Schuldrechtlicher
Anspruch auf Vertragsaufhebung aus culpa in contrahendo bei vorvertraglichen
Falschauskünften (§§ 280 I, 311 II, 241 II, 249 S. 1 BGB); Verhältnis zur
Arglistanfechtung (keine analoge Anwendung von § 124 BGB);
Kausalitätsvermutung; Verhältnis zum Gewährleistungsrecht
BGH, Urteil vom 17. Januar
2008 - III ZR 224/06
Fundstelle:
NJW-RR 2008, 564
Amtl. Leitsatz:
a) Erhält der
Maklerkunde vom Verkäufer während der Vertragsverhandlungen und während der
notariellen Beurkundung des Kaufvertrags die unzutreffende Auskunft, das
Grundstück sei nicht restitutionsbefangen, und schließt er deshalb den
Kaufvertrag ab, steht ihm wegen der Verletzung von Pflichten des durch die
Aufnahme von Vertragsverhandlungen entstandenen Schuldverhältnisses, sofern
er hierdurch einen Schaden erlitten hat, ein Schadensersatzanspruch zu, der
den Verkäufer nach § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Käufer so zu stellen,
als habe er den Kaufvertrag nicht geschlossen.
b) Löst sich der Käufer unter solchen Umständen vom Kaufvertrag, ehe die
nach der Grundstücksverkehrsordnung erforderliche Genehmigung erteilt wird,
wird der Kaufvertrag nicht wirksam; ein Provisionsanspruch des Maklers
entsteht dann nicht.
c) Während des Schwebezustands bis zur Erteilung der
Grundstücksverkehrsgenehmigung stehen dem Käufer in Bezug auf die
Restitutionsbefangenheit des Grundstücks keine Gewährleistungsansprüche zur
Verfügung, die Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei den
Vertragsverhandlungen berühren könnten.
Zentrale Probleme:
Der Fall hat seinen "Aufhänger" im Maklerrecht, behandelt
aber grundsätzliche und höchst umstrittene Fragen des Allgemeinen Teils und
des Schuldrechts. Im Kern geht es darum, ob und unter welchen
Voraussetzungen ein Vertragspartner wegen einer (fahrlässigen)
vorvertraglichen Pflichtverletzung auf schadensersatzrechtlichem Wege
Auflösung des Vertrages verlangen kann. Die Haftungsbegründung ist dabei als
solche noch relativ problemlos: Die vorvertragliche Falschauskunft ist eine
Pflichtverletzung gem. § 280 I, 311 II, 241 II BGB, im Wege des
Schadensersatzes ist der Geschädigte so zu stellen, wie er stünde, wenn er
richtig informiert worden wäre. Das führt zu einem schuldrechtlichen
Anspruch auf Vertragsaufhebung, wenn der Getäuschte den Vertrag bei
richtiger Aufklärung nicht geschlossen hätte (interessanter Weise spricht
der Senat hier sogar von einem "Rücktritt", geht
aber letztlich wohl doch nicht von einem einseitigen Gestaltungsrecht,
sondern von einem Anspruch auf Vertragsaufhebung aus). An sich hätte er
jetzt zu beweisen, daß er den Vertrag dann nicht geschlossen hätte. Die
Rspr. kommt hier aber seit jeher zu einer Beweislastumkehr (s. dazu
etwa BGH NJW 2007, 1447
sowie BGHZ 168, 35).
Es stellt sich aber weiter das Problem des Konkurrenzverhältnisses zu §§
123, 124 BGB. Der Senat gibt hier die bisherige Rspr. wieder, welche in
höchst zweifelhafter Weise das entscheidende Abgrenzungsmerkmal darin sieht,
daß die Haftung aus c.i.c. anders als die Anfechtung nach § 123 BGB einen
Vermögensschaden voraussetzt (s. etwa BGH NJW 2006,
845). Das ist zumindest seit der Schuldrechtsreform unrichtig (s. dazu
BGH
NJW 2001, 962 ff und
BGH NJW 2001, 436; s. dazu die Anm.
zu
BGH NJW 1998,
302 und
BGH NJW 2002, 2774).
