Nacherfüllung durch Lieferung einer mangelfreien
Sache bei Modellwechsel gegen Zuzahlung; Einwand der Unverhältnismäßigkeit
der Nacherfüllung durch Neulieferung gem. § 439 Abs. 3 BGB a.F. (= § 439
Abs. 4 BGB n.F.); Darlegungs- und Beweislast für die Möglichkeit der
Nacherfüllung durch Mängelbeseitigung ("Diesel-Skandal")
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2021 - VIII ZR 190/19 - OLG
Braunschweig
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Verlangt
der Käufer einer mangelhaften Sache, die nicht mehr hergestellt wird, die
Lieferung eines mangelfreien Nachfolgemodells, kann im Rahmen der nach
beiden Seiten interessengerechten Auslegung der zum Vertragsschluss
führenden Willenserklärungen bei einem erheblichen Mehrwert der Ersatzsache
Anlass bestehen zu prüfen, ob die Parteien bei Vertragsschluss die
Ersatzlieferung eines Nachfolgemodells (insbesondere bei Fahrzeugen)
übereinstimmend nur gegen eine vom Käufer zu leistende Zuzahlung als
austauschbar mit dem ursprünglich gelieferten Kaufgegenstand angesehen haben
(Bestätigung der Senatsurteile vom 21. Juli
2021 - VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 56, zur Veröffentlichung in
BGHZ bestimmt; VIII ZR 118/20, juris Rn. 60; VIII ZR 275/19, juris Rn. 57;
VIII ZR 357/20, juris Rn. 55).
b) Danach erscheint bei beiderseits
interessengerechter Vertragsauslegung bei einem erheblichen Mehrwert des im
Wege der Nachlieferung verlangten Nachfolgemodells eines nicht mehr
hergestellten Fahrzeugs, der ab einem Anstieg des Listenpreises von einem
Viertel anzunehmen ist, in der Regel eine Zuzahlung in Höhe eines Drittels
dieser Differenz als angemessen. In Ausnahmefällen mag unter
Berücksichtigung der vom Tatrichter umfassend zu würdigenden Umstände eine
höhere Zuzahlung in Betracht kommen, die jedoch die Hälfte dieser Differenz
nicht überschreiten darf (Fortentwicklung der Senatsurteile vom
21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO; VIII
ZR 118/20, aaO; VIII ZR 275/19, aaO; VIII ZR 357/20, aaO).
c) Beruft der Verkäufer sich auf die Einrede der
Unverhältnismäßigkeit, muss er darlegen und erforderlichenfalls beweisen,
dass die dem Käufer angebotene Nachbesserung den Kaufgegenstand in den
geschuldeten vertragsgemäßen Zustand versetzt, insbesondere den vorhandenen
Sachmangel vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt.
b)
Dabei ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass die Freiheit des
Kaufgegenstands von (Folge-)Mängeln nach Vornahme einer noch ausstehenden
Nachbesserung eine negative Tatsache darstellt und der Verkäufer diesen
Negativbeweis nicht allumfassend und allgemein führen kann. Daher muss der
Käufer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast - im Rahmen des
ihm (als technischen Laien) Zumutbaren - konkret vortragen, aus welchem
Grund die als Nachbesserung angebotene Maßnahme nach seiner Auffassung nicht
zu einem Zustand führt, der frei von (Folge-)Mängeln ist.
c) Der
Käufer darf sich dabei auch auf nur vermutete Tatsachen stützen, wenn er
mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in komplexe technische
Zusammenhänge - hier die Funktionsweise eines Software-Updates zur
Beseitigung einer unzulässigen Abschalteinrichtung
(Prüfstanderkennungssoftware) - keine genaue Kenntnis von den
Auswirkungen einer ihm angebotenen Nachbesserungsmaßnahme haben kann.
Zentrale Probleme:
Es handelt sich gleichsam um die Nachfolgeentscheidung zu
BGH v. 21.7.201 - VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958.
Die Entscheidung ist wiederum sehr lang, ja stellenweise redundant und
schwer lesbar (im Original 50 Seiten/114 Randnummern/8 Gliederungsebenen!).
Der textliche Aufwand und der Zitataufwand macht das Urteil aber nicht
besser, sondern - wie leider viele Urteile des VIII. Senats in jüngerer Zeit
- stellenweise schwer nachvollziehbar und vor allem nicht logischer. Er gibt
letztlich nur eine Scheinbegründung für eine in weiten Teilen von objektiven
Billigkeitserwägungen getragene Entscheidung, die dogmatisch schwer
nachvollziehbar ist:
Im Mittelpunkt steht wiederum die die Frage,
unter welchen Voraussetzungen ein Kfz-Käufer im Rahmen der Nacherfüllung
gem. § 439 Abs. 1 BGB die Lieferung eines neuen Fahrzeugs verlangen kann,
wenn das ursprünglich gekaufte Modell mittlerweile wegen eines
Modellwechsels nicht mehr produziert wird, sondern von einem
(weiterentwickelten) Nachfolgemodell abgelöst wurde. Der Senat hatte dies in
BGH v. 21.7.201 - VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958
bejaht, wenn dies
(hypothetischen) Parteiwillen der Parteien entspricht und letzteren sehr
weit gezogen: Angesichts der Interessenlage der Parteien sei eine solche
Verpflichtung anzunehmen, wenn der Anspruch auf Nacherfüllung durch
Lieferung des Nachfolgemodells innerhalb von 2 Jahren nach Vertragsschluss
(nicht Gefahrübergang!) geltend gemacht werde (s. dazu die Anm. zu
BGH v. 21.7.201 - VIII ZR
254/20). Hier geht es nun darum, dass bei einem
erheblichen Mehrwert des Nachfolgemodells diese Art der Nacherfüllung nur
gegen eine "angemessene Zuzahlung" des Käufers
in Betracht komme. Diesen "erheblichen Mehrwert"
legt der Senat ab einbem Anstieg des Listenpreises des Fahrzeugs von 1/4
fest, angemessen sei dann eine Zuzahlung von einem Drittel des jeweiligen
Mehrwerts. Das alles begründet der Senat - wie schon in
BGH v. 21.7.201 - VIII ZR
254/20 - mit einem hypothetischen Parteiwillen,
dessen Herleitung aber weitgehend im Dunkeln bleibt. So ist vom
"wohlverstandenen Interesse" der Parteien
die Rede. Allein der Begriff "interessengerechte
Auslegung" erscheint 16 mal im Entscheidungstext, ohne auch nur auf einen
Ansatzpunkt eines solchen (hypothetischen) Parteiwillens zu nennen. Wie der
Senat zu den genannten Grenzwerten kommt (Zuzahlungspflicht i.H.v. 1/3 des
Preisanstiegs ab Listenpreiserhöhung von 1/4) bleibt ebenfalls im Dunkeln.
Jedenfalls wird hier der Rahmen eines (hypothetischen) übereinstimmenden
Willens der Vertragsparteien deutlich überschritten.
Damit stellt
sich dann das Folgeproblem, ob der Verkäufer in einem solchen Fall nach §
439 Abs. 3 BGB a.F. (jetzt: § 439 Abs. 4 BGB) die vom Käufer gewählte Art
der Nacherfüllung verweigern darf, weil ein - für den Verkäufer deutlich
günstigeres - Softwareupdate zur Verfügung steht. Im Grundsatz ist es
vollkommen richtig, dass dabei der die Einrede erhebende Verkäufer
nachzuweisen hat, dass die alternative Nacherfüllungsart (hier:
Mängelbeseitigung) nicht nur den Mangel beseitigt, sondern auch keine
Folgeschäden verursacht. Zutreffend ist auch, dass dabei der Käufer eine
sekundäre Darlegungslast hinsichtlich solcher möglicher Folgeschäden hat.
Dass dabei aber reine laienhafte Vermutungen des Käufers ausreichen sollen,
führt dazu, dass dieser letztlich unsubstantiierte Befürchtungen geltende
machen kann, deren Widerlegung für den Verkäufer nahezu unmöglich wird.
©sl 2022
Tatbestand:
1 Mit Kaufvertrag vom 13. Juni 2015 erwarb der Kläger von der
Beklagten, einer nicht markengebundenen Kraftfahrzeughändlerin, zum Preis
von 19.910 € brutto ein aus dem EU-Ausland reimportiertes Fahrzeug der
lediglich bis Juni 2015 gebauten dritten Generation des Modells VW Caddy 1,6
TDI. Der Kaufvertrag enthält nähere Angaben zur vereinbarten Ausstattung,
zum Kraftstoffverbrauch und zur Abgasklasse (EURO 5).
2 Das dem
Kläger am 16. Juni 2015 übergebene Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der
Baureihe EA 189 ausgestattet, dessen Motorsteuerungssoftware den
Prüfstandlauf erkennt und in diesem Fall über eine entsprechende
Programmierung den Ausstoß an Stickoxiden (NOx-Werte) verringert, indem sie
in den "Modus 1" schaltet, bei dem eine höhere Abgasrückführung als bei dem
im normalen Fahrbetrieb aktivierten "Modus 0" stattfindet
(Prüfstanderkennungssoftware).
3 Das Kraftfahrt-Bundesamt
beanstandete diese Software als unzulässige Abschalteinrichtung und ordnete
einen Rückruf der davon betroffenen Fahrzeuge an. Mit Bescheid vom 3.
November 2016 ("Freigabe- und Unbedenklichkeitserklärung") gab das
Kraftfahrt-Bundesamt ein vom Fahrzeughersteller auch für das vom Kläger
erworbene Modell zur Beseitigung der
Prüfstanderkennungssoftware entwickeltes Update frei. Im Dezember 2016
informierte der Hersteller den Kläger, dass für sein Fahrzeug eine
kostenfreie "Service-Maßnahme" zur Verfügung stehe, und bat um eine
Terminvereinbarung zu deren Umsetzung.
4 Der Kläger, der dies
ablehnte, verlangte mit Anwaltsschreiben vom 8. Mai 2017, welches der
Beklagten am Folgetag auf dem Postweg zuging, ihm einen mangelfreien und
vertragsgemäßen Neuwagen zu liefern. Seit Juli 2015 wird statt des vom
Kläger erworbenen Fahrzeugmodells das Nachfolgemodell Caddy IV hergestellt.
5 Mit der am 24. Mai 2017 eingegangenen Klage hat der Kläger begehrt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm "[...] ein mangelfreies fabrikneues
typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des
Herstellers mit gleichartiger und gleichwertiger technischer Ausstattung wie
das Fahrzeug VW Caddy 1,6 TDI, Fahrzeug-Ident-Nr. [.]" Zug um Zug gegen
Rückübereignung des vorgenannten Fahrzeugs zu liefern. Ferner hat der Kläger
die Feststellung des Verzugs der Beklagten mit der Rücknahme des von ihm
erworbenen Fahrzeugs sowie die Freistellung von vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat die Nachlieferung verweigert,
weil diese gemessen an den Kosten einer Nachbesserung durch das
Software-Update unverhältnismäßig sei.
6 Die Klage hat in den
Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
7 Die Revision hat Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht (OLG Braunschweig, DAR 2019, 517) hat zur
Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9 Der
Klageantrag zu 1, der auf die Nachlieferung eines mangelfreien fabrikneuen
und typgleichen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion des
Herstellers mit gleichartiger und gleichwertiger technischer Ausstattung
wie das vom Kläger erworbene Fahrzeug gerichtet sei, sei mangels
hinreichender Bestimmtheit bereits unzulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Für
die eventuelle Zwangsvollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher bleibe
unklar, was mit "gleichartiger und gleichwertiger technischer Ausstattung"
gemeint sei. Es könne nicht dem Vollstreckungsorgan überlassen bleiben, die
Kriterien für eine ordnungsgemäße Erfüllung des vom Kläger im Jahr 2015
erworbenen Fahrzeugs zu ermitteln und diese mit den Ausstattungs- und
Aufpreislisten des Herstellers für die aktuelle Fahrzeuggeneration zu
vergleichen. Bei der gewählten Fassung des Klageantrags sei dies indes
erforderlich. Abgesehen davon, dass das Kriterium der "technischen
Ausstattung" reine Komfortausstattungen, wie zum Beispiel eine bestimmte
Farbe, nicht erfasse, lasse die gewählte Antragsfassung nicht erkennen,
welche der zahlreichen technischen Details eines Fahrzeugs als "gleichartige
und gleichwertige Ausstattung" anzusehen seien. Dies ergebe sich auch nicht
aus der im Klageantrag genannten Fahrzeugidentifikationsnummer.
