Begriff des "Senders"
von Gewinnmitteilungen (§ 661a BGB) bei Handeln unter fremden Namen
BGH, Urteil vom 23. Juni
2005 - III ZR 4/04
Fundstelle:
NJW-RR 2005, 1365
Amtl. Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmer,
der Verbrauchern unter falschem Namen Gewinnmitteilungen zukommen läßt,
"Sender" einer Gewinnzusage nach § 661a BGB ist (im Anschluß an die
Senatsurteile vom 7. Oktober 2004 - III ZR 158/04 -
NJW 2004, 3555 und vom 9. Dezember 2004 - III
ZR 112/04 - NJW 2005, 827).
Zentrale Probleme:
Es geht im Anschluß an
BGH NJW 2005, 827
sowie
BGH NJW 2004, 3555
wiederum um die Frage, wer "Sender" einer Gewinnzusage und damit Haftender
aus § 661a BGB ist. Der BGH bestätigt und präzisiert, daß im Fall des
Gebrauchs des Namens einer existenten anderen (juristischen) Person der
tatsächliche Veranlasser der Absendung
als "Sender" i.S.v. § 661a BGB ansehen ist (Handeln unter
fremden Namen, zum Handeln unter falschem Namen s.
BGH NJW 2005, 827).
Mit dem in
BGH NJW 2004, 3039 behandelten Problem der
Durchgriffshaftung einer "hinter" einer tatsächlich existierenden
juristischen Person stehenden natürlichen Person (also etwa des
Geschäftsführers/Alleingesellschafters einer GmbH) hat dies nichts zu tun.
Bei der Frage nach dem anwendbaren Recht behilft sich der BGH in den bisher
entschiedenen noch mit einer nachträglichen konkludenten Rechtswahl im
Prozeß (Art. 27 EGBGB), die Frage der internationalen Zuständigkeit
deutscher Gerichte bei Gewinnmitteilungen aus dem Ausland ist hingegen mittlerweile im Ergebnis geklärt
(s. dazu EuGH Urteil v. 11.7.2002 Rs. C-96/00
"Gabriel",
OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.2.2002, 8 U 228/01 sowie
NJW 2003, 426 = BGHZ 153, 82).
Auch die Verfassungsmäßigkeit ist geklärt (s.
BGH
NJW 2003, 3620 sowie s. Beschl. des BVerfG v. 5.1.2004 - 1 BvR 2518/03 = NJW 2004,
762 (im Volltext unter
www.bverfg.de/entscheidungen/ rk20040105_1bvr251803.html).
Bei den jüngsten Entscheidungen geht es hauptsächlich um die materiellrechtlichen
Probleme von § 661a BGB (s. dazu BGH NJW 2004, 1652).
S. auch die die Anm. zu LG Braunschweig v.
10.1.2002 - 10 O 2753/00 sowie
BGH NJW
2003, 426 ff; s. ferner OLG Dresden v. 19.12.2001, 8 U 2256/01. Zur Internationalen Zuständigkeit s.
auch
OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.2.2002, 8 U 228/01.
Zu den wettbewerbsrechtlichen Aspekten s.
BGH NJW-RR 2001, 1574.
Zur Verfassungskonformität von § 661a BGB s. BGH
NJW 2003, 3620.
©sl 2005
Tatbestand:
Im Juli 2001 erhielt der Kläger einen Bestellprospekt von "H. & H. ". Dort
hieß es u.a. auf der Vorderseite:
"Ihnen wurde per Zufallsprinzip vom
Computer eine Prämien-Nr. zugeordnet. Wenn diese übereinstimmt, steht
Ihnen eine Prämie zu. ..."
und auf der Rückseite:
"Um zu erfahren, welche Prämie Ihnen
gehört, müssen Sie einfach nur die Prämiennummer auf dem
Dankes-Prämien-Abruf freirubbeln und mit den unten stehenden Nummern
vergleichen.
Prämie 1 Nr. 33541 High-Quality Farbfernseher oder 5.000,- DM in bar."
