Ausgleich "unbenannter
Zuwendungen" bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft nach den Grundsätzen
des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB); Anforderungen an eine
Innengesellschaft zwischen den Lebenspartnern
BGH, Urteil vom 9. Juli
2008 - XII ZR 39/06
Fundstelle:
NJW 2008, 3282
Amtl. Leitsatz:
Nach Beendigung einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen wegen wesentlicher Beiträge eines
Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher
Bedeutung geschaffen wurde, nicht nur gesellschaftsrechtliche
Ausgleichsansprüche, sondern auch Ansprüche aus ungerechtfertiger
Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB) sowie nach den Grundsätzen
über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (Aufgabe der bisherigen
Rechtsprechung, vgl. etwa BGH Urteile vom 6. Oktober 2003 - II ZR 63/02 -
FamRZ 2004, 94 und vom 8. Juli 1996 - II ZR 193/95 - NJW-RR 1996, 1473 f.).
Das kann auch dann der Fall sein, wenn die Partner Miteigentümer einer
Immobilie zu je ½ sind, der eine aber erheblich höhere Beiträge hierzu
geleistet hat als der andere.
Zentrale Probleme:
Eine kleine Sensation, s. auch
die für BGHZ vorgesehene Parallelentscheidung BGH
NJW 2008, 3277: Der BGH erkennt zum ersten Mal
unter Aufgabe seiner bisherigen restriktiven Rechtsprechung (s. etwa
BGH NJW-RR 2005, 1089,
BGH v. 30.4.2008 - XII ZR 110/06) einen Vermögensausgleich bei der Beendigung nichtehelicher
Lebensgemeinschaften außerhalb gesellschaftsrechtlicher Konstruktionen nach
den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) an. S. dazu
aber auch BGH v. 25.11.2009 -
XII ZR 92/06. Zur "unbenannten Zuwendung" s. die Anm. zu
BGH NJW 1999, 2962 ff mit weiteren
Verweisen zur Problematik. S. auch
BGH
v. 18.2.2009 - XII ZR 163/07. S. auch
BGH v. 6.7.2011 - XII ZR 190/08.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um Ansprüche nach Beendigung einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft.
2 Sie lebten seit 1995 zusammen und haben eine gemeinsame Tochter. 1995
erwarben sie ein Grundstück, wobei sie den Kaufpreis sowie die
Grunderwerbsteuer je zur Hälfte aufbrachten. Beide wurden als Miteigentümer
zu je ½ im Grundbuch eingetragen. In der Folgezeit wurde das Grundstück mit
einem Einfamilienhaus bebaut. Im Rahmen dieses Bauvorhabens erbrachte die
Klägerin, die von Beruf Architektin ist, unter anderem Planungsleistungen.
Nach der Fertigstellung bewohnten die Parteien das Haus gemeinsam bis zu
ihrer Trennung im Januar 2002.
3 Die Klägerin verlangt von dem Beklagten noch Ausgleich der von ihr für den
Grundstückserwerb sowie für die Planung und Errichtung des Wohnhauses
erbrachten Leistungen, die ihren Angaben zufolge den finanziellen Beitrag
des Beklagten übersteigen. Sie hat die Auffassung vertreten, nach der
Trennung der Parteien müsse der Beklagte ihr die Hälfte ihrer Mehrleistungen
nebst Zinsen, insgesamt 203.926,77 €, erstatten.
4 Das Landgericht hat die Klage in diesem Punkt abgewiesen. Die Berufung der
Klägerin blieb erfolglos. Dagegen richtet sich ihre zugelassene Revision,
mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der
Sache an das Berufungsgericht.
I.