Das Problem des Konkurrenzverhältnisses zum kaufrechtlichen
Gewährleistungsrecht (s. dazu die Anm. zu
OLG Köln NJW 2005, 1666 mit umfangreichen Nachw.
der Rspr.) meinte der Senat hier nicht klären zu müssen, weil der
Kaufvertrag mangels erforderlicher behördlicher Genehmigung noch nicht
wirksam geworden war und daher Rechtsmängelansprüche noch nicht bestanden.
S. dazu jetzt BGH NJW 2009, 2120.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die klagende Maklerin, die Provisionsansprüche geltend macht, übergab dem
Beklagten ein auf den 1. Februar 2002 datiertes Exposé über ein
denkmalgeschütztes Sanierungsobjekt in Z. ; das Exposé enthielt einen
Hinweis auf die vom Käufer zahlbare Maklerprovision in Höhe von 5 v.H.
zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Über dieses Objekt schlossen die
Sparkasse Z. als Verkäuferin und der Beklagte als Käufer am 21. Juni 2002
einen notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag. Die für diesen Vertrag
erforderliche Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung wurde am 11.
Dezember 2003 erteilt. Zuvor, nämlich am 5. November 2003, hatte der
Beklagte gegenüber der Verkäuferin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und
dies unter anderem damit begründet, die Verkäuferin habe ihm - der Wahrheit
zuwider - vor und während der Beurkundung des Kaufvertrags zugesichert, dass
es keine vermögensrechtlichen Ansprüche gebe, und ihn in der nachfolgenden
Zeit mit falschen Versprechungen hingehalten. Der Kaufvertrag wurde in der
Folge nicht durchgeführt. Der Beklagte bestreitet seine Provisionspflicht
mit Rücksicht auf die geschilderten Umstände und behauptet weiter, auch die
Klägerin selbst habe über die Restitutionsbefangenheit des Grundstücks
unrichtige Angaben gemacht.
2 Das Landgericht hat der auf Zahlung von 22.241,20 € nebst Zinsen
gerichteten Klage - bis auf eine geringfügige Zinsmehrforderung -
stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten
zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der
Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
3 Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
4 Das Berufungsgericht führt aus, der Kaufvertrag sei mit der
Grundstücksverkehrsgenehmigung wirksam geworden und habe damit den
Provisionsanspruch der Klägerin für die von ihr erbrachte und ursächlich
gewordene Maklerleistung ausgelöst. Dass der Beklagte zuvor bereits von dem
Kaufvertrag zurückgetreten sei, beeinträchtige den Provisionsanspruch nicht.
Zwar führe ein auf Verschulden bei Vertragsschluss gestützter Rücktritt, der
vor Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung erklärt werde, zur
Vernichtung des Austauschverhältnisses, bevor dieses Wirksamkeit erlange.
Ein solches Rücktrittsrecht sei aber schon im Ansatz zweifelhaft. Die
Belastung mit einem Rückübertragungsanspruch sei als Rechtsmangel der
Kaufsache einzuordnen. Nach dem zum 1. Januar 2002 neu ausgestalteten
Kaufrecht gelte für Rechts- und Sachmängel einheitlich das
Gewährleistungsrecht der §§ 434 bis 441 BGB, neben dem - wie nach früherem
Recht bei Sachmängeln - Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht
in Betracht kämen. Es komme hinzu, dass der Beklagte, der sein
Gestaltungsrecht erst 15 Monate nach Kenntnis des Rechtsmangels ausgeübt
habe, den Zusammenhang mit der der Verkäuferin angelasteten
Pflichtverletzung nicht hinreichend dargelegt habe. Die in § 124 BGB
geregelte Jahresfrist für eine Arglistanfechtung, die hier verstrichen sei,
belege, dass eine Rückabwicklung des Vertrags wegen einer anderen gleich
oder minder schweren Vertragsverletzung ausgeschlossen sei.
5 Bei einer tiefer greifenden Analyse sei für den Beklagten zudem der Grund
für den Rücktritt nicht die mangelnde Information über etwaige
Rückübertragungsansprüche gewesen, sondern der Umstand, dass er als
Privatmann nicht in der Lage und willens gewesen sei, "mit einer doch großen
Immobilieninvestition so lange in der Luft zu hängen". Er werfe der
Verkäuferin damit Verzug bei der Beseitigung eines Rechtsmangels vor, was
nach §§ 437, 440 BGB zu beurteilen sei. Unterstelle man, was allerdings
nicht ohne Zweifel sei, die Anwendbarkeit dieser Regelung auch während der
Phase, in der der Vertrag schwebend unwirksam sei, zugunsten des Beklagten,
sei sein Rücktritt unwirksam, weil diesem eine Fristsetzung nicht
vorausgegangen sei. Dass dem Beklagten das weitere Zuwarten unzumutbar
gewesen sei, werde mit Rücksicht darauf, dass der Problembereich der
Rückübertragungsansprüche einer vertraglichen Regelung zugeführt worden sei,
nicht hinreichend konkret dargelegt.