10
Jedenfalls habe das Landgericht die Klage bezüglich des Klageantrags zu 1 zu
Recht als unbegründet abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers gegen die
Beklagte aus § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3, § 437
Nr. 1, § 439 BGB sei nicht gegeben. Daraus folge zugleich die
Unbegründetheit der Klageanträge zu 2 und 3 (Verzug der Beklagten mit der
Rücknahme des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs, Freistellung von
vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten).
11 Entgegen der Auffassung der
Beklagten sei das Fahrzeug allerdings mit einem Sachmangel behaftet. Ein
Kraftfahrzeug eigne sich grundsätzlich nur dann für die gewöhnliche
Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, wenn es bei
Gefahrübergang eine Beschaffenheit aufweise, die weder seine weitere
Zulassung zum Straßenverkehr hindere noch ansonsten seine Gebrauchsfähigkeit
aufhebe oder beeinträchtige. Daran fehle es, wenn - wie hier - die
elektronische Steuerung des Motors den Prüfstandbetrieb erkenne und
daraufhin die Abgasreinigungstechnik und -kontrolle vom normalen Ablauf
("Modus 0") in einen anderen Betriebsablauf ("Modus 1") umschalte. Dies
bedeute, dass das Fahrzeug die der Zulassung und Schadstoffklasseneinordnung
zugrundeliegenden Abgaswerte ausschließlich unter den Idealbedingungen des
Prüfstandbetriebs erreiche, nie jedoch im praktischen Fahrbetrieb. Danach
sei der vom Kläger erworbene Pkw als mangelhaft anzusehen, weil er entgegen
Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG mit einer unzulässigen
Abschalteinrichtung ausgeliefert worden sei, die infolge des Risikos einer
behördlichen Betriebsuntersagung oder -beschränkung dessen Eignung
einschränke.
12 Es komme nicht entscheidend darauf an, ob daneben
auch das On-Board-Diagnosesystem mangelhaft sei. Denn es sei nur eine
Fortwirkung des vorbezeichneten Mangels, dass das On-Board-Diagnosesystem
naturgemäß auf die Motorsteuerung abgestimmt sei und deshalb die
systemtypische Umschaltung zwischen Prüfstand- und Normalbetrieb nicht als
Fehler melde.
13 Mit dem Vorliegen eines Sachmangels sei dem Kläger
zwar grundsätzlich der Weg des Nacherfüllungsverlangens gemäß § 437 Nr. 1, §
439 Abs. 1 BGB eröffnet. Ein Anspruch auf Neulieferung eines Fahrzeugs stehe
dem Kläger jedoch zumindest unter dem Gesichtspunkt der
Unverhältnismäßigkeit (§ 439 Abs. 3 BGB aF) nicht zu.
14 Geschuldet
sei laut Kaufvertrag ein Pkw VW Caddy III in der bis Juni 2015 gebauten Form
mit einem 1,6-l-TDI-Motor mit 75 kW. Vergeblich berufe sich die Beklagte
darauf, diese Version sei nicht mehr bestellbar, weil sie seit Juni
2015 nicht mehr produziert und stattdessen das Modell Caddy IV hergestellt
werde. Den Verkäufer treffe die Verpflichtung zur Ersatzbeschaffung einer
gleichartigen und gleichwertigen Sache, zumal gerade beim Kauf eines
Neufahrzeugs mit dem Markteintritt eines Nachfolgemodells allgemein
gerechnet werde.
15 Gemäß § 439 Abs. 1 BGB komme als Nacherfüllung
jedoch außer der vom Kläger begehrten Nachlieferung auch die Nachbesserung
in Betracht. Entgegen der Ansicht des Klägers scheide die Nachbesserung
durch ein Aufspielen des Software-Updates (sowie das Anbringen eines
Strömungsgleichrichters) nicht deshalb aus, weil sie ohne verbleibende
Schäden nicht möglich und damit der zur Feststellung der
Unverhältnismäßigkeit notwendige Vergleich zwischen den Kosten der begehrten
Neulieferung und der Nachbesserung ausgeschlossen wäre.
16 Soweit der
Kläger das Vorhandensein einer mit dem Software-Update verbundenen anderen
Abschalteinrichtung bei Außentemperaturen unter 15 Grad Celsius und über 33
Grad Celsius sowie oberhalb von 250 m Seehöhe behaupte, sei er den
detaillierten Erklärungen der Beklagten, ein solches
sogenanntes "Thermofenster" sei zum Schutz der "Bauteile" erforderlich und
die Höhenbeschränkung nicht vorhanden, nicht weiter entgegengetreten.
17 Das Vorbringen des Klägers, das Software-Update führe zu stärker
verstopften Abgasrückführungsventilen, einem Ruckeln, einem Leistungsverlust
des Motors sowie zu einem höheren Kraftstoffverbrauch sei nicht konkret
genug. Dies gelte schon deshalb, weil durchaus unsicher sei, wieviel von den
nur allgemein geäußerten Vermutungen des Klägers überhaupt auf den hier
streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zutreffe. Vor allem aber habe das
Kraftfahrt-Bundesamt mit seiner Freigabeerklärung vom 3. November 2016 die
dauerhafte Funktionsfähigkeit des Systems bescheinigt, ohne dass der Kläger
dagegen konkrete Einwände erhoben habe.
18 Soweit der Kläger konkret
geltend mache, das Software-Update verursache eine massive Erhöhung des
Dieselpartikelausstoßes, so dass der Dieselpartikelfilter leide, betreffe
dies eine abgasreduzierende Einrichtung, die nach der Freigabeerklärung des
Kraftfahrt-Bundesamtes aber hinsichtlich Funktion und Lebensdauer nicht zu
beanstanden sei. Soweit der Kläger allgemein eine geringere Lebensdauer des
Motors beanstande, trage er angesichts des Bestreitens der Beklagten in
keiner Weise vor, welche Teile außerhalb des Abgasreinigungssystems konkret
davon voraussichtlich betroffen seien.
19 Ohne Substanz behaupte der
Kläger einen auch nach der Installation des Software-Updates (und des
Strömungsgleichrichters) verbleibenden Minderwert des Fahrzeugs. Zum einen
könne - anders als bei einem reparierten Unfallfahrzeug - nach Vornahme der
vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Maßnahme von einem merkantilen
Minderwert nicht die Rede sein. Im Übrigen sei der Markt für
Gebrauchtfahrzeuge derart transparent, dass dem Kläger der Vortrag
eines konkret bezifferten Minderwerts zumutbar sei.
20 Im Hinblick
darauf, dass auch eine Nachbesserung möglich sei, bestehe gemäß § 439 Abs. 3
BGB aF kein Anspruch auf Neulieferung. Denn letztere sei nur mit
unverhältnismäßigen Kosten möglich (relative Unverhältnismäßigkeit). Für die
Frage der relativen Unverhältnismäßigkeit seien die Kosten der Nacherfüllung
der verlangten Art mit der anderen möglichen Art zu vergleichen.
Insoweit sei von dem Verkaufswert der Sache in mangelfreiem Zustand
auszugehen und dieser mit den Kosten einer Nachbesserung zu vergleichen. Von
Bedeutung seien ferner die Auswirkungen des Mangels für den Käufer und
etwaige Nachteile bei der anderen Art der Nacherfüllung.
21 Hier
behaupte die Beklagte Beschaffungskosten eines gleichwertig ausgestatteten
Modells VW Caddy IV mit 75-kW-Motor von 27.536,60 €. Davon abzuziehen sei
der bei der Beklagten verbleibende Wert des vom Kläger zurückzugebenden
Fahrzeugs, den sie mit 11.178 € errechnet habe. Dem habe der Kläger nichts
von Substanz entgegengehalten. Selbst nach seiner Berechnung habe
die Beklagte 11.849,10 € für die Nachlieferung aufzuwenden.
22 Dies
stehe in keinem Verhältnis zu den Umrüstkosten von rund 100 €, die für das
Aufspielen des Updates (nebst Montage des Strömungsgitters) anfielen und dem
Kunden nicht in Rechnung gestellt würden. Die Kosten für die Entwicklung des
Software-Updates seien nicht hinzuzurechnen, zumal diese Kosten nicht der
Beklagten, sondern dem Hersteller entstanden seien. Ungeachtet dessen habe
die Beklagte die Kosten der Umrüstung mit umgerechnet lediglich 7 € pro
Einzelfahrzeug beziffert. Selbst unter Berücksichtigung der
Entwicklungskosten für das Software-Update erhöhe sich der Gesamtaufwand
insgesamt umgerechnet auf lediglich 74,97 € brutto pro Fahrzeug. Der Kläger
habe hingegen nur pauschal Nachbesserungskosten von 4.000 bis 5.000 € pro
Fahrzeug behauptet. Im Vergleich zu maximal 100 €
Nachbesserungskosten wäre die Neulieferung für die Beklagte mit 11.849,10 €
somit um mehr als das 117-fache teurer und damit unverhältnismäßig.
23 Die Bedeutung des Mangels rechtfertige im gegebenen Fall eine andere
Bewertung nicht. Die Gefahr einer Stilllegung des vom Kläger erworbenen
Fahrzeugs habe jedenfalls zur Zeit der Geltendmachung des Anspruchs
gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 8. Mai 2017 nicht mehr bestanden,
nachdem die vom Hersteller entwickelten Abhilfemaßnahmen vom
Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt und dem Kläger vom Hersteller des Fahrzeugs
angeboten worden seien. Es könne auch nicht außer Betracht bleiben, dass der
Kläger das Fahrzeug seit dem Erwerb unstreitig uneingeschränkt nutzen könne
und tatsächlich nutze.
II.
24 Diese Beurteilung hält
rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung, der Klageantrag zu 1 sei mangels
hinreichender Bestimmtheit unzulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), jedenfalls
aber sei die Klage unbegründet, weil die Beklagte sich auf die Einrede der
Unverhältnismäßigkeit berufen könne (§ 439 Abs. 3 BGB aF), kann ein Anspruch
des Klägers auf Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache gemäß § 437 Nr. 1,
§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht verneint werden.
25 1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Klage bereits als
unzulässig angesehen, weil der auf die Lieferung eines Nachfolgemodells
gerichtete Klageantrag zu 1 den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO nicht genüge.
26 a) Das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO dient dazu, den Streitgegenstand abzugrenzen und zugleich die
Grundlage für eine etwa erforderliche Zwangsvollstreckung zu schaffen. Daran
gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den
erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen
Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der
materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen
lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare
Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine
Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne Fortsetzung des Streits im
Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (st. Rspr.; siehe BGH, Urteile vom
21. März 2018 - VIII ZR 68/17, BGHZ 218, 139 Rn. 15; vom 9. März 2021 - VI
ZR 73/20, NJW 2021, 1756 Rn. 15; vom 21. Juli
2021 - VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 19, zur Veröffentlichung in
BGHZ bestimmt; VIII ZR 118/20, juris Rn. 24; VIII ZR 357/20, juris Rn. 17;
VIII ZR 275/19, juris Rn. 19; jeweils mwN).
27 b) Diesen Anforderungen
wird der Klageantrag zu 1 gerecht.
28 aa) Dabei kann hier dahinstehen, ob
die Vollstreckung - wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist - im Wege der
Wegnahme der Sache durch den Gerichtsvollzieher gemäß §§ 883 f. ZPO erfolgte
(so OLG Köln, Urteil vom 2. April 2020 - 18 U 60/19, juris Rn. 74) oder -
als Vornahme einer vertretbaren Handlung - durch Ersatzvornahme gemäß § 887
ZPO, etwa durch Bestellung eines entsprechenden Ersatzfahrzeugs durch den
Kläger bei einem anderen Händler, durchzuführen wäre (so OLG Karlsruhe,
NJW-RR 2019, 869 Rn. 46). Denn in beiden Fällen ließe sich anhand des
gestellten Antrags, der unter Berücksichtigung der Klagebegründung
auszulegen ist, und des auf seiner Grundlage geschaffenen Titels bei der dem
jeweiligen Vollstreckungsorgan obliegenden sachgerechten Auslegung des
Urteils (vgl. zur gebotenen Auslegung BGH, Beschluss vom 8. Juli 2020 - XII
ZB 334/19, NJW-RR 2020, 1137 Rn. 11 mwN) ohne weiteres beurteilen, inwieweit
der Vollstreckungsgegenstand der im Titel beschriebenen Sache entspricht.
29
bb) Das Berufungsgericht hat insoweit - wie die Revision mit Recht rügt
- übersehen, dass der Inhalt und die Reichweite des Klagebegehrens nicht nur
durch den Wortlaut des gestellten Klageantrags bestimmt wird; vielmehr ist
dieser unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen (st. Rspr.;
BGH, Urteile vom 21. März 2018 - VIII ZR 68/17, aaO Rn. 31; vom 21. Juni
2016 - II ZR 305/14, WM 2016, 1599 Rn. 12; vom 21. Februar 2012 - X ZR
111/09, NJW-RR 2012, 872 Rn. 23; Beschluss vom 8. Januar 2019 - VIII ZR
225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 39; jeweils mwN; siehe auch Senatsurteil vom 21.