6 Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe der
von ihr geltend gemachte Ausgleichsanspruch für finanzielle Aufwendungen und
Leistungen, die sie im Zusammenhang mit der Planung und Errichtung des
Hauses erbracht habe, nicht zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt:
7 Das rechtliche Verhältnis der Parteien beurteile sich im Hinblick auf das
im gemeinsamen Eigentum stehende Grundstück nach den Bestimmungen der
Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB). Die Vorschriften über die
Gesellschaft bürgerlichen Rechts seien dagegen nicht anwendbar. Dies setze
voraus, dass die Parteien im Hinblick auf das gemeinsame Grundstück entweder
ausdrücklich einen Gesellschaftsvertrag geschlossen oder bei Anschaffung und
Bebauung des Grundstücks eine über die nichteheliche Lebensgemeinschaft
hinausgehende gesellschaftsrechtliche Zielsetzung verfolgt hätten. Beide
Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor. Die Parteien hätten selbst nicht
behauptet, ausdrücklich einen solchen Vertrag geschlossen zu haben. Ihrem
Vortrag könne mit der erforderlichen Sicherheit ebenso wenig eine über die
nichteheliche Lebensgemeinschaft hinausgehende gesellschaftsrechtliche
Zielsetzung entnommen werden. Der Umstand, dass ein Grundstück als
Familienheim angeschafft werde, das auch langfristig gemeinsam bewohnt
werden solle, begründe keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Schaffung
eines gemeinschaftlichen Vermögenswertes, der über die Zeit des
Zusammenlebens hinaus Bestand haben solle. Zwar könne auch dann, wenn kein
ausdrücklich abgeschlossener Gesellschaftsvertrag vorliege, ein
Ausgleichsanspruch nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen in Betracht
kommen. Dies werde dann erwogen, wenn die Partner durch gemeinsame
Leistungen zum Bau eines zwar auf den Namen des einen Partners
eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Anwesens
beigetragen hätten. Auch das sei hier aber nicht der Fall; vielmehr stehe
das Grundstück im Miteigentum der Parteien, so dass kein Bedürfnis für einen
Ausgleich bestehe. Auch wenn die Klägerin als Architektin für die Planung,
Finanzierung und Erstellung des Neubaus ungleich größere Leistungen erbracht
haben sollte als der Beklagte, entspreche es nicht der persönlich geprägten
Rechtsnatur der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, in einem solchen Fall
eine Auseinandersetzung nach den §§ 730 ff. BGB vorzunehmen und sämtliche
Leistungen der Partner - zumindest die für das gemeinsame Grundstück
erbrachten - gegeneinander aufzurechnen.
8 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen
Punkten stand.
II.
9 1. Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden
allerdings gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner grundsätzlich nicht
ausgeglichen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, bei einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft stünden die persönlichen Beziehungen
derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende
vermögensbezogene Handeln der Partner bestimmten und daher nicht nur in
persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine
Rechtsgemeinschaft bestehe. Wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter
sich geregelt hätten, würden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche
Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet. Beiträge würden geleistet,
sofern Bedürfnisse aufträten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen
erbracht, der dazu in der Lage sei. Gemeinschaften dieser Art sei - ähnlich
wie einer Ehe - die Vorstellung grundsätzlich fremd, für Leistungen im
gemeinsamen Interesse könnten ohne besondere Vereinbarung "Gegenleistung",
"Wertersatz", "Ausgleich" oder "Entschädigung" verlangt werden (BGHZ 77, 55,
58 f.; BGH Urteile vom 4. November 1991 - II ZR 26/91 - FamRZ 1992, 408; vom
1. Februar 1993 - II ZR 106/92 - FamRZ 1993, 939, 940; vom 8. Juli 1996 - II
ZR 193/95 - NJW-RR 1996, 1473; vom 25. September 1997 - II ZR 269/96 - FamRZ
1997, 1533 und vom 6. Oktober 2003 - II ZR 63/02 - FamRZ 2004, 94).
