Objektiver Fehlerbegriff
(Unfallwagen); Voraussetzungen einer (negativen)
Beschaffenheitsvereinbarung; Rücktrittsausschluss wegen Unerheblichkeit des
Sachmangels nach §§ 326 V, 323 V S. 2 BGB beim unbehebbaren Sachmangel
BGH, Urteil vom 12. März
2008 - VIII ZR 253/05
Fundstelle:
NJW 2008, 1517
Amtl. Leitsatz:
a) Zur Auslegung der
Angabe "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" beim Kauf eines Gebrauchtwagens
von einem Fahrzeughändler.
b) Die "Pflichtverletzung", die in der Lieferung eines Gebrauchtwagens mit
dem unbehebbaren Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen liegt, ist im Sinne
von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB unerheblich, wenn sich der Mangel allein in
einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auswirkt und dieser weniger als
1% des Kaufpreises beträgt (im Anschluss an die Senatsurteile vom 14.
September 2005 - VIII ZR 363/04, WM 2005, 2293, unter B II 2, und vom 10.
Oktober 2007 - VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53, unter II 2).
Zentrale Probleme:
In der Entscheidung geht es zunächst um bereits in der
Rspr. des BGH geklärte Fragen: Der Senat legt zunächst dar, dass die Angabe
"Unfallschaden lt. Vorbesitzer Nein" keine Beschaffenheitsvereinbarung im
Sinne des subjektiven Fehlerbegriffs nach § 434 I S. 1 BGB darstellt (S.
auch BGH v. 2.11.2010 - VIII ZR 287/09
sowie
BGH v. 13.3.2013 - VIII ZR 186/12). Einer
solchen bedurfte es aber gar nicht, da die Tatsache eines Vorunfalls, der
nicht nur ein Bagatellunfall war, auch nach dem objektiven Fehlerbegriff des
§ 434 S. 2 Nr. 2 BGB einen Sachmangel darstellt (s.
BGH NJW 2008, 53).
Allerdings sieht er in der Angabe auch keinen Gewährleistungsausschluss oder
eine negative Beschaffenheitsvereinbarung. Er kann damit offenlassen, ob es
mit § 475 BGB vereinbar wäre, das Fahrzeug als "möglicherweise nicht
unfallfrei" zu verkaufen. M.E. dürfte das (leider) nicht zulässig sein, den
§ 475 I verbietet letztlich jede vertragliche Konstruktion, welche dem
Käufer - auch gegen Preisnachlass - das Risiko eines möglicherweise
vorhandenen Mangels aufbürdet (s. dazu die ausf. Anmerkung zu
BGH NJW 2008, 53).
Schließlich beschäftigt sich der Senat noch mit dem Rücktrittsausschluss des
§ 323 Abs. 2 S. 2, der hier über § 326 Abs. 5 BGB anzuwenden war (s. dazu BGH NJW 2006, 1960;
BGH NJW 2007, 2111).
Er legt dabei dar, daß es durchaus möglich ist, daß ein Vorunfall, der nicht
bloß eine Bagatelle war, dennoch einen nur unerheblichen Sachmangel i.S.v. §
323 V S. 2 BGB begründen kann. Er grenzt sich dabei von der möglicherweise
anders zu verstehenden Aussage in
BGH NJW 2008, 53 ab. S. auch
BGH NJW-RR 2010, 1289.
Zu § 323 V S. 1 s. auch
BGH v. 16.10.2009 - V ZR 203/08.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer freien
Kraftfahrzeughändlerin, die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen
Gebrauchtwagen.
2 Mit Vertrag vom 24. Mai 2004 kaufte der Kläger von der Beklagten einen
gebrauchten Personenkraftwagen M. mit Erstzulassung am 25. Juli 2001 und
einer Laufleistung von 54.159 Kilometer zum Preis von 24.990 €. In dem
Bestellformular ist in der Rubrik "Unfallschäden lt. Vorbesitzer"
maschinenschriftlich "Nein" eingetragen. Die Beklagte hatte das Fahrzeug
ihrerseits mit entsprechender Angabe von einer M. Vertretung angekauft. Im
August 2004 wollte der Kläger das Fahrzeug weiterverkaufen. Dabei stellte
sich heraus, dass der Wagen am Heck einen Unfallschaden erlitten hatte. Mit
Anwaltsschreiben vom 13. August 2004 erklärte der Kläger den Rücktritt vom
Kaufvertrag. Damit war die Beklagte, die eine Reparatur anbot, nicht
einverstanden.