Juli 2021 - VIII ZR 357/20, aaO Rn. 18 [markierter
Prospektauszug]; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Mai 2020 - 17 U
328/19, juris Rn. 62 [in der Fahrzeugrechnung dokumentierte Konfiguration]).
30
(1) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des
Landgerichts ist der Inhalt des Kaufvertrags Gegenstand der Klagebegründung.
Dort ist unter der Überschrift "Volkswagen Caddy 1,6 TDI, 105 PS, 7 Sitzer/
PDC/ BC/ Climatr." folgendes vereinbart:
"Aufbau: Van/Kleinbus, Leistung:
75 KW, Fahrgestell-Nummer: [...], Farbe: schwarz met., Getriebe: manuell 5
Gang, Hubraum: 1598 ccm, Treibstoff: Diesel, Anhängerkupplung: nein [.]."
31In der Rubrik "Ausstattung" ist angegeben:
"4 Airbags, 5 Türen, ABS,
Außentemperatur, Bordcomputer, Dachreling, ESP, elekr. Fenster, elektr.
Spiegel, fahrbereit, Frontantrieb, HU/AU neu, Klimaautomatik, Lederlenkrad,
metallic, Mittelarmlehne, PDC hi, Partikelfilter, Radio CD, Schiebetür,
Servolenkung, Traktionskontrolle, Wegfahrsperre, ZV mit FB; mp3-fähig".
32
(2) Aus der von den Parteien vereinbarten Ausstattung des gekauften Pkw kann
- da der Kläger ein gleichartiges und gleichwertiges Ersatzfahrzeug begehrt
- mit hinreichender Bestimmtheit auf die erforderliche Ausstattung des
gegebenenfalls nachzuliefernden Pkw aus der aktuellen Serienproduktion
geschlossen werden. Soweit Abkürzungen von Ausstattungsmerkmalen
verwendet werden, sind diese allgemein gebräuchlich; auch die
Revisionserwiderung beanstandet dies nicht.
33 Der von der
Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebrachte
Gesichtspunkt, das Nachfolgemodell werde mit verschiedenen Leistungsstärken
(ab 55 kW) angeboten, steht der Bestimmtheit des Klageantrags zu 1 - auch
vor dem Hintergrund der Schriftsätze des Klägers - ebenfalls nicht entgegen.
Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger in seiner Replik
vom 5. Januar 2018 - wie die Revision in der mündlichen Verhandlung zu Recht
geltend gemacht hat - vorgetragen hat, dass das Nachfolgemodell auch mit 75
kW angeboten wird. Damit ist der von der Revisionserwiderung
angeführte Umstand, dass der Kläger in der Klageschrift zunächst noch
vorgetragen hat, die PS-Zahl habe sich verändert, nicht geeignet, die
Unbestimmtheit des Klageantrags zu 1 zu begründen. Überdies war die Beklagte
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Lage, die Anforderungen
an die Konfiguration eines gleichartig und gleichwertig ausgestatteten
Fahrzeugs mit einem 75-kW-Motor zu bestimmen. Denn sie hat sich nicht
gehindert gesehen, die Beschaffungskosten für ein solches Fahrzeug präzise
vorzutragen. Soweit das Berufungsgericht schließlich gemeint hat, von dem
Kriterium der "technischen" Ausstattung seien reine Komfortmerkmale, wie
eine bestimmte Farbe, nicht erfasst, übersieht es, dass die Farbe
ausdrücklich im Kaufvertrag vereinbart ist.
34 2. Infolgedessen lässt sich
die Zurückweisung der Berufung mit der Begründung, der auf die Nachlieferung
eines Fahrzeugs aus der aktuellen Fahrzeuggeneration gerichtete Klageantrag
zu 1 sei mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig, nicht
aufrechterhalten. Ebenfalls zu Unrecht hat das Berufungsgericht insoweit in
einer Hilfsbegründung angenommen, die Klage sei jedenfalls unbegründet. Denn
wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Klage als unzulässig ansieht,
darf es sie nicht daneben oder stattdessen als unbegründet abweisen. Die
Ausführungen zur fehlenden Begründetheit gelten in seinem solchen Fall als
nicht geschrieben (BGH, Urteile vom 4. Mai 2018 - V ZR 266/16,
NJW-RR 2018, 974 Rn. 15; vom 3. Juli 2009 - V ZR 58/06, juris Rn. 11; vom
26. Januar 2006 - IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260, 261; Beschluss vom 28.
Januar 2014 - VI ZR 248/13, juris Rn. 10). Das Berufungsurteil ist daher -
soweit der Klageantrag zu 1 betroffen ist - ohne Befassung mit der
Begründetheit des Antrags aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da
sie nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es über die Begründetheit
des Klageantrags zu 1 entscheiden und die hierzu erforderlichen
Feststellungen treffen kann.
35 Soweit das Berufungsgericht die Klageanträge
zu 2 und 3 (Feststellung des Verzugs der Beklagten mit der Rücknahme des
Fahrzeugs und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des
Klägers) als unbegründet angesehen hat, kann mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung das Bestehen solcher Ansprüche (§ 293 BGB; §§ 257, 280
Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 4, § 439 Abs. 2 BGB) nicht verneint
werden. Die Begründetheit dieser Ansprüche hängt - wie das Berufungsgericht
im Ansatz zutreffend erkannt hat - davon ab, ob der Kläger, wie er auch mit
dem Klageantrag zu 1 geltend gemacht hat, die Ersatzlieferung des
Nachfolgemodells Caddy IV verlangen kann. Das Berufungsgericht hat sich
jedoch insoweit nicht mit allen sich stellenden Rechtsfragen befasst und die
von ihm erörterten rechtlichen Aspekte teilweise rechtsfehlerhaft bewertet.
36
Noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass
das vom Kläger erworbene Fahrzeug bei Übergabe am 16. Juni 2015 mit einem
Sachmangel behaftet war (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB; dazu im Folgenden
unter a). Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, der
Nachlieferung eines gleichartigen und gleichwertigen Nachfolgemodells stehe
grundsätzlich nicht entgegen, dass das vom Kläger erworbene
Fahrzeugmodell der dritten Generation im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs
des Nachlieferungsverlangens nicht mehr hergestellt wurde (§ 275 Abs.1 BGB),
ist - entgegen der Revisionserwiderung - im Ausgangspunkt frei von
revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern. Jedoch lässt sich auf der
Grundlage der vom Berufungsgericht bisher getroffenen Feststellungen nicht
abschließend beurteilen, ob bei beiderseits interessengerechter
Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) das begehrte Nachfolgemodell der vierten
Generation aufgrund eines erheblichen Mehrwerts nur gegen eine angemessene
Zuzahlung von der vertraglichen Beschaffungspflicht der Beklagten umfasst
ist (dazu im Folgenden unter b). Zudem ist die Würdigung
des Berufungsgerichts, die Beklagte sei aufgrund der von ihr erhobenen
Einrede der Unverhältnismäßigkeit (§ 439 Abs. 3 BGB in der gemäß Art. 229 §
39 EGBGB für vor dem 1. Januar 2018 entstandene Schuldverhältnisse geltenden
Fassung [im Folgenden: § 439 Abs. 3 BGB aF]; nunmehr § 439 Abs. 4 BGB)
berechtigt, die Ersatzlieferung eines Neufahrzeugs wegen
Unverhältnismäßigkeit der damit - im Vergleich zur Nachbesserung durch das
vom Fahrzeughersteller angebotene Software-Update - verbundenen Kosten zu
verweigern, mit den im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB aF maßgeblichen
Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast nicht zu vereinbaren (dazu im
Folgenden unter c).
37 a) Frei von Rechtsmängeln hat das Berufungsgericht
festgestellt, das von der Beklagten gelieferte Fahrzeug sei mangelbehaftet,
weil es zur Zeit des Gefahrübergangs bei Auslieferung am 16. Juni 2015 sowie
bei Zugang des Gewährleistungsbegehrens vom 8. Mai 2017 (zur Maßgeblichkeit
beider Zeitpunkte: Senatsurteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 315/18, BGHZ 226,
1 Rn. 42 f.) mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Gestalt einer
Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet war (und noch ist). Gemäß § 434
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB ist eine Sache nur dann frei von
Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine
Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die
der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Eine entsprechende Eignung
ist einer Kaufsache nicht erst dann abzusprechen, wenn ihre Tauglichkeit
ganz aufgehoben, sondern bereits dann, wenn ihre Eignung herabgesetzt ist
(vgl. Senatsurteile vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 35; vom 26.
April 2017 - VIII ZR 80/16, NJW 2017, 2817 Rn. 18; vom 26. Oktober 2016 -
VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15 f.).
38 Danach fehlt dem
Fahrzeug des Klägers die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von
§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, weil es bei der Übergabe mit einer - den
Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb
reduzierenden - Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 Verordnung
(EG) Nr. 715/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni
2007 über die Typgenehmigung von Fahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von
leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über
den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L
171/1 vom 29. Juni 2007; im Folgenden: VO 715/2007/EG) versehen war, die
gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung unzulässig ist (zur Unzulässigkeit
der Prüfstanderkennungssoftware: EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 -
C-693/18, NJW 2021, 1216 Rn. 59 ff., 68, 93 - CLCV). Denn in einem solchen
Fall besteht die latente Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die
Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde, so dass der weitere
(ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht mehr
gewährleistet ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die im jeweiligen
Einzelfall zuständige Zulassungsbehörde bereits eine entsprechende
Betriebsuntersagung nach § 5 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von
Fahrzeugen zum Straßenverkehr
(Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV) ausgesprochen hat. Die den Käufer an
der gewöhnlichen Verwendung hindernde Beschaffenheit liegt nämlich nicht
erst in der behördlich verfügten Untersagung des Betriebs, sondern
bereits in der durch die unzulässige Abschalteinrichtung hervorgerufenen
Möglichkeit eines entsprechenden behördlichen Eingreifens (ausführlich:
Senatsurteile vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 35 ff.; VIII ZR
118/20, aaO Rn. 38 ff.; VIII ZR 357/20, aaO Rn. 31 ff.; VIII ZR 275/19 aaO
Rn. 33 ff.; siehe auch Senatsbeschluss vom 8. Januar 2019 - VIII ZR 225/17,
NJW 2019, 1133 Rn. 6 ff., 21 ff.).
39 b) Nach den bisherigen Feststellungen
des Berufungsgerichts lässt sich allerdings unter den im Streitfall
gegebenen Umständen nicht abschließend beurteilen, ob dem Kläger der geltend
gemachte Anspruch auf Nacherfüllung durch Lieferung eines mangelhaften
Neufahrzeugs uneingeschränkt oder unter den hier gegebenen Umständen
aufgrund einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung der auf
den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärungen der Parteien
(§§ 133, 157 BGB) nur gegen eine angemessene Zuzahlung zusteht.
40 aa) Im
Ausgangspunkt noch zutreffend hat das Berufungsgericht unter Zugrundelegung
der einschlägigen Rechtsprechung des Senats angenommen, dass allein aufgrund
einer nach Vertragsschluss beziehungsweise nach Übergabe erfolgten
Einführung eines Nachfolgemodells ein Anspruch des Käufers eines
mangelbehafteten Neufahrzeugs gegen den Verkäufer auf Lieferung
eines mangelfreien, fabrikneuen und typengleichen Ersatzfahrzeugs aus der
aktuellen Serienproduktion des Herstellers nicht generell gemäß § 275 Abs. 1
BGB wegen Unmöglichkeit der Leistung ausgeschlossen ist. Die
hiergegen erhobenen Einwände der Revisionserwiderung greifen aus den
Gründen, die der Senat in seinen Urteilen vom 21. Juli 2021 eingehend
ausgeführt hat, nicht durch (Senatsurteile vom 21. Juli 2021 - VIII ZR
254/20, aaO Rn. 35 ff.; VIII ZR 118/20, aaO Rn. 42 ff.; VIII ZR 275/19, aaO
Rn. 39 ff.; VIII ZR 357/20, aaO Rn. 37 ff.).
41 bb) Soweit die
Revisionserwiderung geltend macht, der Kläger habe ein reimportiertes
Fahrzeug erworben und verlange nunmehr die Lieferung eines "fabrikneuen"
(wohl für den deutschen Markt produzierten) Nachfolgemodells, steht dies der
Beschaffungspflicht der Beklagten ebenfalls grundsätzlich nicht entgegen.