10 2. Nach der vorgenannten Rechtsprechung kann aber ein
Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche
Gesellschaft in Betracht kommen, wenn die Partner einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen
entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Eine rein
faktische Willensübereinstimmung reicht für eine nach
gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Zusammenarbeit dagegen
nicht aus. Gerade weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft vom Ansatz
her eine Verbindung ohne Rechtsbindungswillen darstellt, ist ein solcher für
die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Regelungen erforderlich (Senatsurteil
BGHZ 165, 1, 10). Das kann in Betracht kommen, wenn die Parteien die
Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes, etwa
einer Immobilie, einen - wenn auch nur wirtschaftlich -gemeinschaftlichen
Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur
gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch
gemeinsam gehören sollte. Dabei können sich Indizien für ein nach
gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewertendes Handeln zum Beispiel aus
Planung, Umfang und Dauer des Zusammenwirkens ergeben. In die
Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Umstände sind ferner die Art
des geschaffenen Vermögenswertes, die von den Parteien erbrachten Leistungen
und ihre finanziellen Verhältnisse einzubeziehen (BGH Urteil vom 21. Juli
2003 - II ZR 249/01 - FamRZ 2003, 1542, 1543).
11 3. Einen solchen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch hat das
Berufungsgericht ebenfalls verneint. Seine Ausführungen hierzu halten
allerdings nur im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
12 a) Ein nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewertendes
Handeln der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft setzt nicht
voraus, dass diese einen über den typischen Rahmen dieser Gemeinschaft
hinausgehenden Zweck verfolgen, wie das im Verhältnis von Ehegatten
zueinander zu fordern ist, wenn gesellschaftsrechtliche Ansprüche geltend
gemacht werden (vgl. hierzu Senatsurteil BGHZ 142, 137, 146). Diese
Differenzierung hat ihren Grund in der Ausgestaltung der Rechte und
Pflichten in einer Ehe: Ehegatten sind zur ehelichen Lebensgemeinschaft, zur
Rücksichtnahme bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie dazu
verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie
angemessen zu unterhalten (§§ 1353 Abs. 1 Satz 2, 1356 Abs. 2 Satz 2, 1360
BGB). Insoweit erhält ein mitarbeitender Ehegatte bei Scheidung einer im
gesetzlichen Güterstand geführten Ehe grundsätzlich bereits durch den
Zugewinnausgleich einen angemessenen Ausgleich. Bei der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft bestehen dagegen weder rechtliche Mitarbeitspflichten
noch güterrechtliche Ausgleichsmöglichkeiten. Das erlaubt hier eine
großzügigere Anwendung gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsregeln
(BGHZ 84, 388, 391; Senatsurteil BGHZ 142, 137, 146; vgl. auch Staudinger/Löhnig
BGB [2007] Anhang zu §§ 1297 ff. Rdn. 95).
13 b) Gleichwohl sind die Voraussetzungen eines gesellschaftsrechtlichen
Ausgleichsanspruchs nicht erfüllt. Nach den getroffenen Feststellungen kann
nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien zumindest konkludent einen
Gesellschaftsvertrag in Bezug auf die Errichtung des Hauses geschlossen
haben.
14 Verfolgen die Partner nämlich, wie hier, einen Zweck, der nicht über
die Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht,
bestehen grundsätzlich Zweifel an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen.
Denn in diesem Bereich haben Partner regelmäßig keine über die Ausgestaltung
ihrer Gemeinschaft hinausgehenden rechtlichen Vorstellungen (so auch
Hausmann/ Hohloch aaO 4. Kap. Rdn. 69; Staudinger/Löhnig aaO Anhang zu §§
1297 ff. Rdn. 99).
15 Davon abgesehen hat die Klägerin, wie die Revision anführt, geltend
gemacht, beide Parteien seien bereits beim Ankauf des Grundstücks davon
ausgegangen, alle Kosten hälftig aufzuteilen und für den Fall, dass ein
Partner höhere Aufwendungen habe, der andere ihm diese auszugleichen habe.
Damit ist aus der Sicht der Klägerin, deren Vorbringen mangels anderweitiger
Feststellungen im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, aber eine
eigenständige Vereinbarung getroffen worden, die der Annahme des schlüssigen
Zustandekommens eines Gesellschaftsvertrages entgegensteht. Denn mit der
behaupteten Abrede über die Kostentragung konnte eine der dinglichen
Rechtslage entsprechende finanzielle Belastung erreicht werden; ein
Bedürfnis für eine gesellschaftsvertragliche Regelung bestand deshalb nicht.