3 Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens hat der Kläger die
Beklagte in dem vorliegenden Rechtsstreit auf Rückzahlung des Kaufpreises
und Erstattung der Zulassungskosten Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs
und des zugehörigen Fahrzeugbriefs in Anspruch genommen. Unter Abzug einer
Nutzungsentschädigung hat er zuletzt Zahlung von 23.670,56 € nebst Zinsen
begehrt. Der Kläger hat behauptet, eine Nachfrage bei der Voreigentümerin
habe ergeben, dass einer ihrer Mitarbeiter beim Zurücksetzen gegen ein
Garagentor gefahren sei. Der Schaden an der Heckklappe sei nicht
ordnungsgemäß repariert worden, was vom Fachmann bei näherem Hinsehen mit
bloßem Auge zu erkennen sei. Die Kosten einer ordnungsgemäßen Reparatur
betrügen gemäß den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen 1.020 €
zuzüglich Mehrwertsteuer. Danach verbleibe ein Minderwert, der entgegen den
Angaben des gerichtlichen Sachverständigen nicht nur 8 bis 10% der
Reparaturkosten beziehungsweise 100 €, sondern 3.000 € betrage.
4 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie
auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Mit der vom Senat
zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
6 Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
7 Ein Sachmangel liege nicht schon deshalb vor, weil das Kraftfahrzeug einen
Unfallschaden erlitten habe. Nach § 434 Abs. 1 BGB sei entscheidend die
Beschaffenheitsvereinbarung. Im Kraftfahrzeughandel sei zu differenzieren
zwischen Wagen aus erster Hand, die privat verkauft würden, und
Händlerfahrzeugen. Bei einem privat verkauften Fahrzeug aus erster Hand möge
– je nach Gestaltung des Einzelfalls – unter Umständen stillschweigend
vereinbart sein, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Anders verhalte es sich
aber bei einem Verkauf durch einen Händler, der bezüglich der Unfallfreiheit
keine eigenen Kenntnisse habe, insbesondere dann, wenn der Kaufvertrag die
Angabe "lt. Vorbesitzer" enthalte. Dann beziehe sich der Verkäufer
ersichtlich auf die Angaben des Vorbesitzers. Es handele sich um eine
Wissenserklärung, für die der Verkäufer nicht einstehen wolle. Das gelte
jedenfalls für das streitgegenständliche fast drei Jahre alte Kraftfahrzeug
mit einer Laufleistung von mehr als 50.000 km.
8 Die Beklagte habe die Unfalleigenschaft auch nicht arglistig verschwiegen
(§ 444 BGB). Bei ihr seien Lackschäden, die auf einen Unfall hindeuten
könnten, nicht aufgefallen. Zu einer gezielten Untersuchung auf
Unfallschäden sei sie daher nicht verpflichtet gewesen. Die Beklagte habe
das Fahrzeug lediglich im Zuge einer "Ankaufsinspektion" von einer fremden
Werkstatt überprüfen lassen. Ein etwaiges Verschulden dieser Werkstatt müsse
sie sich nicht gemäß § 278 BGB anrechnen lassen, da die Werkstatt nicht ihre
Erfüllungsgehilfin sei.
II.
9 Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10 1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von dem
Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch aus der kaufrechtlichen
Sachmängelhaftung auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 24. Mai 2004
nicht verneint werden. Auf der Grundlage des in der Revisionsinstanz
zugrunde zu legenden Sach- und Streitstandes hat das Berufungsgericht zu
Unrecht angenommen, dass der Kläger nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag
(§ 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs. 5, § 323 BGB) berechtigt sei, weil das
gekaufte Fahrzeug keinen Sachmangel (§ 434 BGB) aufweise.
11 Das Berufungsgericht ist gemäß dem Vortrag des Klägers – stillschweigend
– davon ausgegangen, dass das Fahrzeug bereits bei Gefahrübergang durch
Übergabe an den Kläger (§ 446 BGB) den später festgestellten Unfallschaden
an der Heckklappe aufwies. Hierin hat es jedoch bei dem hier gegebenen Kauf
eines Gebrauchtwagens vom Händler insbesondere wegen der Angabe der
Beklagten im Bestellformular "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" keinen
Sachmangel gesehen. Das ist, wie die Revision mit Recht beanstandet,
rechtsfehlerhaft.