Denn das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass es
sich bei dem erworbenen Fahrzeug allein aufgrund des Reimports nicht um ein
Neufahrzeug handelt. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revisionserwiderung
nicht auf.
42 cc) Ohne Erfolg beanstandet die Revisionserwiderung weiter,
dem Nachlieferungsbegehren stehe unter den hier gegebenen Umständen bereits
entgegen, dass der Kläger am 13. Juni 2015 bewusst ein Auslaufmodell
erworben habe, weil die dritte Modellgeneration des VW Caddy nur bis Juni
2015 gebaut worden und im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses das
Nachfolgemodell bereits bestellbar gewesen sei.
43 (1) Allerdings kann es
unter den jeweiligen, vom Tatrichter zu würdigenden Umständen des
Einzelfalls in Betracht kommen, dass eine Beschaffungspflicht des Verkäufers
ausscheidet, wenn beim Erwerb des ursprünglich gelieferten Fahrzeugs die
Markteinführung des Nachfolgemodells unmittelbar bevorstand, es sich also um
ein sogenanntes Auslaufmodell gehandelt haben könnte, welches der Käufer
(möglicherweise) aus preislichen Erwägungen bewusst anstelle eines bereits
angekündigten Nachfolgemodells erwirbt (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 2021
- VIII ZR 118/20, aaO Rn. 79; in einem solchen Fall eine Erstreckung der Beschaffungspflicht auf das Nachfolgemodell verneinend etwa OLG
Koblenz, VersR 2020, 171, 174 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen
durch Senatsbeschluss vom 6. Juli 2020 - VIII ZR 274/19, nicht
veröffentlicht]; OLG München, Urteil vom 17. Dezember 2020 - 24 U 212/19,
nicht veröffentlicht [EU-Reimport; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen
durch Senatsbeschluss vom 3. August 2021 - VIII ZR 14/21, nicht
veröffentlicht]; OLG München, Urteil vom 16. Januar 2020 - 1 U 1004/18,
BeckRS 2020, 23052 Rn. 21; anders hingegen OLG Stuttgart, WM 2019, 2085 Rn.
43).
44 (2) Diese Grundsätze kommen hier jedoch nicht zum Tragen. Denn im
gegebenen Fall hat das Berufungsgericht zwar festgestellt, dass das vom
Kläger erworbene Modell seit Juni 2015 - dem Monat, in dem auch der
Kaufvertrag geschlossen wurde - nicht mehr produziert wird. Es hat jedoch
keine Feststellungen zu den Gründen, aus denen der Kläger das nur noch bis
Juni 2015 produzierte Modell Caddy III erworben hat, getroffen. In den
Vorinstanzen etwa übergangenen Sachvortrag der Beklagten zeigt die
Revisionserwiderung erneut nicht auf. Sie macht lediglich unzutreffend
geltend, es handele sich hierbei nicht um Tatsachen, sondern um eine
(naheliegende) Schlussfolgerung.
45 dd) Auch ist das am 8. Mai 2017 geltend
gemachte Nachlieferungsbegehren des Klägers, welches der Beklagten am
Folgetag auf dem Postweg zugegangen ist, nicht deshalb ausgeschlossen, weil
es erst rund 23 Monate nach Kaufvertragsabschluss am 13. Juni 2015 erhoben
worden ist.
46 Allerdings führt, wie der Senat entschieden hat, eine nach
beiden Seiten hin interessengerechte Auslegung des Parteiwillens bei
Vertragsschluss im Fall eines Verbrauchsgüterkaufs dazu, dass die von einem
Verkäufer übernommene Beschaffungspflicht bezüglich eines neuwertigen
Nachfolgemodells zeitlich nicht uneingeschränkt, sondern nur dann
besteht, wenn ein Nachlieferungsanspruch innerhalb eines als sachgerecht und
angemessen zu bewertenden Zeitraums von zwei Jahren ab Vertragsabschluss
geltend gemacht wird. Denn der Käufer eines Verbrauchsguts hat für die
gelieferte mangelhafte Sache, die durch Nutzung fortlaufend an Wert
verliert, eine Nutzungsentschädigung nicht zu zahlen (§ 474 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 5 Satz 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung;
nunmehr § 474 Abs. 1 Satz 1, § 475 Abs. 3 Satz 1 BGB). Bereits aus diesem
Grund ist bei einer beiderseits interessengerechten Auslegung der
Willenserklärungen der Parteien eines Verbrauchsgüterkaufvertrags - vor
allem beim Kauf von Neufahrzeugen, die bereits nach kurzer Zeit einen
deutlichen Wertverlust erleiden - eine Austauschbarkeit von Kaufgegenstand
und Ersatzsache grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn der Verbraucher sein
Nachlieferungsbegehren innerhalb eines an die Länge der regelmäßigen
kaufrechtlichen Verjährungsfrist (zwei Jahre, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB)
angelehnten Zeitraums - beginnend ab dem für die Willensbildung maßgeblichen
Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses - geltend macht (Senatsurteile
vom 21.
Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 54, 65 ff.; VIII ZR 118/20, aaO Rn. 58,
69 ff.; VIII ZR 275/19, aaO Rn. 55, 66 ff.; VIII ZR 357/20, aaO Rn. 53, 64
ff.). Die vorgenannte zeitliche Grenze ist hier indes nicht überschritten.
47
ee) Jedoch ist nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht
auszuschließen, dass die Beschaffungspflicht der Beklagten in anderer Weise
eingeschränkt sein könnte.
48 (1) Nach den bisherigen Feststellungen des
Berufungsgerichts lässt sich bei interessengerechter Auslegung der auf den
Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärungen der Parteien (§§
133, 157 BGB) nicht ausschließen, dass das vom Kläger begehrte
Nachfolgemodell der vierten Fahrzeuggeneration des VW Caddy einen
erheblichen Mehrwert gegenüber dem vom Kläger erworbenen Modell der dritten
Fahrzeuggeneration aufweist.
49 Wie der Senat in seinen Urteilen vom 21.
Juli 2021 ausgesprochen hat (VIII ZR 254/20, aaO Rn. 56; VIII ZR 118/20, aaO
Rn. 60; VIII ZR 275/19, aaO Rn. 57; VIII ZR 357/20, aaO Rn. 55),
kann bei
einem Verbrauchsgüterkauf unabhängig von der Berücksichtigung der - hier
gewahrten - zeitlichen Grenze der Beschaffungspflicht im Rahmen der nach
beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung der zum Vertragsschluss
führenden Willenserklärungen bei einem erheblichen Mehrwert der Ersatzsache
Anlass zu der Prüfung bestehen, ob die Parteien bei Vertragsschluss die
Ersatzlieferung eines Nachfolgemodells (insbesondere bei Fahrzeugen)
übereinstimmend nur gegen eine angemessene Zuzahlung als austauschbar mit
dem ursprünglich gelieferten Kaufgegenstand angesehen haben (vgl. auch
EuGH,
Urteil vom 16. Juni 2011 - C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 Rn. 76 -
Gebr. Weber und Putz; Senatsurteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08,
BGHZ 192, 148 Rn. 27, 35; vom 7. April 2021 - VIII ZR 191/19, juris Rn. 33
[zur Kostenbeteiligung des Verkäufers bei dem Ausbau der mangelhaften und
dem Einbau der mangelfreien Sache durch den Käufer]; OLG Stuttgart, NJW-RR
2011, 1589, 1590 [zur Kostenbeteiligung des Bestellers bei einer über den
Stand der Technik bei Vertragsschluss hinausgehenden werkvertraglichen
Nacherfüllung). Entgegen der Ansicht der Revision steht dabei allerdings
nicht die Auslegung von Unionsrecht in Frage, sondern der Gesichtspunkt,
welchen Willen die Vertragsparteien bei Vertragsschluss bei beiderseits
interessengerechter Auslegung gebildet haben (siehe bereits
Senatsurteile vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 66; VIII ZR
118/20, aaO Rn. 69; VIII ZR 275/19, aaO Rn. 68; VIII ZR 357/20, aaO Rn. 66).
50 Falls eine danach vom Käufer angebotene, vom Verkäufer
aber höher angesetzte Zuzahlung aus Sicht des Tatrichters nach dessen freiem
Schätzungsermessen nicht angemessen sein sollte, um einem solchen
Wertunterschied Rechnung zu tragen, entfällt nach dem interessengerecht
auszulegenden Parteiwillen regelmäßig eine Beschaffungspflicht des
Verkäufers.
51 (2) In seinen vorgenannten Urteilen vom 21. Juli 2021 (aaO)
hat der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassen können, unter
welchen tatsächlichen Voraussetzungen eine solche Zuzahlung in Betracht
kommt, insbesondere anhand welchen Maßstabs der Wertunterschied zu
bestimmen, ab welcher Grenze er als erheblich zu beurteilen und unter
welchen Voraussetzungen eine gegebenenfalls in Betracht kommende Zuzahlung
als angemessen zu bewerten ist.
52 (a) Nach dem wohlverstandenen Interesse
der Parteien ist insoweit nicht anzunehmen, dass sie den Wertunterschied
zwischen dem erworbenen Fahrzeug und dem im Wege der Nachlieferung begehrten
Nachfolgemodell anhand kleinteiliger und zudem ohne Einholung eines
aufwändigen Sachverständigengutachtens auch kaum festzustellender Umstände,
wie etwa den Produktionskosten der betreffenden Fahrzeuge oder den auf
verbesserte Ausstattung des Nachfolgemodells zurückzuführenden Mehrwert,
bemessen hätten. Ebenso wenig erscheint die Orientierung an einem
einzelfallabhängigen Vergleichsmaßstab interessengerecht, wie etwa dem
letztlich auch vom jeweiligen Verhandlungsgeschick abhängenden Einkaufs-
oder Verkaufspreis der betreffenden Fahrzeuge.
53 Vielmehr ist im Grundsatz
eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, wonach der Wertunterschied
typisiert anhand des in der Regel unschwer und objektiv festzustellenden
Listenpreises der jeweiligen Fahrzeuge bestimmt wird. Insoweit
kommt es bei dem vom Käufer erworbenen mangelhaften Fahrzeug auf den
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an, bei dem vom Käufer begehrten
Nachfolgemodell auf den Zeitpunkt des Zugangs des Nachlieferungsverlangens.
Bei der gebotenen generalisierenden, vom Einzelfall regelmäßig losgelösten
Betrachtungsweise kann regelmäßig erst ab einem Anstieg des Listenpreises
von einem Viertel zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und dem
Nachlieferungsverlangen von einem erheblichen Mehrwert ausgegangen werden.
Darunter kommt eine Zuzahlung nicht in Betracht. Ist die genannte Differenz
erreicht, ist bei beiderseits interessengerechter Vertragsauslegung nicht
die gesamte Differenz, sondern nur ein Teil hiervon vom Käufer im Wege der
Zuzahlung auszugleichen.
54 (b) Bei der dem Tatrichter obliegenden Bemessung
der Höhe des zuzuzahlenden Betrags ist dabei zu berücksichtigen, dass dieser
den Nacherfüllungsanspruch des Käufers nicht aushöhlen darf (vgl.
EuGH,
Urteil vom 16. Juni 2011 - C-65/09 und C-87/09, aaO Rn. 76;
Senatsurteil vom
21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 35 [jeweils zum Recht des Käufers
auf Erstattung von Aus- und Einbaukosten]). Die Zuzahlung soll vielmehr
einem erheblichen Mehrwert des Nachfolgemodells in einer Höhe Rechnung
tragen, welche bei beiderseits interessengerechter Vertragsauslegung
angemessen ist. Sie hat nicht die Aufgabe, den Verkäufer von jeglicher mit
der Nacherfüllung einhergehenden wirtschaftlichen Belastung zu befreien. Die
mit dem Vertragsabschluss vom Verkäufer für den Fall der Mangelhaftigkeit
der Kaufsache übernommene Beschaffungspflicht kann vielmehr - je nach
Parteiwillen - durchaus zu einer zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung des
Verkäufers führen (vgl. Senatsurteile vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20,
aaO Rn. 44; VIII ZR 118/20, aaO Rn. 48; VIII ZR 275/19, aaO Rn. 45; VIII ZR
357/20, aaO Rn. 43). Danach erscheint bei beiderseits interessengerechter
Vertragsauslegung bei einem erheblichen Mehrwert des im Wege der
Nachlieferung verlangten Nachfolgemodells des Fahrzeugs, der ab einem
Anstieg des Listenpreises von einem Viertel anzunehmen ist, in der Regel
eine Zuzahlung in Höhe eines Drittels dieser Differenz als angemessen.
In Ausnahmefällen mag unter Berücksichtigung der vom Tatrichter umfassend
zu würdigenden Umstände allerdings eine höhere Zuzahlung in Betracht
kommen, die jedoch die Hälfte dieser Differenz nicht überschreiten darf.