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass - wie die Revision dargelegt -
Zahlungen von einem auf "GBR P., M." laufenden Konto geleistet wurden.
16 4. Die Klägerin ist deshalb darauf zu verweisen, ihre Ansprüche
aufgrund der behaupteten Vereinbarung geltend zu machen, falls sie den
hierfür erforderlichen Beweis zu führen vermag.
17 5. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sowie nach den Regeln
über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) hat der
Bundesgerichtshof grundsätzlich verneint. Der Grundsatz, dass die Partner
einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft ihre persönlichen und
wirtschaftlichen Leistungen nicht gegeneinander aufrechnen könnten, stehe
der Annahme entgegen, das Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
lasse die Geschäftsgrundlage für die bisher erbrachten Leistungen entfallen.
Ein Vertrag, dessen Geschäftsgrundlage wegfallen könne, liege nicht in
dem Umstand, dass zwei Partner sich zu einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft zusammenschlössen. Regelten sie ihre Beziehungen nicht
besonders, so handele es sich um einen rein tatsächlichen Vorgang, der keine
Rechtsgemeinschaft begründe (BGH Urteile vom 8. Juli 1996 - II ZR 340/95
- FamRZ 1996, 1141, 1142 und II ZR 193/95 - NJW-RR 1996, 1473, 1474 sowie
vom 25. September 1997 - II ZR 269/96 - FamRZ 1997, 1533, 1534).
18 a) Diese Rechtsprechung ist, wie der Senat bereits in seinem Urteil
vom 31. Oktober 2007 (XII ZR 261/04 – FamRZ 2008, 247, 249) ausgeführt hat,
nicht ohne Kritik geblieben. Zwar wird mit unterschiedlicher Begründung
überwiegend die Auffassung geteilt, ein Ausgleich habe für solche Leistungen
auszuscheiden, die wie die Erfüllung der laufenden Unterhaltsbedürfnisse
oder die Entrichtung der Miete für die gemeinsam genutzte Wohnung, das
Zusammenleben in der gewollten Art erst ermöglicht hätten. Solche Leistungen
würden in dem Bewusstsein erbracht, dass jeder Partner nach seinen
Möglichkeiten zur Gemeinschaft beizutragen habe, hätten ihren
Unterhaltszweck erfüllt und könnten nach der Beendigung der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft nicht rückwirkend als zwecklos erachtet werden
(Soergel/Lange BGB 12. Aufl. Nehel LG Rdn. 26; Hausmann/Hohloch aaO Kap. 4
Rdn. 8 f.; Staudinger/Löhnig aaO Anhang zu §§ 1297 ff. Rdn. 85; Grziwotz
Nichteheliche Lebensgemeinschaft 4. Aufl. § 5 Rdn. 20, 29; Gernhuber/Coester-Waltjen
FamR 5. Aufl. § 44 Rdn. 20; Burger in Schröder/Bergschneider
Familienvermögensrecht 2. Aufl. Rdn. 7.16 f.; Coester JZ 2008, 315 f.;
Wellenhofer LMK 2008, 251355; Schulz FamRZ 2007, 593, 594).
19 b) Wegen derjenigen Leistungen, die diesen Rahmen überschreiten und die
bei einem oder beiden Partnern zur Bildung von die Beendigung der
Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerten geführt haben, wird je nach
Fallgestaltung über gesellschaftsrechtliche Ansprüche hinaus ein rechtlich
schutzwürdiges Ausgleichsbedürfnis gesehen. Generell wird insofern darauf
hingewiesen, die Entscheidung für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft
bedeute zwar eine Entscheidung gegen die Rechtsform der Ehe, enthalte aber
keinen Verzicht darauf, Konflikte nach festen Rechtsregeln auszutragen (vgl.