12 a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass
sich aus der Angabe der Beklagten im Bestellformular "Unfallschäden lt.
Vorbesitzer Nein" keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1
BGB) ergibt, sondern dass es sich hierbei lediglich um eine Wissenserklärung
oder Wissensmitteilung handelt, mit der die Beklagte die Angaben des
Vorbesitzers wiedergibt. Der Senat kann die vom Berufungsgericht
vorgenommene Auslegung der genannten Angabe, die in dieser oder ähnlicher
Form im Gebrauchtwagenhandel auch über den Bezirk des Berufungsgerichts
hinaus gemacht wird (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr.
1389 m.w.N.), im Interesse einer einheitlichen Handhabung und damit der
Rechtssicherheit uneingeschränkt überprüfen (vgl. BGHZ 122, 256, 260 f.;
BGHZ 128, 307, 309; Senatsurteil vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 180/05, WM 2006,
2008 = NJW 2006, 2694, unter II 1 a).
13 aa) Zunächst liegt keine positive Beschaffenheitsvereinbarung des
Inhalts vor, dass das verkaufte Fahrzeug unfallfrei ist. Wer sich, wie
die Beklagte, im Rahmen von Verkaufsverhandlungen für eine Aussage
ausdrücklich auf eine bestimmte Quelle bezieht, bringt damit hinreichend
deutlich zum Ausdruck, woher er die Angabe entnommen hat und dass es sich
dabei nicht um eigenes Wissen handelt. Angesichts dessen kann der Käufer
nicht erwarten, der Verkäufer wolle in vertragsmäßig bindender Weise die
Haftung für die Richtigkeit der Angabe übernehmen und für die Folgen des
Fehlens der betreffenden Eigenschaft einstehen. Aus diesem Grunde hat der
Senat unter der Geltung des alten Kaufrechts beim Gebrauchtwagenhandel die
in dem Bestellformular enthaltene Angabe der PS-Zahl mit dem der
Einschränkung "lt. Vorbesitzer" vergleichbaren Zusatz "lt. Fz.-Brief" nicht
als Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache im Sinne von § 459 Abs. 2
BGB aF angesehen (BGHZ 135, 393, 398; vgl. auch Reinking/Eggert, aaO, mit
Wiedergabe nicht veröffentlichter Rechtsprechung verschiedener
Oberlandesgerichte). Aus dem gleichen Grund ist nach der
Schuldrechtsmodernisierung nicht nur eine Beschaffenheitsgarantie (§ 443
Abs. 1 Alt. 1, § 444 Alt. 2 BGB) zu verneinen, die eine
Eigenschaftszusicherung nach altem Kaufrecht zumindest mit einschließt (BGHZ
170, 86, 91/92 m.w.N.), sondern auch eine Beschaffenheitsvereinbarung.
Soweit der Senat eine solche demgegenüber unter der Geltung des alten
Kaufrechts trotz der Einschränkung "lt. Fz-Brief" oder "laut Vorbesitzer"
bejaht hat (BGHZ, aaO, 400; Urteil vom 31. Januar 1996 – VIII ZR 297/94, WM
1996, 824 = NJW 1996, 1205, unter II 1), hält er hieran nicht mehr fest.
Seinerzeit kam der Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung keine
erhebliche Bedeutung zu, da insoweit ein Gewährleistungsausschluss zulässig
war und ein solcher beim Gebrauchtwagenhandel schon als "Gebot der
wirtschaftlichen Vernunft" (Senatsurteil vom 5. Juli 1978 – VIII ZR 172/77,
WM 1978, 1172, unter II 3) üblicherweise auch vereinbart wurde. Das hat
sich mit der Schuldrechtsmodernisierung insofern geändert, als nunmehr bei
dem für den Gebrauchtwagenhandel typischen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1
BGB) ein Ausschluss der Mängelhaftung (§ 437 BGB) im Kaufvertrag gemäß § 475
Abs. 1 BGB nicht mehr möglich ist. Danach kommt die Annahme der Vereinbarung
einer Beschaffenheit, für deren Fehlen der Verkäufer nach Maßgabe des § 437
BGB haftet, nicht mehr "im Zweifel" (BGHZ, aaO), sondern nur noch in einem
eindeutigen Fall in Betracht. Ein solcher ist hier nicht gegeben. Wie
dargelegt spricht die Einschränkung "lt. Vorbesitzer" vielmehr erkennbar
dafür, dass die Beklagte nicht für die Unfallfreiheit des Fahrzeugs haften
will.
