Unterlassungsanspruch bei Besitzstörung (§ 862 I 2 BGB)
bei unberechtigten Parken; Besitzstörung bei Nichteinhaltung der Bedingungen
der Besitzüberlassung; Kfz-Halter als Zustandsstörer; Wiederholungsgefahr;
(kein) Anspruch aus GoA für die Kosten der Halteranfrage
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2015 - V
ZR 160/14 - LG Regensburg
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung
eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes ist eine unbedingte
Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber nicht geschuldet. Macht er
das Parken von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins
abhängig, begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sein Fahrzeug abstellt,
ohne sich daran zu halten.
b) Hat ein Fahrzeughalter sein Fahrzeug einer anderen Person überlassen,
kann er als Zustandsstörer unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr
auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er auf die Aufforderung
des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer
zu benennen, schweigt.
c) Dem Parkplatzbetreiber steht gegen
den als Zustandsstörer auf Unterlassung in Anspruch genommenen
Fahrzeughalter kein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Halteranfrage zu
(insoweit Aufgabe von Senat, Urteil vom 21.
September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 13)
Zentrale Probleme:
Es geht einmal mehr um Ansprüche wegen unberechtigten
Parkens. Wieder geht es um einen Unterlassungsanspruch gegen den
Fahrzeughalter als Zustandsstörer (s. dazu die Anm. zu BGH v. 21.9.2012 - V ZR 230/11).
Die dort vertretene Auffassung zur GoA gibt der Senat hier auf.
Von Interesse ist die Entscheidung vor allem für Fragen des Besitzschutzes,
insbesondere in Bezug auf das Vorliegen verbotener Eigenmacht bei einer von
bestimmten Bedingungen abhängig gemachten Gebrauchsüberlassung (s. bei Rn.13
ff in Abgrenzung zur Miete). S. im Übrigen zu diesem Thema
BGH NJW 2009, 2530;
BGH v. 2.12.2011 - V ZR 30/11; BGH v.
6.7.2012 - V ZR 268/11, BGHZ 181, 233,
BGH v. 11.3.2016 - V ZR
102/15 sowie BGH v. 17.11.2023 - V ZR 192/22.
©sl 2016
Tatbestand:
1 Die Klägerin betreibt einen privaten Parkplatz im
Obergeschoss eines Gebäudes. Eine Beschilderung weist die Nutzer auf die
Vertrags- und Einstellbedingungen der Klägerin hin. Danach ist der Nutzer
mit der Einfahrt in die Parkeinrichtung zur Zahlung des Mietpreises und dazu
verpflichtet, den Parkschein sichtbar und lesbar hinter der
Windschutzscheibe anzubringen. Bei Nichtlösen und Nichtauslegen des
Parkscheins sowie bei Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr als 15
Minuten ist ein „Nutzungsentgelt" von 20 € (nachfolgend: erhöhtes
Nutzungsentgelt) sofort zur Zahlung fällig.
2 Der Beklagte ist Halter eines Pkw. Am 19. Oktober 2012 war das Fahrzeug
gegen 10.30 Uhr auf dem genannten Parkplatz der Klägerin abgestellt, ohne
dass ein gültiger Parkschein auslag. Bei einer Kontrolle wurde dies
festgestellt und am Fahrzeug ein Hinweis angebracht mit der Aufforderung zur
Zahlung von 20 €. Eine Zahlung erfolgte nicht. Nach Ermittlung des Beklagten
als Halter forderte die Klägerin ihn vergeblich zur Zahlung oder Benennung
des Fahrers auf. Die Klägerin begehrte sodann erfolglos die Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung.
3 Mit der Klage verlangt sie von dem Beklagten, es unter Meidung eines
Ordnungsgeldes von 600 € zu unterlassen, seinen Pkw unberechtigt auf dem
Parkgelände selbst abzustellen bzw. durch eine dritte Person dort abstellen
zu lassen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung in Höhe von
5,65 €.
4 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos
geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren
Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre
Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht verneint einen Unterlassungsanspruch der Klägerin
gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es sei schon fraglich, ob die Grundsätze zu
der Zustandsstöreigenschaft des Halters einschlägig seien, da zwischen der
Klägerin und dem Fahrer des Fahrzeugs ein Vertrag zustande gekommen sei. Die
Klägerin wolle lediglich sicherstellen, dass das Fahrzeug künftig
vertragsgemäß geparkt werde. Ob der Beklagte Zustandsstörer sei, könne
jedoch dahinstehen, weil jedenfalls mangels Wiederholungsgefahr kein
Unterlassungsanspruch bestehe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der
Parkverstoß als gering einzustufen sei. Erst ab einem zweiten Verstoß nach
einer Abmahnung des Fahrzeughalters bestehe eine konkrete
Wiederholungsgefahr.