etwa Soergel/Lange aaO Rdn. 6; Wellenhofer LMK 2008, 251355). Wenn die
Annahme einer gänzlichen Rechtsfreiheit des nichtehelichen Zusammenlebens
ernst genommen werde, so müsse daraus gefolgert werden, dass Zuwendungen
unter den Partnern ohne Rücksicht auf ihre Größenordnung ausschließlich dem
außerrechtlichen Bereich zuzuweisen wären. Dies wäre indessen schon deshalb
unhaltbar, weil die Partner mit solchen Zuwendungen zumindest dinglich ohne
Zweifel Rechtsfolgen herbeiführen wollten; die Änderung der
Rechtszuständigkeit sei aber bei Vermögensverschiebungen im Verhältnis der
Partner zueinander ein nur innerhalb der Rechtsordnung erreichbares Ziel.
Fordere die Änderung der Eigentumszuordnung einen hierauf gerichteten
Rechtsfolgewillen der Partner, so werde ein solcher bezüglich des zugrunde
liegenden Kausalgeschäfts nur schwerlich geleugnet werden können (Hausmann/Hohloch
aaO Kap. 4 Rdn. 3).
20 Wenn andererseits im Rahmen einer Ehe einem Ehegatten
überobligationsmäßige Leistungen erbracht würden, so beruhten diese nicht
auf dem Eherecht, erfolgten aber gleichwohl nicht rechtsgrundlos. Sie
beruhten auf einem (stillschweigenden) "familienrechtlichen
Kooperationsvertrag sui generis", wonach jede Seite das ihr Mögliche zur
Sicherung und Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft beitrage und keine
wechselseitige Verrechnung stattfinde. Die gleiche (eherechtsunabhängige)
Situation bestehe aber in der faktischen Lebensgemeinschaft. Das Fehlen
einer rechtlichen Beziehung zwischen den Partnern bedeute nur, dass diese
untereinander keinen Anspruch auf Zuwendungen hätten. Es heiße aber nicht,
unbenannte Zuwendungen erfolgten rechtsgrundlos. Aufgabe des
familienrechtlichen Kooperationsvertrages sei es lediglich, einen
Behaltensgrund für die Zuwendung zu schaffen. So weit gehe aber auch die
rechtliche Verbindung zwischen den Partnern einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft. Bei Auflösung der Ehe greife beim gesetzlichen
Güterstand oder bei der Gütergemeinschaft das Eherecht korrigierend ein;
diese Korrekturmöglichkeit fehle bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft,
soweit nicht etwas anderes vereinbart worden sei (Coester JZ 2008, 315;
Lüderitz/Dethloff Familienrecht 28. Aufl. § 8 Rdn. 33). Ansprüche, die nach
allgemeinen Regeln begründet seien, könnten indessen nicht deshalb versagt
werden, weil die Partner unverheiratet zusammengelebt hätten (Schulz FamRZ
2007, 593, 594).
21 Darüber hinaus erweise sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als
widersprüchlich: Zum einen werde ein Ausgleich wegen Störung der
Geschäftsgrundlage bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
grundsätzlich ausgeschlossen; zum anderen werde aber die Abgrenzung zwischen
einem familienrechtlichem Kooperationsvertrag - und damit die Lösung über
die Grundsätze der Geschäftsgrundlagenstörung - und einer Innengesellschaft
- also einem gesellschaftsrechtlichen Ausgleich - als fließend bezeichnet
(Lüderitz/Dethloff aaO § 8 Rdn. 34).
22 c) Bei Zuwendungen, die über das hinausgehen, was unzweifelhaft nicht
auszugleichen ist, werden vor allem Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 2, 2.