II.
6 Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7 1. Im Ausgangspunkt trifft es allerdings zu, dass die Parteien einen
Maklervertrag geschlossen haben, in dessen Rahmen die Klägerin dem Beklagten
die später genutzte Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachgewiesen
hat. Hiernach hängt die Provisionspflicht des Beklagten davon ab, dass
dieser Grundstückskaufvertrag wirksam zustande gekommen ist. Dies war nicht
bereits im Zeitpunkt der Rechnungsstellung der Klägerin vom 24. Juni 2002 -
drei Tage nach der Beurkundung -, sondern mit Rücksicht auf die nach § 1
Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 GVO erforderliche Genehmigung nicht vor deren
Erteilung am 11. Dezember 2003 der Fall; denn vorher war der Kaufvertrag,
worüber auch der Notar die Beteiligten unter VIII 1 der Urkunde belehrt
hatte, schwebend unwirksam. Sollten der Beklagte und die Verkäuferin, was
das Berufungsgericht angenommen hat, den Kaufvertrag nach seiner Genehmigung
aufgehoben haben, würde dies den Provisionsanspruch der Klägerin nicht
berühren (BGH, Urteil vom 11. November 1992 - IV ZR 218/91 - NJW-RR
1993, 248, 249; Senatsurteile vom 20. Februar 1997 - III ZR 81/96 - NJW
1997, 1583; vom 14. Dezember 2000 - III ZR 3/00 - NJW 2001, 966, 967). Das
würde selbst dann gelten, wenn die Kaufvertragsparteien den Vertrag nach
Erteilung der Genehmigung wegen eines Anfechtungsrechts des Beklagten
einvernehmlich aufgehoben hätten. Denn nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts war die für eine Arglistanfechtung maßgebliche Jahresfrist
des § 124 Abs. 1 BGB bereits abgelaufen, als der Beklagte mit Rücksicht auf
behauptete falsche Zusicherungen der Verkäuferin den Rücktritt vom
Kaufvertrag erklärte (vgl. zu den Auswirkungen eines Anfechtungsrechts
auf den Provisionsanspruch Senatsurteile vom 14. Dezember 2000 aaO; vom 22.
September 2005 - III ZR 295/04 - NJW 2005, 3778, 3779).
8 2. Es kommt jedoch in Betracht, dass sich der Beklagte von den
Bindungen des mit der Verkäuferin geschlossenen Vertrags vor dessen
Wirksamwerden berechtigterweise gelöst hat. Der Beklagte hat hierzu
vorgetragen und unter Beweis gestellt, er habe die Chefin der
Immobilienabteilung der Verkäuferin und einen Mitarbeiter der Klägerin vor
der Beurkundung und im Beurkundungstermin gefragt, ob vermögensrechtliche
Ansprüche vorlägen. Die Befragten hätten ihm zugesichert, dass keine
vermögensrechtlichen Ansprüche bestehen würden und dass dies durch die
Sparkasse abgeklärt worden sei. Demgegenüber habe er im August 2002
erfahren, dass seinerzeit insgesamt 21 vermögensrechtliche Ansprüche
angemeldet gewesen seien, von denen der erste bereits im Jahr 1991 gestellt
worden sei. Da er - damals selbst als Notar tätig - gewusst habe, wie lange
die Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche dauern könne, habe er
auf die Klärung dieses Umstands Wert gelegt und zum Ausdruck gebracht, dass
er vom Abschluss des Vertrages Abstand nehme, wenn solche Ansprüche erhoben
seien. Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat,
ist revisionsrechtlich vom Vorbringen des Beklagten auszugehen. Dann aber
lässt sich ein Recht des Beklagten, vom Kaufvertrag Abstand zu nehmen, nicht
verneinen.