14 bb) Aus der Angabe der Beklagten im Bestellformular "Unfallschäden lt.
Vorbesitzer Nein" ergibt sich andererseits aber auch keine negative
Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass das verkaufte Fahrzeug
möglicherweise nicht unfallfrei ist. Zwar bleibt wegen der Einschränkung
"lt. Vorbesitzer" mittelbar offen, ob das Fahrzeug entgegen den Angaben des
Vorbesitzers vielleicht doch nicht unfallfrei ist. Daraus folgt aber noch
nicht eine entsprechende Vereinbarung. Insoweit kann offen bleiben, ob eine
Vereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB eine vertragliche Abrede
erfordert oder ob übereinstimmende Vorstellungen der Parteien im Vorfeld des
Vertrages ausreichen (vgl. die
Gesetzesbegründung in BT-Drs. 14/6040, S. 213). Unabhängig davon ist
allein dadurch, dass hier eine bestimmte Eigenschaft, nämlich die
Unfallfreiheit des Fahrzeugs, nicht vereinbart ist (vgl. vorstehend unter aa),
ihr mögliches Fehlen noch nicht vereinbart. Vielmehr ist dieser Punkt von
den Parteien schlicht offen gelassen worden.
15 Fehlt es mithin an einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung des
Inhalts, dass das verkaufte Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist,
bedarf es keiner Entscheidung, ob eine solche Vereinbarung gegebenenfalls
nach § 475 Abs. 1 BGB unwirksam wäre, wenn es sich bei dem Kaufvertrag der
Parteien um einen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) handeln würde,
wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat (vgl. dazu
Schinkels, ZGS 2003, 310 ff.; ders., ZGS 2004, 226, 229; ders., ZGS 2005,
333, 334; Münch-KommBGB/Lorenz, 5. Aufl., § 475 Rdnr. 9; Maultzsch, ZGS
2005, 175, 177; ferner Faust in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 475 Rdnr.
10; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 7. Aufl., Rdnr. 750; Schulte-Nölke, ZGS
2003, 184, 187).
16 cc) Liegt nach alledem weder eine positive noch eine negative
Beschaffenheitsvereinbarung vor, stellt die Angabe der Beklagten im
Bestellformular "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" gemäß der Annahme des
Berufungsgerichts richtigerweise eine Wissenserklärung oder – besser –
Wissensmitteilung dar, mit der die Beklagte die Angaben des Vorbesitzers
wiedergibt (vgl. OLG Celle, OLGR 1996, 194; Reinking/Eggert, aaO). Eine
solche Wissensmitteilung ist nicht ohne rechtliche Bedeutung. Diese besteht
vielmehr darin, dass die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311
Abs. 2 BGB dafür haftet, dass sie die Angaben des Vorbesitzers richtig und
vollständig wiedergibt.
17 b) Das Berufungsgericht hat danach zwar zu Recht eine
Beschaffenheitsvereinbarung in Bezug auf die Unfallfreiheit des verkauften
Fahrzeugs verneint. Es hat jedoch verkannt, dass in diesem Fall die
Regelung des § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Danach ist die Sache, soweit
die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, frei von Sachmängeln, wenn sie sich
für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), sonst
wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit
aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach
der Art der Sache erwarten kann (Nr. 2). Die letztgenannte Voraussetzung
ist hier nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sach- und
Streitstoff nicht erfüllt. Das Fahrzeug weist danach nicht eine
Beschaffenheit auf, die bei einem Gebrauchtwagen üblich ist und die der
Käufer erwarten kann.
18 aa) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat,
kann der Käufer auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, wenn keine
besonderen Umstände vorliegen, im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB
erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr
als "Bagatellschäden" gekommen ist. Wie der Senat in diesem Zusammenhang
weiter erkannt hat, sind "Bagatellschäden" bei Personenkraftwagen nur ganz
geringfügige, äußere (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden,
auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand
nur gering war; ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden
ist, ist nicht von Bedeutung (Senatsurteil
vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53, unter II 1 b m.w.N.).