Alt. BGB sowie solche nach den Regeln über den Wegfall der
Geschäftsgrundlage für möglich gehalten (vgl. etwa Staudinger/Löhnig aaO
Anhang zu §§ 1297 ff. Rdn. 112 ff.; Soergel/Lange aaO Rdn. 91, 95; Hausmann/Hohloch
aaO Kap. 4 Rdn. 153 ff.; Grziwotz aaO § 5 Rdn. 42; Gernhuber/Coester-Waltjen
aaO § 24 Rdn. 24; Lüderitz/Dethloff aaO § 8 Rdn. 35; Schulz FamRZ 2007, 593,
598 ff.; M. Lipp AcP 180 (1980), 537, 577 ff.; OLG Stuttgart NJW-RR 1993,
1475, 1477; OLG Karlsruhe NJW 1994, 948, 949). Der
vorliegende Fall erfordert die Beantwortung der Frage, ob solche Ansprüche
nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Abkehr von der
bisherigen Rechtsprechung in Betracht zu ziehen sind. Das ist zu bejahen.
23 6. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs
konnte ein Ausgleichsanspruch in Anwendung gesellschaftsrechtlicher
Grundsätze auch dann bestehen, wenn die Partner einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft nicht ausdrücklich oder stillschweigend einen
entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen hatten, sondern wenn sie
lediglich die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb eines
Vermögensgegenstandes einen - wenn auch nur wirtschaftlich -
gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der
Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt, sondern ihnen nach ihrer
Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte (so etwa BGH Urteile vom 25.
September 1997 - II ZR 269/96 - FamRZ 1997, 1533; vom 8. Juli 1996 - II ZR
193/95 - NJW-RR 1996, 1473; und vom 4. November 1991 - II ZR 26/91 - FamRZ
1992, 408). Der nunmehr zuständige erkennende Senat hat diese Rechtsprechung
in seiner Entscheidung vom 28. September 2005 (BGHZ 165, 1, 10) insofern
aufgegeben, als bis dahin die Anwendung gesellschaftsrechtlicher
Vorschriften auch ohne zumindest schlüssig zustande gekommenen
Gesellschaftsvertrag für möglich gehalten worden war, und hat die Auffassung
vertreten, dass eine rein faktische Willensübereinstimmung nicht als
ausreichend erachtet werden könne (siehe oben unter II 3). Diese geänderte
Beurteilung, an der der Senat festhält, kann, wie der vorliegende Fall
zeigt, zu einer Einschränkung des Anwendungsbereichs
gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche führen. Denn gerade in den
Fällen, in denen die in Rede stehende gemeinsame Wertschöpfung der
Verwirklichung des nichtehelichen Zusammenlebens zu dienen bestimmt ist,
werden häufig keine über die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft
hinausgehenden Vorstellungen der Partner und somit kein Rechtsbindungswillen
festzustellen sein.
24 Eine Verkürzung der nach der bisherigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung bestehenden Ausgleichsmöglichkeiten ist indessen im Ergebnis
nicht gerechtfertigt und würde auch den Bedürfnissen der Praxis nicht
gerecht. Vielmehr sprechen gewichtige Gesichtspunkte dafür, ein Bedürfnis
nach einem nicht auf die §§ 730 ff. BGB beschränkten Ausgleich anzuerkennen.
25 In einer Ehe stehen die persönlichen Beziehungen ebenfalls im
Vordergrund und bestimmen das vermögensbezogene Handeln der Ehegatten, ohne
dass daraus hinsichtlich überobligationsmäßiger Leistungen auf das Fehlen
einer Rechtsgemeinschaft geschlossen würde. Insofern werden ehebezogene
Zuwendungen angenommen, die nach Scheidung der Ehe, insbesondere bei
Gütertrennung, zu Ausgleichsansprüchen nach den Grundsätzen über den Wegfall
der Geschäftsgrundlage führen können (ebenso Hausmann/Hohloch aaO Kap. 4
Rdn. 4). Zudem vermag auch das Argument, der leistende Partner einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft habe deren Scheitern bewusst in Kauf
genommen, mithin nicht auf deren Bestand vertrauen dürfen, nicht länger zu
überzeugen. Der Partner weiß zwar, dass die Lebensgemeinschaft jederzeit
beendet werden kann, seiner Zuwendung wird aber regelmäßig die Erwartung
zugrunde liegen, dass die Gemeinschaft von Bestand sein werde. Soweit er
hierauf tatsächlich und für den Empfänger der Leistung erkennbar vertraut
hat, erscheint dies schutzwürdig. Dass nur das Vertrauen von Ehegatten in
die lebenslange Dauer ihrer Verbindung rechtlich geschützt ist (§ 1353 Abs.