55
(c) Die Darlegungs- und Beweislast für einen erheblichen Mehrwert
des Nachfolgemodells und eine hieraus folgende Obliegenheit des Käufers zur
Zuzahlung trägt der Verkäufer. Beansprucht er eine Zuzahlung,
so hat er
einen erheblich erhöhten Listenpreis des Nachfolgemodells darzulegen und im
Bestreitensfall zu beweisen. Dies entspricht den Anforderungen an den für
die Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB darlegungspflichtigen Schuldners
(vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - XII ZR 117/10, BGHZ 195, 50 Rn. 53;
siehe auch Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 244/09, NJW 2010, 2341 Rn. 9
[insoweit zu § 275 Abs. 2 BGB]; MünchKommBGB/Ernst, 8. Aufl., § 275 Rn. 169;
Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 275 Rn. 34). Falls der Käufer die
jeweils angemessene Zuzahlung nicht - auch nicht nachträglich - anbietet,
sondern nur eine solche, die aus Sicht des Tatrichters nach dessen freiem
Schätzungsermessen dem Wertunterschied nicht Rechnung trägt, entfällt nach
dem interessengerecht auszulegenden Parteiwillen regelmäßig eine
Beschaffungspflicht des Verkäufers (vgl. Senatsurteile vom 21. Juli 2021 -
VIII ZR 254/20, aaO Rn. 56; VIII ZR 118/20, aaO Rn. 60; VIII ZR 275/19, aaO
Rn. 57; VIII ZR 357/20 Rn. 55, aaO).
56 (3) Nach diesen Grundsätzen ist es
im Streitfall nicht ausgeschlossen, dass ein Modell der vierten
Fahrzeuggeneration des VW Caddy - nicht zuletzt unter Berücksichtigung des
von der Revisionserwiderung vorgebrachten Gesichtspunkts des Reimports -
einen erheblichen Mehrwert gegenüber dem vom Kläger bestellten
Modell der dritten Fahrzeuggeneration aufweist und dementsprechend bei einer
vom Kläger begehrten Nachlieferung eines Fahrzeugs aus der
Nachfolgegeneration eine von ihm zu leistende angemessene Zuzahlung einer
nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung
entspricht. Zwar sind die von der Beklagten für das Nachfolgemodell
behaupteten Beschaffungskosten von 27.536,60 € gegenüber dem unstreitigen
Kaufpreis von 19.910 € (brutto) für das vom Kläger erworbene Modell als
Vergleichsmaßstab nicht maßgeblich, weil es - wie ausgeführt - auf die
jeweiligen Listenpreise ankommt. Die vorgenannten Beträge können jedoch ein
gewisses Indiz für einen erheblich gesteigerten Listenpreis darstellen und
unter diesen Umständen eine Obliegenheit des Klägers zu einer angemessenen
Zuzahlung nach Maßgabe der vorstehend genannten Grundsätze auslösen. Hierzu
wird das Berufungsgericht nach ergänzendem Vortrag der Parteien weitere
Feststellungen zu treffen haben.
57 c) Rechtsfehlerhaft hat das
Berufungsgericht schließlich einen Anspruch des Klägers auf Ersatzlieferung
mit der Begründung verneint, dem stehe die von der Beklagten erhobene
Einrede der relativen Unverhältnismäßigkeit nach der Bestimmung des § 439
Abs. 3 BGB aF entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Verkäufer die vom
Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit
unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (Satz 1). Dabei sind insbesondere der
Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die
Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung nicht ohne
erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte (Satz 2).
58
Ob die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung im Vergleich zu der anderen
Variante wegen der damit verbundenen Aufwendungen für den Verkäufer
unverhältnismäßige Kosten verursacht und diesen deshalb unangemessen belastet, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung
und ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung und Würdigung aller
maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls und unter Berücksichtigung
der in § 439 Abs. 3 BGB aF genannten Kriterien festzustellen (vgl. BGH,
Urteile vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350
Rn. 41, 45; vom 24.
Oktober 2018 - VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 59).
59 aa) Auf die Einrede
der Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung kann sich der Verkäufer, wenn er
den Käufer auf Nachbesserung verweisen will, nicht berufen, sofern der
vorhandene Mangel durch die von ihm angebotene Nachbesserung nicht
vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt wird. Denn
eine Nachbesserung im Sinne von § 439 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der
vorhandene Mangel auf diese Weise behoben wird (vgl. hierzu Senatsurteile
vom 24. Oktober 2018 - VIII ZR 66/17, aaO Rn. 76; vom 29. September 2021 -
VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 36, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt;
Senatsbeschluss vom 9. November 2021 - VIII ZR 184/20, unter III 2 b aa, zur
Veröffentlichung bestimmt; jeweils mwN). Das betrifft nicht nur den
ursprünglichen Mangel, der bereits bei Übergabe der Sache vorhanden war.
Denn eine ordnungsgemäße Nachbesserung liegt nur dann vor, wenn hierdurch
auch (nicht zu vernachlässigende) Folgemängel nicht hervorgerufen werden.
60
Im gegebenen Fall ist zwar nicht streitig, dass das dem Kläger angebotene
Software-Update die Prüfstanderkennungssoftware entfernt und damit den
bei Übergabe vorhandenen Sachmangel in Gestalt der latent drohenden
Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr
zuständige Behörde beseitigt. Darüber hinaus darf das Software-Update jedoch
auch Folgemängel nicht verursachen. Dies ist mangels rechtsfehlerfreier
Feststellungen des Berufungsgerichts offen.
61 bb) Das
Berufungsgericht hat dabei verkannt, dass die Darlegungs- und Beweislast
grundsätzlich die Beklagte trifft. Nach dem allgemeinen Grundsatz, wonach
rechtsvernichtende Einwendungen von der Partei darzulegen sind, die sich
hierauf beruft (vgl. nur Senatsurteil vom 24. Februar 2016 - VIII ZR
38/15, NJW 2016, 2645 Rn. 40 mwN), ist der Verkäufer grundsätzlich
darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der tatsächlichen
Voraussetzungen der Unverhältnismäßigkeitseinrede des § 439 Abs. 3 BGB aF
(Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 439 Rn. 128;
MünchKommBGB/Westermann, 8. Aufl., § 439 Rn. 35; Becker in
Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 4. Aufl., § 439 BGB Rn.
2).
62 Dazu gehört bei einem Verbrauchsgüterkauf auch die Darlegung, dass
die eine Art der Nacherfüllung - hier die Nachbesserung - möglich ist.
Denn
die Erhebung der Einrede der (absoluten) Unverhältnismäßigkeit ist dem
Verkäufer beim Verbrauchsgüterkauf verwehrt, wenn die andere Art der
Nacherfüllung - hier die Nachlieferung - unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB)
oder wenn der Verkäufer diese nach § 275 Abs. 2 oder 3 BGB beziehungsweise
gemäß § 439 Abs. 3 BGB aF (§ 439 Abs. 4 BGB) berechtigterweise verweigert.
Wie der Senat aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011- C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011,
I-5257 Rn. 71 - Gebr. Weber und Putz) entschieden hat, ist § 439 Abs. 3 BGB
aF beim Verbrauchsgüterkauf richtlinienkonform einschränkend dahingehend
anzuwenden, dass dem Verkäufer in diesem Fall die Berufung auf die
Unverhältnismäßigkeitseinrede - hier betreffend die Nachlieferung - nicht
erlaubt ist (Senatsurteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192,
148 Rn. 35 f.; seit dem 1. Januar 2018 ausdrücklich geregelt in § 475 Abs. 4
Satz 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung).
63
Der Verkäufer muss demgemäß in erster Linie darlegen und erforderlichenfalls
beweisen, dass die dem Käufer angebotene Nachbesserung den Kaufgegenstand in
den geschuldeten vertragsgemäßen Zustand versetzt, insbesondere den
vorhandenen Sachmangel vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt.
Dazu zählt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch, dass der
Verkäufer darlegt und gegebenenfalls beweist, dass die als Nachbesserung
angebotene Maßnahme Folgemängel nicht verursacht, weil - wie ausgeführt -
die Nachbesserung anderenfalls nicht fachgerecht ist und die Kaufsache nicht
in den geschuldeten vertragsgemäßen Zustand versetzte. Hieran ändert der von
der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung angeführte Umstand
nichts, dass insoweit eine bloße Prognoseentscheidung auf der Grundlage der
Einschätzung beteiligter Fachbehörden zu treffen sei. Denn nach
kaufrechtlichen Grundsätzen ist entgegen der Sichtweise der
Revisionserwiderung nicht lediglich eine Prognoseentscheidung zu treffen,
sondern das Gericht hat sich, gegebenenfalls durch Beweisaufnahme, über die
Tauglichkeit der angebotenen Nachbesserungsmaßnahme Gewissheit zu
verschaffen.
64 Allerdings ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen,
dass die Freiheit von Folgemängeln nach Vornahme der noch ausstehenden
Nachbesserung eine negative Tatsache darstellt und er diesen Negativbeweis
nicht allumfassend und allgemein führen kann. Denn dazu müsste er alle auch
nur entfernt in Betracht zu ziehenden Umstände ausräumen, was ihm nicht
zumutbar ist. Es reicht daher aus, die von dem Käufer konkret dargelegten
tatsächlichen Umstände auszuräumen. Gelingt dem Verkäufer dies, ist der
Beweis der negativen Tatsache erbracht (vgl. BGH, Urteile vom 12. November
2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12; vom 5. Dezember 2012 - VIII ZR
74/12, NJW 2013, 1299 Rn. 36; vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206,
305 Rn. 21; vom 19. Oktober 2017 - III ZR 565/16, BGHZ 216, 245 Rn. 21 ff.;
vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17, NJW-RR 2019, 747 Rn. 31;
vom 6. März 2020 - V ZR 2/19, ZIP 2020, 2240 Rn. 10; vom 22. Oktober 2020 -
IX ZR 208/18, NJW-RR 2020, 1500 Rn. 11). Vor diesem Hintergrund muss der
Käufer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast - im Rahmen des
ihm (als technischen Laien) Zumutbaren - konkret vortragen, aus welchem
Grund die als Nachbesserung angebotene Maßnahme nach seiner Auffassung nicht
zu einem Zustand führt, der frei von Mängeln und Folgeschäden ist.
65 cc)
Den vorbezeichneten Grundsätzen trägt das Berufungsurteil nicht Rechnung.
Träfe das Vorbringen des Klägers zu, wonach das Software-Update Folgemängel
verursache, läge in dem angebotenen Aufspielen des Updates keine geeignete
Mangelbeseitigung, so dass die Beklagte die Nachlieferung als allein
mögliche Art der Nacherfüllung nicht gemäß § 439 Abs. 3 BGB aF
wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern dürfte. Das Berufungsgericht,
das in seinem Urteil im Wesentlichen darauf abgestellt hat, der Kläger habe
hierzu nicht hinreichend vorgetragen, hat insoweit die Anforderungen an den
Sachvortrag des Käufers überspannt.
66 (1) Entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts hat der Kläger nach Maßgabe der ihm obliegenden sekundären
Darlegungslast - im Rahmen des ihm als technischen Laien Zumutbaren -
hinreichend vorgetragen, warum das Update nach seiner Auffassung nicht zu
einem mangelfreien Zustand führt. Der Kläger darf sich insoweit auch auf nur
vermutete Tatsachen stützen, denn er kann mangels eigener Sachkunde und
hinreichenden Einblicks in die Funktionsweise des Software-Updates keine
genaue Kenntnis von dessen konkreten Auswirkungen haben. Daher ist er im
Hinblick auf die von ihm behaupteten Folgemängel letztlich auf Vermutungen
angewiesen und kann diese naturgemäß nur auf entsprechende Anhaltspunkte
stützen (Senatsurteil vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn.
85 f.; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7
ff.). Unter diesen Umständen können an die Darlegungslast des
Käufers hinsichtlich der Ungeeignetheit des Updates zur fachgerechten Nachbesserung aufgrund behaupteter Folgemängel keine hohen Anforderungen
gestellt werden. Dies gilt selbst in Fallgestaltungen einer primären
Darlegungslast des Käufers (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 2021 - VIII ZR
254/20, aaO; Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - VIII ZR 226/19, juris
Rn. 17 ff. [jeweils zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung zur Nacherfüllung
gemäß § 326 Abs.5, § 323 Abs. 2 Nr. 3, § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB]) und erst
recht bei einer - wie hier - lediglich sekundären Darlegungslast des
Käufers.