9 a) Wie das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, führt ein auf ein
Verschulden bei Vertragsschluss gestützter Rücktritt,
der vor der Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung erklärt wird, zur
Vernichtung des Kaufvertrages, bevor dieser Wirksamkeit erlangt, so dass der
Provisionsanspruch des Maklers nicht zur Entstehung gelangt. Der Beklagte
hat geltend gemacht, die Verkäuferin habe im Vorfeld eines Vertragsschlusses
und bei Vertragsschluss falsche Angaben gemacht, also Pflichten des durch
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen entstandenen Schuldverhältnisses (§
311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB) verletzt. Darin steckt auch der
Vorwurf, die Verkäuferin sei ihrer Pflicht nach § 3 Abs. 5 VermG, sich vor
einer Verfügung bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen über das
Vorliegen einer Anmeldung zu vergewissern, nicht nachgekommen. Dieses
Vorbringen rechtfertigt nach § 280 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzanspruch,
der die Verkäuferin nach § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Beklagten so zu
stellen, als habe er den Kaufvertrag nicht geschlossen.
10 b) Die Bedenken des Berufungsgerichts, diese durch die
Schuldrechtsreform in § 311 Abs. 2, 3 BGB kodifizierten Grundsätze der culpa
in contrahendo im Hinblick auf das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht auf
den vorliegenden Fall anzuwenden, sind nicht begründet. Im Ausgangspunkt
trifft es zwar zu, dass die (verschwiegene) Restitutionsbefangenheit des
Grundstücks als Rechtsmangel im Sinn des § 435 Satz 1 BGB anzusehen ist und
dass für die kaufrechtliche Gewährleistung die Unterscheidung von Sach- und
Rechtsmängeln aufgegeben worden ist. Welche Folgen sich hieraus für das
Verhältnis des Gewährleistungsrechts zu Schadensersatzansprüchen wegen
Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ergeben (vgl. zur Konkurrenz
dieser Ansprüche und Gewährleistungsansprüchen wegen Rechtsmängeln nach
früherem Recht BGH, Urteil vom 6. April 2001 - V ZR 394/99 - NJW 2001, 2875
f), bedarf hier aber keiner allgemeinen Beantwortung, da dem Beklagten,
was den hier geltend gemachten Mangel angeht, Gewährleistungsrechte von
vornherein nicht zur Verfügung standen. Solange der geschlossene Kaufvertrag
wegen der ausstehenden Grundstücksverkehrsgenehmigung schwebend unwirksam
war, konnte der Beklagte weder Erfüllung verlangen noch
Gewährleistungsrechte, die ebenfalls der Erfüllung dienen, geltend machen
(vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 - NJW 1993, 648,
651; vgl. auch BGHZ 65, 123, 126; Zimmermann, in: Rechtshandbuch Vermögen
und Investitionen in der ehemaligen DDR, Bd. III, § 1 GVO Rn. 11). Zwar
können sich auch während des Schwebezustands aus dem Kaufvertrag bestimmte
Leistungspflichten ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 1998 - V ZR
17/98 - NJW 1999, 1329 f); solche konnten sich aber vor Erteilung der
Grundstücksverkehrsgenehmigung nicht auf die Verschaffung des von
Restitutionsansprüchen unbelasteten Eigentums beziehen oder insoweit einen
Leistungsverzug begründen (vgl. Zimmermann aaO). War die Genehmigung
erteilt, entfiel der Rechtsmangel von selbst. Deswegen können denkbare
Gewährleistungsansprüche in der hier vorliegenden Konstellation keine
Sperrwirkung für Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei den
Vertragsverhandlungen entfalten.
11 c) Ein Anspruch des Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrags nach
§ 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB wird auch nicht dadurch
ausgeschlossen, dass sich der Beklagte erst nach Ablauf der Jahresfrist des
§ 124 Abs. 1 BGB dazu entschlossen hat, den Rücktritt vom Kaufvertrag zu
erklären. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Frist des § 124 Abs.
1 BGB belege, dass sich der Beklagte nach Ablauf dieser Frist nicht auf eine
gegenüber der Arglistanfechtung gleich oder minder schwere
Vertragsverletzung berufen könne, trifft nicht zu und widerspricht der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteile vom 18. September 2001
- X ZR 107/00 - NJW-RR 2002, 308, 309 f; vom 10.