Die Prämiennummer auf dem
"Dankes-Prämien-Abruf" stimmte mit derjenigen im Prospekt überein. Der
Kläger kreuzte an, daß er 5.000 DM in bar wünsche, und sandte den
"Dankes-Prämien-Abruf" sowie eine Warenbestellung an die angegebene Adresse
"H. & H. , z.H. Frau T. , PB 202W1G/01 NL-7080 GL G.
Ende September/Anfang Oktober 2001 ging dem Kläger ein Katalog von "C. V. "
sowie ein Schreiben der "V. Beurkundung- und Finanzgruppe E.G." zu. Danach
stand der Kläger "100 %ig als Gewinner" von 125.000 DM "fest". Einem der
Sendung beigefügten Schreiben von "C. V. " war zu entnehmen, daß ferner als
"Prämie" ein Fernsehgerät oder
"4.050,- DM in bar" abgerufen werden könnten. Entsprechend der in dem
Schreiben gegebenen Anleitung sandte der Kläger das mit dem
"Bestätigungs-Etikett" versehene "Teilnahme-Zertifikat", den "Prämien-Abruf"
und eine "Unverbindliche Warenanforderung zum Test" zurück.
Mit Schreiben vom 29. November 2001 schickte die - während des
Revisionsverfahrens insolvent gewordene - A. Import- Export GmbH & Co. KG
(im folgenden: Schuldnerin), die für C. V. S.L. und H. & H. V. S.L. tätig
geworden sein will, dem Kläger einen Verkaufsprospekt mit dem Aufdruck "Ch.
" sowie eine Broschüre der "P. -AG".
Dort wurde dem Kläger versprochen, er werde am 21. Dezember 2001 in einem
Mercedes 600 nach Bonn chauffiert, wo er die in einem Tresor befindlichen
34.796 DM entgegennehmen könne. Wie erbeten sandte der Kläger die
Testanforderung zurück.
Der Kläger erhielt die versprochenen Gewinne nicht. Er nimmt die Schuldnerin
als Versender einer Gewinnzusage nach § 661a BGB in Anspruch. Bei der
Versendung der Kataloge und der Gewinnzusagen sei die Schuldnerin unter dem
Namen "C. V. " und "H. & H. " aufgetreten. Sie - und nicht die im
Handelsregister von Santa Cruz de Tenerife/Spanien eingetragenen C. V. S.L.
und H. & H. S.L. - habe den Versandhandel betrieben.
Der Kläger hat zunächst von der Schuldnerin Zahlung der angeblichen Gewinne
in Höhe von insgesamt 86.329,59 € (= 2.556,46 € <5.000 DM> + 63.911.49 € <=
125.000 DM> + 2.070,73 € <= 4.050 DM> + 17.790,91 € <= 34.796 DM>) nebst
Zinsen verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen; das
Berufungsgericht hat die Revision zugelassen.
Das mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
beklagten Schuldnerin im Revisionsrechtszug unterbrochene Verfahren hat der
Kläger gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter aufgenommen; er beantragt
nunmehr, seine Forderung in Höhe von 100.761,31 € (= 86.329,60 € + 14.431,72
€ kapitalisierte Zinsen) zur Insolvenztabelle festzustellen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat - soweit hier von Bedeutung - ausgeführt:
Die Schuldnerin sei nicht als Sender im Sinne vom § 661a BGB anzusehen. Sie
sei allenfalls am Versandhandel von C. V. und H. & H. beteiligt gewesen.
"Sender" wäre sie nur dann gewesen, wenn es sich bei "C. V. " und "H. & H. "
um von ihr benutzte Fantasiebezeichnungen gehandelt hätte. Das sei jedoch
nicht der Fall gewesen. C. V. S.L. sowie H. & H. S.L. seien im spanischen
Handelsregister eingetragene Gesellschaften. Sie - und nicht die Schuldnerin
- gingen aus den Verkaufsprospekten, die den Gewinnzusagen beigefügt gewesen
seien, als Erklärende hervor.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Nach dem
im Revisionsrechtszug maßgeblichen Sachverhalt kommt die von dem Kläger
begehrte Feststellung (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO) eines Anspruchs nach
§ 661a BGB nebst Zinsen in Betracht.