67 (2) Etwas anderes wäre erst dann anzunehmen, wenn eine vom
Käufer behauptete Tatsache so ungenau bezeichnet wäre, dass ihre
Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ohne greifbare
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich
"aufs Geratewohl' oder "ins Blaue hinein“ aufgestellt worden ist, mithin aus
der Luft gegriffen ist und sich deshalb als rechtsmissbräuchlich darstellt.
Bei dieser Annahme ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird
sie nur bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte in Betracht kommen (st. Rspr.;
vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, aaO Rn. 8;
vom 29. September 2021 - VIII ZR 226/19, juris Rn. 16). Entgegen der Ansicht
der Revisionserwiderung liegen die strengen Voraussetzungen für einen
Sachvortrag "ins Blaue hinein" angesichts der vom Kläger hinreichend
angeführten Anhaltspunkte jedoch nicht vor.
68 dd) Das Berufungsgericht hat
unter Verkennung der lediglich sekundären Darlegungslast des Klägers zu
Unrecht in verschiedener Hinsicht die Angabe nicht erforderlicher
Einzelheiten verlangt und damit die hier zu stellenden
Substantiierungsanforderungen überspannt. Dies betrifft namentlich den
Sachvortrag des Klägers, mit dem Software-Update werde erneut
eine unzulässige Abschalteinrichtung implementiert, nunmehr in Form eines
sogenannten Thermofensters (dazu im Folgenden unter (1)). Zudem hat das
Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers zu weiteren Folgemängeln des
Updates (dazu im Folgenden unter (2)) sowie zu einem selbst im Fall
fachgerechter Nachbesserung verbleibenden merkantilen Minderwert des
Fahrzeugs (dazu im Folgenden unter (3)) rechtsfehlerhaft als nicht
hinreichend substantiiert angesehen.
69 (1) Soweit der Kläger beanstandet,
mit dem Software-Update werde erneut eine unzulässige Abschalteinrichtung
implementiert, nunmehr in Gestalt einer temperaturabhängigen Steuerung der
Abgasrückführung, wonach ihre volle Funktionsfähigkeit nur bei
Außentemperaturen zwischen 15 und 33 Grad Celsius und im Fahrbetrieb unter
250 Höhenmetern gewährleistet sei (sogenanntes Thermofenster), hat das
Berufungsgericht unter Verkennung der sekundären Darlegungslast des Klägers
überhöhte Substantiierungsanforderungen gestellt.
70 (a) Das
Berufungsgericht hat lediglich ausgeführt, der Kläger behaupte zwar das
Vorhandensein einer weiteren Abschalteinrichtung in Form einer Abschaltung
der Abgasreinigung bei Außentemperaturen unter 15 Grad Celsius und über 33
Grad Celsius sowie oberhalb von 250 m Seehöhe, er sei jedoch
den detaillierten Erklärungen der Beklagten, das Thermofenster sei zum
Schutz der "Bauteile" erforderlich und die Höhenbeschränkung nicht
vorhanden, nicht weiter entgegengetreten.
71 Anhand dieser Ausführungen kann
revisionsrechtlich nicht ausgeschlossen werden, dass das dem Kläger
angebotene Software-Update einen Folgemangel verursacht, weil mit dem dabei
zum Einsatz kommenden Thermofenster eine Abschalteinrichtung im Sinne von
Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert wird, die nach Maßgabe der
Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG unzulässig ist, und deshalb -
jedenfalls latent - die objektive Gefahr einer Betriebsuntersagung des
Fahrzeugs durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde
droht. Zwar reicht ein solcher Gesetzesverstoß noch nicht aus, um das
Verhalten des Herstellers als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB
zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, NJW
2021, 1814 Rn. 25 ff.; Urteil vom 23. September 2021 - III ZR 200/20, juris
Rn. 22); gleichwohl wäre die vom Verkäufer angebotene Nachbesserung
unzureichend.
72 (aa) Nach Art. 5 Abs. 1 VO 715/2007/EG - in deren
Anwendungsbereich auch das Fahrzeug des Klägers fällt (Art. 2 Abs. 1, Art.
10) - hat der Hersteller von ihm gefertigte Neufahrzeuge dergestalt
auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich
beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug
unter normalen Betriebsbedingungen den Vorgaben der Verordnung und ihren
Durchführungsmaßnahmen entspricht. Folgerichtig sieht die Verordnung die
Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von
Emissionskontrollsystemen verringern, strikt als unzulässig an (Art. 5 Abs.
2 Satz 1 VO 715/2007/EG), sofern nicht die in Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO
715/2007/EG ausdrücklich normierten Ausnahmetatbestände greifen
(vgl. Senatsurteile vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 27; VIII ZR
118/20, aaO Rn. 31; VIII ZR 357/20, aaO Rn. 23.; VIII ZR 275/19 aaO Rn. 25;
Senatsbeschluss vom 8. Januar 2019 - VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 11).
73
(aaa) Eine Abschalteinrichtung ist gemäß Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG
definiert als jedes Konstruktionsteil, das die Temperatur, die
Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang,
den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt,
um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu
aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die
Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem
Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
74 Zu
einem solchen Konstruktionsteil zählt nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) auch eine
in den Rechner der Motorsteuerung integrierte oder auf ihn einwirkende
Software, da sie auf die Funktion des Emissionskontrollsystems einwirkt und
dessen Wirksamkeit verringert (EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 -
C-693/18, NJW 2021, 1216 Rn. 68 - CLCV; siehe auch Senatsurteile vom 21.
Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 28; VIII ZR 118/20, aaO Rn. 32; VIII ZR
357/20, aaO Rn. 24; VIII ZR 275/19, aaO Rn. 26 [jeweils zur
Prüfstanderkennungssoftware]; vgl. auch die Schlussanträge des
Generalanwalts Athanasios Rantos vom 23. September 2021 in den Rechtssachen
C-128/20; C-134/20 und C-145/20, juris Rn. 87 ff. [zu einem mit dem
Software-Update installierten Thermofenster, aufgrund dessen die
Abgasrückführung nur dann voll funktionsfähig ist, wenn Außentemperaturen
zwischen 15 und 33 Grad Celsius herrschen und der Fahrbetrieb unterhalb von
1000 Höhenmetern stattfindet]). Im Streitfall hat das Berufungsgericht -
insoweit zugunsten des Klägers - nicht in Zweifel gezogen, dass das hier
eingesetzte Thermofenster eine Abschalteinrichtung im vorgenannten Sinn ist.
75
(bbb) Jedoch ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Einsatz
eines Thermofensters mit den hier in Rede stehenden Temperatur- und
Höhenwerten sei zulässig, von Rechtsfehlern beeinflusst. Als
Ausnahmetatbestand, aus dem sich die Zulässigkeit eines Thermofensters mit
den hier gewählten Temperatur- und Höhenwerten ergeben könnte, kommt im
Streitfall lediglich Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VO 715/2007/EG
in Betracht. Dieser setzt voraus, dass die Einrichtung notwendig ist, um den
Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb
des Fahrzeugs zu gewährleisten.
76 Dabei ist zu beachten, dass die
Ausnahmetatbestände des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO 715/2007/EG eng auszulegen
sind, um das grundsätzlich geltende Verbot von Abschalteinrichtungen nicht
auszuhöhlen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-693/18, aaO Rn.
111; Senatsbeschluss vom 8. Januar 2019 - VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn.
13). Ein Unfall im Sinne dieser Vorschrift ist nur ein unvorhergesehenes und
plötzliches Ereignis, das Schäden oder Gefahren, wie etwa Verletzungen oder
den Tod nach sich zieht (EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-693/18, aaO
Rn. 108). Der Begriff der Beschädigung im Sinne der hier maßgeblichen Norm
bezeichnet einen im Allgemeinen auf einer gewaltsamen oder plötzlichen
Ursache beruhenden Schaden (vergleiche EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 -
C-693/18, aaO). Um den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a
VO 715/2007/EG zu erfüllen, muss die Abschalteinrichtung somit den Motor vor
plötzlichen und außergewöhnlichen Schäden schützen. Nur
Beschädigungsrisiken, die zu einer konkreten Gefahr während des Betriebs des
Fahrzeugs führen, sind geeignet, die Verwendung der Abschalteinrichtung zu
rechtfertigen. Die Bewahrung des Motors vor Verschleiß und Verschmutzung
genügt nicht (EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-693/18, aaO Rn. 113
f.).
77 Ob im gegebenen Fall die nach dieser Maßgabe erforderlichen
Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands erfüllt sind, lässt sich anhand der
bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich nicht
beurteilen. Welchen Sachvortrag die für die tatsächlichen Voraussetzungen
der Ausnahmevorschrift darlegungspflichtige Beklagte gehalten
hat, hat das Berufungsgericht bereits nicht festgestellt. Schon aus diesem
Grund entbehrt die Beurteilung, das Thermofenster sei zum Schutz von
"Bauteilen" erforderlich, einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage. Zudem
hat das Berufungsgericht aus dem Blick verloren, dass es gemäß Art. 5 Abs. 2
Satz 2 Buchst. a VO 715/2007/EG auf den Schutz des Motors ankommt und nicht
pauschal auf den Schutz von "Bauteilen".
78 In Anbetracht dessen wird das
Berufungsgericht den von der Revisionserwiderung in Bezug genommenen
Sachvortrag der Beklagten, die die Existenz eines solchen Thermofensters
jedenfalls in dem hier gewählten Temperaturbereich nicht in Abrede stellt,
jedoch behauptet, das Risiko einer Belag- oder Lackbildung könne zu einem
Versagen des Abgasrückführungssystems führen (siehe auch den Ersten Bericht
der Untersuchungskommission "Volkswagen", S. 18, sowie BT-Drucks. 18/12900,
S. 436 f.), unter Berücksichtigung der nach Erlass des Berufungsurteils vom
Gerichtshof aufgestellten Grundsätze in seinem Urteil vom 17. Dezember 2020
(C-693/18, aaO) zu würdigen haben, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von
Vorabentscheidungsersuchen, die bei dem Gerichtshof anhängig sind und den
durch das hier in Rede stehende Thermofenster definierten Anwendungsbereich
betreffen (vgl. OGH Österreich, Vorabentscheidungsersuchen vom 17. März 2020
- 10 Ob 44/19x, beim EuGH geführt unter C-145/20; auch Landesgericht
Klagenfurt, Vorabentscheidungsersuchen vom 19. Februar 2020, beim EuGH
geführt unter C-128/20; Landesgericht Eisenstadt, Vorabentscheidungsersuchen
vom 29. Januar 2020, beim EuGH geführt unter C-134/20; siehe auch die in den
vorgenannten Rechtssachen ergangenen Schlussanträge des Generalanwalts
Athanasios Rantos vom 23. September 2021, aaO Rn. 105 ff.).
79 (bb) Anders als es im Berufungsurteil anklingt, kann dem Kläger der
Freigabebescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 3. November 2016 nicht
entgegengehalten werden. Im Hinblick auf Abschalteinrichtungen heißt es dort
lediglich, unzulässige Abschalteinrichtungen seien nicht mehr vorhanden; die
nach Vornahme des Software-Updates vorhandenen Abschalteinrichtungen seien
zulässig.
80 (aaa) Ungeachtet dessen, dass ein Thermofenster in dem Bescheid
nicht einmal erwähnt ist, sondern nur pauschal darauf verwiesen wird, dass
Abschalteinrichtungen - soweit vorhanden - als zulässig einzustufen seien,
vermag der Bescheid nicht, die rechtliche Beurteilung, ob eine
Abschalteinrichtung nach dem Maßstab des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VO
715/2007/EG zulässig ist, einer eigenständigen zivilgerichtlichen Prüfung zu
entziehen.
81 Insoweit hat das Berufungsgericht allerdings zu Recht nicht
auf die Tatbestandswirkung eines Verwaltungsakts abgestellt; auch die
Revisionserwiderung macht dies nicht geltend. Maßgeblicher
Regelungsgegenstand des Bescheids vom 3. November 2016 ist ausschließlich
die Freigabe des Updates. Bei den weiteren Ausführungen des
Kraftfahrt-Bundesamts, wonach vorhandene Abschalteinrichtungen zulässig
seien, handelt es sich um Begründungselemente, die von dem Regelungsinhalt
und damit der Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts selbst nicht erfasst
werden (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 16. März 2021 - VI ZR 773/20, VersR 2021,
650 Rn. 14; vom 4. August 2020 - II ZR 174/19, BGHZ 226, 329 Rn. 36; vom 12.
Januar 2007 - V ZR 268/05, NJW-RR 2007, 523 Rn. 11; vom 4. Februar 2004 -
XII ZR 301/01, BGHZ 158, 19, 22).