1 Satz 1 BGB), vermag mit Blick auf die hohe Scheidungsquote eine
unterschiedliche Behandlung nicht überzeugend zu begründen (vgl. auch
Hausmann/Hohloch aaO 4. Kap. Rdn. 156 f. und Schulz FamRZ 2007, 593, 595).
26 Mit Rücksicht hierauf hält der Senat nicht daran fest, Ansprüche nach den
Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder die ungerechtfertigte
Bereicherung wegen Zweckverfehlung kämen zwischen den Partnern einer
beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht in Betracht.
Vielmehr ist bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche
Zusammenleben erst ermöglicht (vgl. II 5 a), im Einzelfall zu prüfen, ob ein
Ausgleichsverlangen unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten begründet ist.
Das gilt im Übrigen nicht nur für nichteheliche Lebensgemeinschaften,
sondern würde auch für andere Formen des gemeinschaftlichen Lebens und
Wirtschaftens gelten, wie sie etwa unter verwitweten Geschwistern, sonstigen
Verwandten oder Freunden vorstellbar sind; auf einen sexuellen Bezug kommt
es insoweit nicht an.
27 7. Einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB hat
die Klägerin nicht geltend gemacht. Für die erforderliche Zweckabrede sind
auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.
28 8. a) In Betracht kommt allerdings ein Ausgleichsanspruch nach den
Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), soweit der
gemeinschaftsbezogenen Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde
lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde
Bestand haben. Die Rückabwicklung erfasst insoweit Fälle, in denen es nicht
zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen kommt oder in denen eine
Zweckabrede im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB nicht
festzustellen ist. Sie hat allerdings nicht zur Folge, dass sämtliche
Zuwendungen bei Scheitern der Beziehung auszugleichen wären. Auszuscheiden
sind zunächst die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos
erbrachten Leistungen. Nicht anders zu beurteilen sind aber auch die
Leistungen desjenigen Partners, der nicht zu den laufenden Kosten beiträgt,
sondern größere Einmalzahlungen erbringt: Er kann insofern nicht besser
gestellt werden als derjenige Partner, dessen Aufwendungen den täglichen
Bedarf decken oder der sonst
erforderlich werdende Beiträge übernimmt (Senatsurteil vom 31. Oktober 2007
- XII ZR 261/04 - FamRZ 2008, 247, 249).
29 b) Um gemeinschaftsbezogene Zuwendungen in dem vorgenannten Sinne handelt
es sich allerdings nicht, soweit Architektenleistungen der Klägerin in Frage
stehen. Solche Eigenleistungen, die ein Partner zugunsten des anderen
erbringt und mit denen er dessen Vermögen steigert, können begrifflich nicht
als Zuwendungen angesehen werden, weil es insofern nicht zu einer
Übertragung von Vermögenssubstanz kommt (BGHZ 84, 361, 365; Senatsurteil
BGHZ 127, 48, 51). Daraus folgt aber nicht, dass Arbeits- oder andere
Eigenleistungen
- im Gegensatz zu gemeinschaftsbezogenen Leistungen - nach dem Scheitern
einer Lebensgemeinschaft nicht zu Ausgleichsansprüchen führen können, denn
wirtschaftlich betrachtet stellen sie ebenso eine geldwerte Leistung dar wie
die Übertragung von Vermögenssubstanz.