19 bb) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall nicht von einem
"Bagatellschaden", sondern von einem Fahrzeugmangel auszugehen. Das
Berufungsgericht hat keine Feststellungen zu den Unfallschäden des
verkauften Fahrzeugs getroffen. Daher ist insoweit der Vortrag des Klägers
zugrunde zu legen. Dieser beruht auf den Feststellungen in dem Gutachten,
das der gerichtlich bestellte Sachverständige im selbständigen
Beweisverfahren erstattet und in erster Instanz des vorliegenden
Rechtsstreits erläutert hat. Danach ist die Heckklappe des Fahrzeugs bei dem
Unfall links oben eingebeult worden, so dass sie vor der – nicht fachgerecht
ausgeführten – Neulackierung gespachtelt werden musste. Die Kosten einer
ordnungsgemäßen Reparatur hat der Sachverständige insoweit zuletzt mit 1.020
€ brutto angegeben. Angesichts dessen kann bei dem zum Zeitpunkt des
Kaufvertrages knapp drei Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von
rund 54.000 km von einem "Bagatellschaden", mit dem ein Käufer
vernünftigerweise rechnen muss, keine Rede sein. Das hat auch bereits das
Landgericht angenommen.
20 2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig dar (§ 561 ZPO). War das verkaufte Fahrzeug gemäß den vorstehenden
Ausführungen nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sach-und
Streitstand wegen des Unfallschadens an der Heckklappe bei Gefahrübergang
mangelhaft, kann ein Recht des Klägers, gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs.
5, § 323 BGB vom Kaufvertrag zurückzutreten, nach dem der
Revisionsentscheidung zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand nicht
verneint werden.
21 a) Einer vorangehenden Fristsetzung zur Nacherfüllung durch
Nachbesserung der nach der Behauptung des Klägers nicht ordnungsgemäß
ausgeführten Reparatur bedurfte es nicht, weil der Mangel, der in der
Eigenschaft des Fahrzeugs als Unfallwagen liegt, nicht behebbar ist (§
326 Abs. 5 BGB). Durch Nachbesserung lässt sich dieser Mangel nicht
korrigieren. Eine Ersatzlieferung ist bei dem hier vorliegenden
Gebrauchtwagenkauf regelmäßig nicht möglich (vgl.
BGHZ 168, 64, 71 ff.). Umstände, welche die
Annahme eines Ausnahmefalles nahe legen könnten, sind weder festgestellt
noch sonst ersichtlich. Übergangenen Vortrag zeigt die Revisionserwiderung
nicht auf.
22 b) Dem Rücktritt steht nach dem in der Revisionsinstanz mangels
diesbezüglicher Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblichen Vortrag
des Klägers auch nicht § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB entgegen. Danach ist die
"Pflichtverletzung", die in der Lieferung des Fahrzeugs mit dem unbehebbaren
Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen liegt, nicht unerheblich. Der
Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen kann sich hier bei dem verkauften
Fahrzeug nach Art des Unfallschadens allein in einem merkantilen Minderwert
auswirken. Nach der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers beträgt
der merkantile Minderwert des Fahrzeugs, der auch bei einer ordnungsgemäßen
Reparatur verbleibt, entgegen den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen
nicht nur 8 bis 10% der Reparaturkosten beziehungsweise 100 €, sondern 3.000
€. Würde der merkantile Minderwert des Fahrzeugs dagegen gemäß den Angaben
des Sachverständigen lediglich 100 € und damit noch weniger als 1% des
Kaufpreises von 24.990 € betragen, wäre die "Pflichtverletzung" allerdings
zweifellos unerheblich (vgl. Senatsurteil vom 14.
September 2005 - VIII ZR 363/04, WM 2005, 2293, unter B II 2). Soweit
der Senat zuletzt im Urteil vom 10. Oktober 2007 (aaO,
unter II 2), ohne die Frage zu vertiefen, davon ausgegangen ist, dass
bei einem nicht behebbaren Mangel wie dem hier in Rede stehenden - stets -
eine erhebliche "Pflichtverletzung" gegeben ist, hält der Senat hieran nach
erneuter Überprüfung nicht mehr fest.
III.
23 Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der
Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es gemäß den
vorstehenden Ausführungen noch weiterer Feststellungen bedarf. Daher ist das
Berufungsurteil aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und
Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
|