82 Die zivilrechtliche Beurteilung, ob
aufgrund der Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung - jedenfalls latent -
die Gefahr einer Betriebsuntersagung des Fahrzeugs droht, so dass
ihm die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, ist demgemäß unabhängig von dem vorgenannten
Freigabebescheid vorzunehmen. Die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die
für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde ist zudem an der
objektiven Rechtslage zu messen. Sie hängt nicht davon ab, ob die im
jeweiligen Einzelfall zuständige Zulassungsbehörde eine entsprechende
Betriebsuntersagung nach § 5 Abs. 1 FZV ausgesprochen hat oder eine solche
(zunächst) unterblieben ist. Die den Käufer an der gewöhnlichen Verwendung
hindernde Beschaffenheit liegt - wie ausgeführt (oben II 2 a) - nämlich
nicht erst in der behördlich verfügten Untersagung des Betriebs, sondern
bereits in der durch die unzulässige Abschalteinrichtung hervorgerufenen
Möglichkeit eines entsprechenden behördlichen Eingreifens.
83 (bbb) Der
Inhalt des Freigabebescheids vom 3. November 2016 vermag es auch nicht, die
Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Klägers zu erhöhen, zumal
das Kraftfahrt-Bundesamt bereits nicht offengelegt hat, auf welche
Abschalteinrichtungen es sich bezieht und auf welche Weise es
seine Erkenntnisse konkret gewonnen hat. Allenfalls führt der Bescheid des
Kraftfahrt-Bundesamts dazu, dass die (darlegungs- und beweisbelastete)
Beklagte das Vorbringen des Klägers unter Berufung auf die Freigabe des
Updates substantiiert bestreiten kann (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 2021 -
VIII ZR 254/20, aaO Rn. 87; Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - VIII ZR
226/19, juris Rn. 22).
84 (cc) Die Beklagte kann dem
Ersatzlieferungsbegehren des Klägers schließlich auch nicht entgegenhalten,
das von ihm begehrte Nachfolgemodell sei mit einem vergleichbaren
Thermofenster ausgestattet. Dahingehende Feststellungen hat das
Berufungsgericht nicht getroffen. Übergangenen Sachvortrag der Beklagten
zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
85 (b) Im Zusammenhang
mit dem Thermofenster rügt die Revision des Weiteren, das Berufungsgericht
habe den Sachvortrag des Klägers zu einer Fehlfunktion des
On-Board-Diagnose-Systems (nachstehend: OBD-System) übergangen. Die
Fehlfunktion bestehe auch nach dem Software-Update weiter, weil das
OBD-System Überschreitungen der NOx-Werte aufgrund der Deaktivierung des
Emissionskontrollsystems außerhalb der durch das Thermofenster vorgegebenen
Außentemperaturen als Fehler nicht anzeige. Die Voraussetzungen für
die Erteilung einer Typgenehmigung lägen daher nicht vor. Damit dringt die
Revision nicht durch. Zwar hat das Berufungsgericht die Funktion des
OBD-Systems lediglich im Hinblick auf die Prüfstanderkennungssoftware
gewürdigt, welche mit dem Software-Update beseitigt wird, nicht aber im
Hinblick auf das mit dem Software-Update implementierte Thermofenster. Das
dahingehende Vorbringen des Klägers ist jedoch nicht entscheidungserheblich.
86
(aa) Dass das OBD-System die Funktion eines Teils des
Emissionskontrollsystems selbst aktiviert, verändert, verzögert oder
deaktiviert und somit seinerseits als Abschalteinrichtung im Sinne von Art.
3 Nr. 10 VO 715/2007/EG zu bewerten wäre, macht die Revision nicht geltend
(verneinend insoweit OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Oktober 2020 - 17 U
296/19, juris Rn. 72 [Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch
Beschluss des BGH vom 19. Mai 2021 - VII ZR 229/20, n.v.]; OLG Düsseldorf,
Urteil vom 12. Mai 2021 - 18 U 526/19, juris Rn. 38 f.; OLG Dresden, Urteil
vom 1. Juli 2021 - 11a U 1085/20, juris Rn. 41).
87 (bb) Ohne Erfolg
beanstandet die Revision, dass das OBD-System die Überschreitung von
Grenzwerten nicht erfasse, welche auf der Abschaltung
des Emissionskontrollsystems bei Außentemperaturen unter 15 und über 33
Grad Celsius beruhten.
88 (aaa) Der Überwachung des
Thermofensters durch das OBD-System kommt eine eigenständige Bedeutung für
das im Hinblick auf die hier maßgebliche Frage der Ordnungsmäßigkeit der dem
Kläger angebotenen Nachbesserung im Sinne von § 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB nicht
zu. Sofern die Reduzierung der Abgasrückführung durch das Thermofenster in
dem hier in Rede stehenden Temperatur- und Höhenbereich als unzulässige
Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VO
715/2007/EG zu bewerten sein sollte, wäre bereits dies als unzureichende
Nachbesserung anzusehen, ohne dass es zusätzlich auf die Überwachung des
Thermofensters durch das OBD-System ankäme. Sollte das hier gewählte
Thermofenster hingegen zulässig sein, wäre die angebotene Nachbesserung
durch das Software-Update unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.
89
Schon deshalb ist entgegen der Ansicht der Revision ein
Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof (Art. 267 Abs. 3 AEUV) nicht
geboten, weil ein solches nur erforderlich wäre, wenn sich eine
entscheidungserhebliche und der einheitlichen Auslegung bedürfende Frage des
Unionsrechts stellt (vgl. nur EuGH, Urteile vom 6. Oktober 2021 - C-561/19,
NJW 2021, 3303 Rn. 33 f. - Consorzio Italian Management e Catania
Multiservizi; vom 9. September 2015 - C-160/14, EuZW 2016, 111 Rn. 38 -
Ferreira da Silva; BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020,
2798 Rn. 16). Bereits ersteres ist hier nicht der Fall.
90 (bbb) Zudem
verkennt die Revision die Funktion des OBD-Systems. Nach Art. 3 Nr. 9 VO
715/2007/EG handelt es sich dabei um ein System für die
Emissionsüberwachung, das in der Lage ist, mit Hilfe rechnergespeicherter
Fehlercodes den Bereich von Fehlfunktionen anzuzeigen. Der Begriff der
"Fehlfunktion“ bezeichnet nach Art. 2 Nr. 20 der Verordnung 692/2008/EG der
Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der
Verordnung 715/2007/EG (ABl. L 199 vom 28. Juli 2008) den Ausfall oder das
fehlerhafte Arbeiten eines emissionsrelevanten Bauteils oder Systems, der
beziehungsweise das ein Überschreiten der in Anhang XI Absatz 3.3.2
genannten Emissionsgrenzwerte zur Folge hätte, oder den Fall, dass das
OBD-System nicht in der Lage ist, die grundlegenden Anforderungen von Anhang
XI an die Überwachungsfunktionen zu erfüllen.
91 Nach dieser Maßgabe ist es
ersichtlich nicht Aufgabe des OBD-Systems, zwischen einer rechtlich
zulässigen und einer rechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung zu
unterscheiden. Arbeitet eine Abschalteinrichtung - sei sie
rechtlich zulässig oder unzulässig - mithin technisch so, wie sie
programmiert ist, liegt eine Fehlfunktion nicht vor, so dass die Anzeige
einer Fehlfunktion nicht veranlasst ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil
vom 7. Juli 2021 - 17 U 63/19, juris Rn. 54; OLG Brandenburg, Urteil vom 7.
Juni 2021 - 1 U 104/19, juris Rn. 39; OLG Karlsruhe, Urteil vom 14. Mai 2021
- 8 U 14/20, juris Rn. 77; OLG Hamm, Urteil vom 28. Januar 2021 - 18 U
21/20, juris Rn. 164). Dies ist derart offenkundig, dass für einen
vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Auch aus diesem Grund ist von einer
Vorlage an den Gerichtshof abzusehen ("acte clair"; vgl. etwa EuGH,
Urteile vom 6. Oktober 2021 - C-561/19, aaO Rn. 33, 39 ff.; vom 9. September
2015 - C-160/14, aaO; vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81, NJW 1983, 1257,
1258 - C.I.L.F.I.T.; Senatsurteil vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, BGHZ
229, 59 Rn. 22 mwN).
92 (2) Dem Berufungsgericht unterlaufene Rechtsfehler
zeigt die Revision indes im Hinblick auf weitere Folgemängel auf, die das
Software-Update nach dem Vorbringen des Klägers verursacht. Auch insoweit
hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast
des Klägers überspannt.
93 (a) Der Kläger hat unter
Hinweis auf US-amerikanische Fachpublikationen geltend gemacht, durch das
Software-Update erhöhe sich der Kraftstoffverbrauch auch bei dem ihm
gekauften Fahrzeug um mehr als 10 % gegenüber den Angaben im Kaufvertrag.
Zudem verringere sich die Motorleistung, während die Partikelemissionen
zunähmen.
94 Ferner hat der Kläger behauptet, in zahlreichen Fällen sei es
nach der Installation des Software-Updates zu verstopften
Abgasrückführungs-Ventilen und in der Folge zu einem Zusetzen des
Partikelfilters gekommen. Dieser müsse häufiger ausgetauscht werden, weil
seine Regenerationsfähigkeit und Reinigungskapazität stärker abnähmen. Der
Leistungsabfall könne dazu führen, dass die Motorsteuerung unvermittelt in
den Notlaufmodus wechsele und das Fahrzeug nur noch mit geringer
Geschwindigkeit fortbewegt werden könne.
95 Die Revision verweist des
Weiteren auf Sachvortrag des Klägers, wonach eine mit dem Software-Update
einhergehende Erhöhung des Einspritzdrucks die Haltbarkeit des Motors und
des Dieselpartikelfilters beeinträchtige; die zu erwartende Laufleistung des
Fahrzeugs von mindestens 400.000 Kilometern verkürze sich dadurch um
wenigstens 50 %.
96 (b) Das Berufungsgericht hat auch im Hinblick auf die
vorgenannten, vom Kläger behaupteten Folgemängel verkannt, dass er seiner
sekundären Darlegungslast nachgekommen ist. In Anbetracht dessen ist es
Aufgabe der primär darlegungspflichtigen Beklagten, die von dem Kläger
hinreichend konkret behaupten tatsächlichen Umstände auszuräumen,
gegebenenfalls unter Anbietung von Sachverständigengutachten. Der Kläger hat
ausreichend eine von ihm für wahrscheinlich erachtete nicht ordnungsgemäße
Nachbesserung durch das Software-Update dargetan. Insbesondere durfte er
sich - wie ausgeführt - als Laie auf nur vermutete
Tatsachen stützen, denn er kann mangels eigener Sachkunde und hinreichenden
Einblicks in die Funktionsweise des Software-Updates keine genaue Kenntnis
von dessen konkreten (Aus-)Wirkungen haben und ist deshalb letztlich im
Hinblick auf die von ihm befürchteten negativen technischen Auswirkungen auf
Vermutungen angewiesen.
97 Wie aufgezeigt, führt auch der vom
Berufungsgericht mehrfach herangezogene Umstand, dass in dem
Freigabebescheid des Kraftfahrt-Bundesamts vom 3. November 2016 unter
anderem (pauschal) erklärt wird, nach Vornahme des Updates seien
hinsichtlich der Schadstoffemissionen und der Dauerhaltbarkeit der
emissionsmindernden Einrichtungen die Grenzwerte sowie die
sonstigen Anforderungen eingehalten, die ursprünglich vom Hersteller
angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und CO2-Emissionen bestätigt und die
bisherige Motorleistung unverändert, nicht zu erhöhten
Substantiierungsanforderungen an den Kläger als Laien.
98 (3) Zu Recht rügt
die Revision zudem, das Berufungsgericht habe die
Substantiierungsanforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Klägers
auch im Hinblick auf einen von ihm behaupteten, nach dem Software-Update
verbleibenden merkantilen Minderwert des Fahrzeugs überspannt.
99 (a) Der
Kläger hat vorgetragen, unabhängig davon, ob das Aufspielen des Updates
technische Folgemängel verursache, sei - ebenso wie bei einem Unfallwagen
trotz fachgerecht reparierter Unfallschäden - bei einer
Weiterveräußerung mit hohen Preisabschlägen zu rechnen. Insoweit hat der
Kläger behauptet, der Minderwert liege bei mindestens 10 % des Kaufpreises.
Die Revision nimmt insoweit unter anderem Bezug auf vom Kläger vorgelegte
Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren, die für Fahrzeuge, welche
ebenfalls mit einem Motor der Baureihe EA 189 ausgestattet
waren, Minderwerte zwischen 4 % und 10 % des Kaufpreises ermittelt hätten.