30 Der Bundesgerichtshof hat deshalb nach dem Scheitern einer Ehe einen
Ausgleichsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bejaht, wenn ein
Ehegatte bei Gütertrennung für den Ausbau des im Eigentum des anderen
stehenden Familienwohnheims in erheblichem Umfang Arbeitsleistungen erbracht
hat. Wenn diese Arbeitsleistungen über erwiesene Gefälligkeiten und
insbesondere über das, was etwa im Rahmen der Unterhaltspflicht oder der
Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft an Beistandsleistungen
geschuldet wird, weit hinausgehen, können die Umstände den Schluss auf einen
stillschweigend zustande gekommenen besonderen familienrechtlichen Vertrag
(sog. Kooperationsvertrag) zulassen, dessen Geschäftsgrundlage durch das
Scheitern der Ehe entfallen ist (BGHZ 84, 361, 367 ff.).
31 Diese Beurteilung ist im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
oder sonstigen Partnerschaft im Grundsatz ebenfalls heranzuziehen. Sie
kann etwa dann in Betracht kommen, wenn die Annahme eines konkludenten
Gesellschaftsvertrags aufgrund der Fallgestaltung ausscheidet, die
Arbeitsleistungen aber erheblich über bloße Gefälligkeiten oder das, was das
tägliche Zusammenleben erfordert, hinausgehen und zu einem messbaren und
noch vorhandenen Vermögenszuwachs des anderen Partners geführt haben. Da
nichteheliches Zusammenleben allerdings keine Beistandspflichten begründet,
kann - anders als im Verhältnis von Ehegatten zueinander - hier freilich
nicht gefordert werden, dass der Rahmen derartiger Leistungen überschritten
wird. Erbringt einer der Partner unter solchen Umständen Arbeitsleistungen,
so kann davon auszugehen sein, dass diese Leistungen nach einer
stillschweigenden Übereinkunft mit dem anderen Partner zur Ausgestaltung der
Lebensgemeinschaft erbracht werden und darin ihre Geschäftsgrundlage haben.
32 c) Bei der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Zuwendungen zurückerstattet oder Arbeitsleistungen ausgeglichen werden müssen,
ist zu berücksichtigen, dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat,
dem anderen diese Leistungen zu gewähren. Ein korrigierender Eingriff ist
grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der
durch die Leistungen geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und
Glauben nicht zuzumuten ist. Insofern erscheint es sachgerecht, auf den
Maßstab zurückzugreifen, der für den Ausgleich von Zuwendungen unter
Ehegatten gilt, die im Güterstand der Gütertrennung leben (vgl. hierzu
Senatsurteil vom 23. April 1997 - XII ZR 20/95 - FamRZ 1997, 933 m.w.N.).
Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur
wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen
Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine
Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls, in die auch der Zweck der
Zuwendung einzubeziehen sowie zu berücksichtigen ist, inwieweit dieser Zweck
erreicht worden ist.
33 Hinsichtlich der Frage, inwieweit wegen Arbeitsleistungen ein Ausgleich
zu gewähren ist, muss zusätzlich beachtet werden, dass für die erbrachten
Leistungen keine Bezahlung, sondern nur eine angemessene Beteiligung an dem
gemeinsam Erarbeiteten verlangt werden kann (BGHZ 84, 361, 368). Der
Ausgleichsanspruch ist dabei in zweifacher Weise begrenzt: zum einen durch
den Betrag, um den das Vermögen des anderen zur Zeit des Wegfalls der
Geschäftsgrundlage noch vermehrt ist, zum anderen durch die ersparten Kosten
einer fremden Arbeitskraft (vgl. insoweit zum Ausgleich unter Ehegatten
Jo-hannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1414 Rdn. 24; Haas FamRZ 2002,
205, 216, Schulz FamRB 2005, 142, 145 f.).
34 Eine den danach maßgeblichen Anforderungen entsprechende Beurteilung des
Sachverhalts hat das Berufungsgericht - auf der Grundlage der bisherigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - nicht vorgenommen.
35 9. Daher kann das angefochtene Urteil im Umfang des Revisionsangriffs
keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen, auch zur
streitigen Höhe der Zuwendungen, nachzuholen haben wird. Im weiteren
Verfahren wird die Klägerin
auch Gelegenheit haben, zu einem eventuellen Bereicherungsanspruch nach §
812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB vorzutragen.
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