Januar 2006 - XI ZR 169/05 - NJW 2006, 845, 847). Zwar könnte man einen
Wertungswiderspruch darin sehen, wenn Ansprüche wegen eines Verschuldens bei
Vertragsverhandlungen allgemein weitergingen als die nach § 124 Abs. 1 BGB
zeitlich begrenzten Rechte wegen einer arglistigen Täuschung. Diese
Sichtweise berücksichtigt jedoch nicht, dass die Arglistanfechtung lediglich
die freie Selbstbestimmung auf rechtsgeschäftlichem Gebiet gegen unerlaubte
Mittel der Willensbeeinflussung schützen soll, während ein auf ein
Verschulden bei Vertragsverhandlungen gestützter Schadensersatzanspruch
zusätzlich voraussetzt, dass dem Betroffenen durch die unlautere Einwirkung
auf seine Willensbildung ein Schaden entstanden ist (vgl.
BGH, Urteile vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 -
NJW 1998, 302, 303 f; vom 19. Dezember 1997 - V
ZR 112/96 - NJW 1998, 898).
12 d) Einen solchen Schaden hat der Beklagte zwar nicht beziffert, aber für
die Zwecke des anhängigen Prozesses hinreichend dargelegt. Er hat nämlich
unter Beweisantritt behauptet, er habe der Verkäuferin und der Klägerin
verdeutlicht, dass er das Grundstück zur gewerblichen Vermietung kaufe; er
habe in Verhandlungen mit Mietinteressenten gestanden, die er - im Hinblick
auf die ausstehende Genehmigung - habe hinhalten müssen und die abgesprungen
seien und sich andere Standorte gesucht hätten. Neue ernsthafte und potente
Mietinteressenten habe er nicht ansprechen können, da er keine verlässlichen
Angaben zur tatsächlichen Umsetzung des Projekts habe machen können, zumal
die Verkäuferin ihre mehrfachen Versprechungen, in 14 Tagen seien die
Hindernisse für eine Erteilung der Genehmigung beseitigt, nicht gehalten
habe. Demgegenüber sah der Kaufvertrag andere zeitliche Abläufe vor. Der
Gefahrübergang war bereits zum 1. Juli 2002 vereinbart, und die
Kaufpreisfälligkeit sollte spätestens zum 30. September 2002 eintreten, was
dem Beklagten in einem überschaubaren Zeitraum Gelegenheit bot, die
Finanzierung und die vorgesehenen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen
vorzunehmen.
13 Dass dem Beklagten durch die nicht vorhergesehene
Restitutionsbefangenheit des Grundstücks und die darauf beruhenden
Verzögerungen ein Schaden entstanden ist, wird nicht durch die Überlegung
des Berufungsgerichts ausgeräumt, die Kaufvertragsparteien hätten den
Problembereich der Rückübertragungsansprüche gesehen und einer Regelung
zugeführt. Der Senat vermag dem Kaufvertrag lediglich zu entnehmen, dass der
Notar die Beteiligten auf die normale gesetzliche Folge hingewiesen hat,
dass der Kaufvertrag bis zur Erteilung der Genehmigung nach der
Grundstücksverkehrsordnung schwebend unwirksam ist. Im Übrigen enthält der
Kaufvertrag keinen Hinweis, dass die Restitutionsbefangenheit des
Grundstücks gesehen worden wäre. Vielmehr soll die Verkäuferin nach der
Behauptung des Beklagten explizit gesagt haben, es bestünden keine
Rückübertragungsansprüche. Unter diesen Umständen war zwar die
Grundstücksverkehrsgenehmigung weiterhin notwendig; aber ihre Erteilung wäre
nur eine Formsache gewesen, weil nur zu prüfen gewesen wäre, ob
Restitutionsansprüche geltend gemacht waren. Dies hätte in wenigen Wochen
erledigt werden können und stünde mit den oben angeführten zeitlichen
Vorstellungen der Kaufvertragsparteien in Einklang.
14 e) Nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen des Beklagten kann auch
nicht in Zweifel gezogen werden, dass die Lösung vom Kaufvertrag letztlich
auf die unrichtige Auskunft der Verkäuferin zurückgeht. Die Kausalität lässt
sich - anders als das Landgericht gemeint hat - nicht schon deshalb
verneinen, weil sich der Beklagte mit seiner Rücktrittserklärung etwa 15
Monate Zeit gelassen hat.
15 Grundsätzlich kann sich der Geschädigte bei einem
Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss auf den
Nachweis beschränken, dass der Vertragsgegner seine Pflichten verletzt hat.