100
(b) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, der dahingehende Sachvortrag
des Klägers sei ohne Substanz geblieben. Anders als bei einem reparierten
Unfallfahrzeug gehe es nicht um eine Einwirkung auf die mechanische
Konstruktion. Im Übrigen sei der Gebrauchtwagenmarkt derart transparent,
dass dem Kläger der Vortrag eines konkret bezifferten Minderwerts zumutbar
sei. Auch diese Beurteilung ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Das
Berufungsgericht hat nicht nur den Sachvortrag des Klägers übergangen, mit
dem er den behaupteten Minderwert konkret beziffert hat. Zu Unrecht hat es
auch die Möglichkeit eines merkantilen Minderwerts von vornherein auf
vollständig und fachgerecht reparierte Unfallfahrzeuge beschränkt.
101 Insbesondere bei Unfallfahrzeugen ist anerkannt, dass selbst nach
vollständiger und fachgerechter Beseitigung des Unfallschadens wegen eines
merkantilen Minderwerts noch ein Mangel verbleiben kann, weil der Charakter
eines Fahrzeugs als Unfallfahrzeug nicht durch Nachbesserung zu beseitigen
ist (siehe ausführlich Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07, BGHZ
181, 170 Rn. 16; Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - VIII ZR 226/19,
juris Rn. 24; jeweils mwN). Ob allerdings die Eigenschaft eines vom
sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs - insbesondere wenn es über
einen Dieselmotor des Typs EA 189 verfügt - in vergleichbarer Weise einen
(unbehebbaren) Sachmangel darstellt, weil sie ebenfalls einen merkantilen
Minderwert zur Folge hat, lässt sich bislang - anders als die Eigenschaft
als Unfallfahrzeug - nicht allgemein gültig und abschließend beantworten
(nach einem Sachverständigengutachten im konkreten Fall verneinend zuletzt
etwa OLG Karlsruhe, NJW-RR 2021, 852 Rn. 39 [zu § 441 BGB]). Denn
bislang ist weder geklärt, wie sich die in den betroffenen Fahrzeugen
verbaute unzulässige Abschalteinrichtung (Prüfstanderkennungssoftware) auf
das Fahrzeug im Übrigen auswirkt, noch - was insoweit entscheidend ist - ob
und inwieweit aufgrund dessen bei weiten Teilen des Publikums wegen eines
nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden oder des
Risikos höherer Schadensanfälligkeit eine den Preis beeinflussende Abneigung
gegen den Erwerb eines derartigen Kraftfahrzeugs besteht, der sich in einer
entsprechenden Herabsetzung des Verkehrswerts niederschlägt (vgl.
Senatsbeschlüsse vom 29. September 2021 - VIII ZR 226/19, juris Rn. 25; vom
9. November 2021 - VIII ZR 184/20, zur Veröffentlichung bestimmt, unter
III 2 b aa (2)).
102 Deshalb ist es jedenfalls derzeit für einen
substantiierten Sachvortrag ausreichend, dass der Kläger behauptet hat, die
ungewissen Auswirkungen des Software-Updates sowie das infolge des
Abgasskandals allgemein gesunkene Vertrauen in die von der Volkswagen AG
produzierten Dieselfahrzeuge führten dazu, dass allein aufgrund des Makels
"vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug" ein Kraftfahrzeug auf dem freien
Markt einen erheblichen Wertverlust erfahre. Dies gilt selbst dann, wenn der
Käufer primär darlegungsbelastet ist (Senatsbeschluss vom 29. September 2021
- VIII ZR 226/19, juris Rn. 26) und erst recht für einen Käufer, dem - wie
hier - lediglich eine sekundäre Darlegungslast obliegt.
103 In
Ansehung dessen war der Kläger nicht gehalten, dem Vortrag der Beklagten
dazu entgegenzutreten, der Fahrzeugwert verfalle allenfalls aufgrund der
Diskussion über Dieselfahrverbote, nicht aber aufgrund des sogenannten
Abgasskandals und der Installation des Software-Updates. Vielmehr wird das
Beru fungsgericht den dahingehenden Sachvortrag der
Beklagten zu würdigen und erforderlichenfalls ihren Beweisangeboten
nachzugehen haben (§ 286 Abs. 1 ZPO).
III.
104 Nach alledem kann das
Berufungsurteil insgesamt keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Die nicht zur Endentscheidung reife Sache ist im Umfang der
Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die erforderlichen
Feststellungen treffen kann.
105 Für das weitere Verfahren weist der Senat
auf Folgendes hin:
106 1. Sollte das Berufungsgericht - nachdem es die
gebotenen Feststellungen getroffen hat - weiterhin zu dem Schluss kommen,
das Software-Update beseitige nicht nur die bereits bei Auslieferung
vorhandene unzulässige Abschalteinrichtung (Prüfstanderkennungssoftware),
sondern führe weder zu den vom Kläger geltend gemachten Folgemängeln noch zu
einem merkantilen Minderwert, wäre die tatrichterliche Bewertung, die
Beklagte könne die vom Kläger gewählte Art der Nacherfüllung
(Ersatzlieferung) verweigern, weil sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten
möglich sei (§ 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF; relative Unverhältnismäßigkeit),
entgegen der Ansicht der Revision rechtsfehlerfrei.
107 a) Die Beurteilung
des Berufungsgerichts, die Kosten der Ersatzlieferung einer mangelfreien
Sache seien im Streitfall um ein Vielfaches - hier etwa um das 117fache -
höher als die Kosten der Nachbesserung, lässt einen Rechtsfehler nicht
erkennen.
108 aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die
Kosten der Ersatzlieferung seien bei dem gebotenen Kostenvergleich nicht zu
berücksichtigen, weil der Letztverkäufer, hier die Beklagte, sie im Wege des
Rückgriffs (§ 478 Abs. 2 BGB in der gemäß Art. 229 § 39 EGBGB für vor dem 1.
Januar 2018 entstandene Schuldverhältnisse geltenden Fassung [im Folgenden:
aF]; nunmehr § 445a Abs. 1 BGB) auf seinen Lieferanten abwälzen könne,
sofern der letzte Kaufvertrag in der Kette ein Verbrauchsgüterkauf war
(§
478 Abs. 1 BGB aF).
109 Nach § 478 Abs. 2 BGB aF kann zwar beim Verkauf einer
neu hergestellten Sache - sofern ein vom Verbraucher geltend gemachter
Mangel bereits bei Gefahrübergang auf den Unternehmer (Letztverkäufer, hier
die Beklagte) vorhanden war - der Unternehmer von seinem Lieferanten Ersatz
der Aufwendungen verlangen, die der Unternehmer im Verhältnis zum
Verbraucher nach § 439 Abs. 2 BGB "zu tragen hatte". Die
Rückgriffvoraussetzungen sind hingegen nicht gegeben, wenn der Unternehmer
sich im Verhältnis zum Verbraucher auf die Einrede der Unverhältnismäßigkeit
berufen kann. Regressfähig ist dann nur der auf die andere Art der
Nacherfüllung entfallende Betrag bezüglich dessen dem Unternehmer die
Einrede aus § 439 Abs. 3 BGB aF/§ 439 Abs. 4 BGB nicht zustand (jurisPK-BGB/Ball, Stand: 1. Februar 2020, § 445a Rn. 11;
BeckOGK-BGB/Arnold, Stand: 1. September 2021, § 445a Rn. 86 mwN).
Demgemäß könnte der Vorlieferant dem Rückgriff des Unternehmers
gegebenenfalls entgegenhalten, dass dieser die vom Verbraucher gewählte Art
der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 BGB aF/§ 439 Abs. 4 BGB hätte
verweigern dürfen (vgl. MünchKommBGB/Lorenz, 8. Aufl., § 445a Rn. 28;
BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. November 2021, § 445a Rn. 20;
BeckOGK-BGB/Arnold, aaO, § 445a Rn. 87). Bereits die Gesetzesmaterialien zum
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sehen dies vor
(BT-Drucks. 14/6040, S. 249 [zu § 478 BGB aF]; ebenso die
Gesetzesmaterialien zu der Nachfolgebestimmung des § 445a BGB vgl.
BT-Drucks. 18/8486, S. 41 f.).
110 bb) Ebenfalls ohne Erfolg rügt die
Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft Nachbesserungskosten
von maximal 100 € pro Fahrzeug berücksichtigt, hingegen nicht beachtet, dass
der Kläger Nachbesserungskosten von 4.000 € bis 5.000 € pro Fahrzeug
behauptet habe. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, die vom
Berufungsgericht für die Nachbesserung zugrunde gelegten Kosten
berücksichtigten die Kosten der Entwicklung des Software-Updates nicht. Dass
die Entwicklungskosten für das Update ohnehin nicht bei der Beklagten
anfallen, sondern beim Hersteller des Fahrzeugs, kann dabei im Streitfall
außer Betracht bleiben. Denn das Berufungsgericht hat die Entwicklungskosten
des Software-Updates ausdrücklich gewürdigt und diese - mit Rücksicht
auf den konkreten Vortrag der Beklagten zu den Kosten der Nachbesserung -
angesichts der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge auf lediglich 7 € pro
Fahrzeug geschätzt (§ 287 Abs. 2, Abs. 1 Sätze 1, 2 ZPO). Dagegen ist
revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
111 b) Das Berufungsgericht hat seiner
tatrichterlichen Beurteilung auch rechtsfehlerfrei zugrunde gelegt, dass
nicht allein auf das Kostenverhältnis der beiden Arten der Nacherfüllung
abzustellen ist, sondern hat beachtet, dass § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB aF
weitere Wertungsgesichtspunkte hervorhebt. Danach ist insbesondere auf den
Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels sowie auf
die Frage Rücksicht zu nehmen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne
erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte.
112 aa) Vergeblich rügt die Revision, das Berufungsgericht habe dabei das
Verschulden des Fahrzeugherstellers unbeachtet gelassen. Zwar ist im
Rahmen von § 439 Abs. 3 BGB aF bei der gebotenen umfassenden Würdigung der
Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, inwieweit der Verkäufer den
Mangel zu vertreten hat. Wie der Senat jedoch bereits mehrfach entschieden
hat, muss sich der Fahrzeughändler ein mögliches arglistiges Verhalten des
Herstellers beim Inverkehrbringen des Kaufgegenstands nicht zurechnen lassen
(vgl. Senatsurteile vom 2. April 2014 - VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337
Rn. 31
mwN; vom 24. Oktober 2018 - VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 97; zum
sogenannten Abgasskandal siehe Senatsurteile vom 29. September 2021 - VIII
ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 29, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt;
vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 90 [zu § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB];
Senatsbeschluss vom 9. Juni 2020 - VIII ZR 315/19, NJW 2020, 3312 Rn. 18).
Dies gilt erst recht für die Beklagte, die vertragliche Beziehungen zum
Fahrzeughersteller gar nicht unterhielt, sondern das Fahrzeug anderweitig
erworben hat.
113 bb) Auch der Umstand, dass die Nachbesserung letztlich
durch den Fahrzeughersteller selbst beziehungsweise durch die Installation
eines von diesem entwickelten Software-Updates vorgenommen werden solle,
rechtfertigt im vorliegenden Fall keine andere Betrachtung. Denn der Kläger
hat dadurch, dass er trotz des von ihm angeführten arglistigen Verhaltens
des Herstellers die Ersatzlieferung eines Neufahrzeugs des besagten
Fahrzeugherstellers verlangt, zu erkennen gegeben, dass er das Vertrauen in
gerade diesen Hersteller trotz dessen arglistigen Handelns nicht verloren
hat (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, aaO Rn. 91; siehe
bereits BGH, Urteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, NJW 2010, 1805 Rn. 10).
Weshalb im Hinblick auf ein mögliches arglistiges Verhalten des Herstellers
für den Käufer allein eine Nachbesserung durch ein von diesem nachträglich
entwickeltes Software-Update, nicht aber durch eine
Ersatzlieferung eines von demselben Hersteller produzierten Nachfolgemodells
unzumutbar sein sollte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
114 2.
Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung hat das
Berufungsgericht schließlich zutreffend entschieden, dass sich der von dem
Kläger geltend gemachte, auf das (Nach-) Erfüllungsinteresse gerichtete
Anspruch weder unter dem Gesichtspunkt des grundsätzlich auf den Ersatz des
Vertrauensschadens beschränkten Anspruchs aus Verschulden bei den
Vertragsverhandlungen (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB;
Senatsurteil vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 118/20, aaO Rn. 83 mwN) noch aus
grundsätzlich allein auf den Ersatz des Erhaltungsinteresses und damit auf
das negative Interesse gerichteten deliktischen Schadensersatzansprüchen
ergibt (Senatsurteil vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 275/19, aaO Rn. 81 f.;
Senatsbeschluss vom 9. Juni 2020 - VIII ZR 315/19, aaO Rn. 25).
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