwN). Wenn der Eigentümer keinen
Primärrechtsschutz erlangen kann, steht ihm ggf. analog § 906 Abs. 2 Satz 2
BGB eine Entschädigung zu (vgl. hierzu oben Rn. 12 sowie Lettl, JuS
2005, 871, 874).
36 (bb) Gegen die Anwendung von § 281 BGB im
Fall der Selbstvornahme sprechen zudem systematische Gründe.
Die Regelung ist nämlich darauf angelegt, dass der Eigentümer
zwischen Erfüllungs- und Schadensersatzanspruch wählen kann; erst mit der
Erklärung des Schadensersatzverlangens soll der Anspruch auf die
Primärleistung nach § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen sein (sog. elektive
Konkurrenz, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. November 2017 - IX ZR
305/16, NJW 2018, 786 Rn. 10). Ein solches Wahlrecht kann der
Eigentümer aber nach Beseitigung der Beeinträchtigung nicht haben, denn die
Ansprüche können nicht gleichzeitig bestehen: Bevor der Eigentümer die
Beeinträchtigung beseitigt hat, hat er keinen Schadensersatzanspruch, und
mit der Beseitigung der Beeinträchtigung entfällt sein Erfüllungsanspruch
(vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 169). Soweit dem
entgegengehalten wird, § 281 Abs. 4 BGB regele nur den Ausschluss des
Primäranspruchs, nicht das Entstehen des Schadensersatzanspruchs (so
Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1004 Rn. 419), greift dies zu kurz, weil nur
Abs. 4 der Norm in den Blick genommen wird, sich die in § 281 BGB angelegte
elektive Konkurrenz aber aus dem Zusammenspiel von Abs. 1 und Abs. 4 ergibt.
37 2. Zutreffend verneint das Berufungsgericht auch einen Anspruch des
Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung von 1.800 € netto für das Einbringen
einer Wurzelsperre. Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf den
Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Unterlassung künftiger
Eigentumsbeeinträchtigung - hier: Verhinderung des Herüberwachsens von
Wurzeln - keine Anwendung. Die vorstehenden Ausführungen gelten
entsprechend. An dem auf Unterlassung einer künftigen Beeinträchtigung
gerichteten Anspruch wird zudem besonders deutlich, dass der Mechanismus des
§ 281 Abs. 4 BGB, der den Anspruch auf die Leistung mit dem
Schadensersatzverlangen entfallen lässt, von vornherein nicht greifen kann;
denn der Anspruch auf Unterlassung entstünde, etwa bei einer fortdauernden
Immission oder - wie hier - bei ständig nachwachsenden Wurzeln, immer wieder
neu (zutreffend Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1004 Rn. 419;
Staudin-ger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 168; MüKoBGB/Raff, 9. Aufl., §
1004 Rn. 262; Croon-Gestefeld, ZfPW 2022, 285, 296, 304 f.).
38 3. In
den Grenzen der Zulassung ist dem Berufungsgericht ferner darin zuzustimmen,
dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagten hat. § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB
scheidet aus den vorgenannten Gründen als Anspruchsgrundlage aus. Ob dem
Kläger ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB zusteht, hat der Senat
wegen der nur beschränkten Zulassung der Revision nicht zu prüfen, da ein
solcher Anspruch nicht von dem Bestehen des Zahlungsanspruchs abhängig wäre.
39 4. Der Feststellungsantrag hat im Ergebnis keinen Erfolg. Soweit
damit eine Schadensersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Kosten
festgestellt werden soll, ist der Antrag unbegründet, weil ein
Schadensersatzanspruch aus den dargelegten Gründen nicht besteht. Soweit
sich der Antrag auf Feststellung einer Kostenerstattungspflicht der
Beklagten nach durchgeführter Selbstvornahme richtet, ist er wegen des
Vorrangs der Leistungsklage bzw. dem Fehlen eines Feststellungsinteresses
gemäß § 256 Abs. 1 ZPO bereits unzulässig. Der Kläger kann entweder
nach durchgeführter Selbstvornahme Klage auf Kostenerstattung erheben oder -
wenn er das mit einer Vorfinanzierung der Kosten verbundene Risiko vermeiden
möchte - zunächst auf Beseitigung klagen und das erwirkte Urteil dann im
Wege der Ersatzvornahme vollstrecken.
C.
40 Die
Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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