Es ist deshalb Sache des Vertragsgegners, die Ursächlichkeit der
Pflichtverletzung für den Vertragsschluss und den möglichen Schaden
auszuräumen, im Streitfall also darzulegen, dass der Beklagte den Vertrag
unverändert auch dann abgeschlossen hätte, wenn er über das Vorliegen der
Restitutionsanträge unterrichtet gewesen wäre (vgl. BGHZ 111, 75, 81 f;
124, 151, 159 f; BGH, Urteil vom 26. September 1997
aaO). Diese Darlegungslast trifft vorliegend die Klägerin, da sie mit
ihrem Provisionsanspruch ein Recht geltend macht, das den
beanstandungsfreien Abschluss des Kaufvertrags voraussetzt. Ob die
Beweisführung der Klägerin insoweit erleichtert werden kann, als sich der
Beklagte erst nach 15 Monaten zur endgültigen Vertragslösung entschlossen
hat, mag im jetzigen Verfahrensstadium offen bleiben. Sein unter Beweis
gestelltes Vorbringen, mit dem im Einzelnen nachvollziehbar erklärt wird,
weshalb er mit seiner Rücktrittserklärung zugewartet hat, kann jedenfalls,
sollte es im Weiteren darauf ankommen, nicht unbeachtet bleiben.
16 3. Dem Berufungsgericht ist auch nicht darin beizutreten, das Vorbringen
des Beklagten rechtfertige nicht die Annahme einer eigenen Pflichtverletzung
der Klägerin.
17 Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen des
Beklagten hat ein Mitarbeiter der Klägerin die unzutreffende Auskunft
erteilt, das als Kaufobjekt ins Auge gefasste Grundstück sei nicht
restitutionsbefangen. Die Klägerin schuldete dem Beklagten, mit dem sie
vertraglich verbunden war, eine zutreffende Auskunft. Konnte sie die hier
nach dem Vorbringen des Beklagten mehrfach und bei verschiedenen
Gelegenheiten gestellte Frage nicht aus eigener Kenntnis beantworten, durfte
sie sich auch nicht ohne weiteres die von der Verkäuferin erteilte Auskunft
zu eigen machen oder sich ihr verstärkend anschließen (vgl. Senatsurteile
vom 28. September 2000 - III ZR 43/99 - NJW 2000, 3642; vom 18. Januar 2007
- III ZR 146/06 - NJW-RR 2001, 711, 712 Rn. 11 f), weil der Beklagte die
besondere Bedeutung seiner Fragestellung für seinen Kaufentschluss deutlich
gemacht hatte. Unter diesen besonderen Umständen hätte die Klägerin, die von
sich aus zu einer Erkundigung oder Nachforschung nicht verpflichtet war,
eine mangelnde Kenntnis offenbaren müssen. Soweit das Berufungsgericht
meint, die vom Beklagten vorgetragenen "Beteuerungen" würden der Klägerin
und der Verkäuferin gleichermaßen ohne deutliche Trennung zugeordnet, findet
dies seine Erklärung darin, dass sich beide anlässlich der notariellen
Beurkundung in der wiedergegebenen Weise geäußert haben sollen; vor allem
aber rechtfertigt die Qualifizierung des Vortrags des Beklagten als
"Beteuerungen" nicht, sich über dessen Beweisanerbieten hinwegzusetzen. Ob
sich die Klägerin dem Beklagten gegenüber pflichtgemäß verhalten hat, ist -
anders als das Berufungsgericht meint - allein auf der Grundlage der
zwischen ihnen bestehenden Vertragsbeziehung zu beurteilen.
III.
18 Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Nachholung
der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
19 Sollte sich im Weiteren ergeben, dass dem Beklagten keine unrichtigen
Auskünfte über die Restitutionsbefangenheit des Grundstücks gegeben worden
sind und die Verkäuferin ihrer Vergewisserungspflicht nachgekommen ist, be
steht Gelegenheit zu prüfen, ob der Beklagte nach § 242 BGB gehalten war,
den vor Erteilung der Genehmigung bestehenden Schwebezustand unbegrenzt
lange hinzunehmen, insbesondere ob das Erreichen des Vertragszwecks
hierdurch gefährdet wurde (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX
ZR 43/92 - NJW 1993, 648, 651).
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