Gemäß § 661a BGB hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare
Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser
Zusendungen den Eindruck erweckt, daß der Verbraucher einen Preis gewonnen
hat, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten. Diese Anspruchsvoraussetzungen
können auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts und der
unwiderlegten Behauptungen des Klägers nicht verneint werden.
1. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, bei den
vorbeschriebenen, dem Kläger zugegangenen Sendungen habe es sich um
Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen gehandelt. Das läßt
Rechtsfehler nicht erkennen.
2. a) "Sender" im Sinne des § 661 a BGB ist derjenige Unternehmer, den
ein durchschnittlicher Verbraucher in der Lage des Empfängers einer
Gewinnzusage als Versprechenden ansieht. Als "Sender" einer Gewinnzusage
nach § 661 a BGB können ferner solche Unternehmer in Anspruch genommen
werden, die Verbrauchern unter nicht existierenden oder falschen Namen,
Firmen, Geschäftsbezeichnungen oder Anschriften Gewinnmitteilungen zukommen
lassen (vgl. die - nach Erlaß des Berufungsurteils ergangenen -
Senatsurteile vom 7. Oktober 2004 - III ZR 158/04 -
NJW 2004, 3555, 3556 und vom 9. Dezember 2004
- III ZR 112/04 - NJW 2005, 827). "Sender" kann auch derjenige
Unternehmer sein, der unter fremdem Namen, d.h. unter dem Namen einer
anderen - existierenden - (natürlichen oder juristischen) Person handelt
(vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 aaO).
Das hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, verkannt. Denn
es hat die Qualifikation der Schuldnerin als "Sender" davon abhängig
gemacht, daß die Namen, unter denen sie auftrat ("C. V. ", "H. & H. "),
Fantasiebezeichnungen waren; das war nicht der Fall, weil es eine C. V. S.L.
und eine H. & H. S.L. als Gesellschaften spanischen Rechts tatsächlich gab.
b) Entsprechend dem oben wiedergegebenen weiter gefaßten Senderbegriff
kommt hier in Frage, der Schuldnerin die Versendung der Gewinnmitteilungen
unter der Bezeichnung "C. V. " und "H. & H. nach den Grundsätzen des
Handelns unter fremdem Namen zuzurechnen. Die Schuldnerin führte
unstreitig "Tätigkeiten im Versandhandel" aus. Nach dem von der Revision
herangezogenen Vortrag des Klägers betrieb in Wahrheit die Schuldnerin den
Versandhandel: Die C. V. S.L. und die H. & H. S.L. verfügten nicht über
Rufnummern; die Schuldnerin stellte die in den Katalogen genannten
Telefonnummern zur Verfügung. Die Satz- und Lithographiearbeiten für die
Kataloge sowie die Buchführung wurden von ihr erledigt. Die Adressen
stammten von ihr und sie war Vertragspartner der Warenhersteller. Über eine
M. GmbH & Co. KG versandte sie die Werbeschreiben und besorgte den
Paketversand. Diesem Vorbringen ist die Beklagte nur mit der pauschalen
Behauptung entgegengetreten, sie habe alle Tätigkeiten als Geschäftsbesorger
für die C. V. S.L. und die H. & H. S.L. ausgeübt. Hierdurch ist sie, wie die
Revision zu Recht rügt, ihrer sekundären Darlegungslast nicht hinreichend
nachgekommen. An diese sind entsprechend dem Schutzzweck des § 661a BGB
keine geringen Anforderungen zu stellen.
Zudem liegt - worauf die Revision mit Recht hinweist - nahe, daß bei dem
Kläger, dem Empfänger der Gewinnmitteilungen, keine konkrete Vorstellung
über die Identität des Versenders bestand (vgl. Senatsurteil vom
9. Dezember 2004 aaO S. 827 f; BGH, Urteil vom
18. Januar 1988 - II ZR 304/86 -NJW-RR 1988, 814, 815). Ihm dürfte es
letztlich nur auf den Handelnden, nach seinem Vorbringen die Schuldnerin,
angekommen sein.
III. Der Senat ist gehindert, selbst abschließend zu entscheiden. Das
Berufungsgericht wird aufgrund der neuen Verhandlung zu dem
ergänzungsbedürftigen Vortrag der Parteien Feststellungen zu treffen haben.
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