II.
6 Diese Ausführungen halten im Wesentlichen rechtlicher Nachprüfung nicht
stand.
7 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin
von dem Beklagten die beantragte Unterlassung gemäß § 862 BGB verlangen.
8 a) Zu Recht hält das Berufungsgericht die Unterlassungsklage allerdings
für zulässig. Der Unterlassungsantrag ist insbesondere hinreichend bestimmt.
9 aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht derart
undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der
Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar
abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen
kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten
wird, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 29.
April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 1; Senat, Urteil vom 24.
Februar 1978 - V ZR 95/75, NJW 1978, 1584). Hiervon kann allerdings nur
ausgegangen werden, wenn der Klageantrag auch nach Auslegung nicht
hinreichend bestimmt ist. Denn maßgeblich für Inhalt und Reichweite des
materiellen Klagebegehrens sind nicht allein der Wortlaut des Antrags,
sondern auch die bei der Auslegung mit zu berücksichtigende Klagebegründung
(BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 27).
Die Auslegung hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Dabei ist
der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach
den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen
Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 217/12, BGHZ
201, 129 Rn. 24; Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13, NJW 2014,
3314 Rn. 15, jeweils mwN).
10 bb) Die Auslegung des Klageantrags, die der Senat als Revisionsgericht
selbst vornehmen kann (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13,
aaO), ergibt, dass das Unterlassungsbegehren der Klägerin auf ein Abstellen
des Fahrzeugs des Beklagten auf dem Parkplatz gerichtet ist, das geeignet
ist, nach den Vertrags- und Einstellbedingungen der Klägerin einen Anspruch
auf das erhöhte Nutzungsentgelt zu begründen (Nichtlösen eines Parkscheins;
Nichtauslegen des Parkscheins; Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr
als 15 Minuten). Denn aus einem solchen, das erhöhte Nutzungsentgelt
auslösenden Verhalten leitet die Klägerin die Besitzstörung her, und mangels
abweichender Anhaltspunkte ist anzunehmen, dass sie Besitzschutzansprüche
wegen solcher Handlungen geltend machen will, die mit der konkreten
Besitzstörung vergleichbar sind.
11 b) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht aber die
Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 862 Abs.
1 Satz 2 BGB.
12 aa) Das Abstellen des Fahrzeugs des Beklagten auf dem
gebührenpflichtigen Parkplatz der Klägerin ohne Auslegung des Parkscheins
stellt eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB dar.
13 (1) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass
derjenige, der sein Fahrzeug unbefugt auf ein Privatgrundstück abstellt,
verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB begeht (Urteil
vom 4. Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rn. 13; Urteil vom
21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781
Rn. 5; Urteil vom 6. Juli 2012 - V ZR 268/11, NJW
2012, 3373 Rn. 6; Urteil vom 2. Dezember 2011 - V
ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 6; Urteil vom 5.
Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 13). Das gilt nicht
nur dann, wenn das Parken überhaupt nicht erlaubt ist, sondern auch dann,
wenn das Parken an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (Parken auf
einem Kundenparkplatz: Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW
3727; Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233).
14 (2) So ist es hier. Der Fahrzeugführer war nicht befugt, das Fahrzeug des
Beklagten auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz der Klägerin ohne
Entrichtung des vereinbarten Entgelts und ohne Auslegen des Parkscheins
abzustellen.
15 (a) Dem steht nicht entgegen, dass zwischen der Klägerin und dem
Fahrzeugführer ein Mietvertrag über einen Fahrzeugabstellplatz zustande
gekommen ist, nämlich dadurch, dass dieser das als Realofferte in der
Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot der Klägerin durch das
Abstellen des Fahrzeugs angenommen hat (§ 145, § 151 BGB). Damit bestand zum
Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeugs ein Mietvertrag, ohne dass es hierzu
weiterer Willenserklärungen bedurfte.
16 (b) Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt allerdings darin
zuzustimmen, dass innerhalb eines Vertragsverhältnisses nicht jedes
vertragswidrige Verhalten gegenüber dem anderen Vertragspartner eine
verbotene Eigenmacht darstellt. Es gelten vielmehr in aller Regel vorrangig
die vertraglichen Ansprüche. So verhält sich der Mieter, der den
vereinbarten Mietzins nicht zahlt, zwar vertragswidrig; er begeht aber keine
verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB. Es entspricht auch
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Vermieter gegen
den Mieter, der die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht
zurückgibt, keine Besitzschutzansprüche aus § 859 Abs. 1 BGB zustehen (vgl.
Urteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 45/09, NJW 2010, 3434 Rn. 10; Urteil vom
6. Juli 1977 - VIII ZR 277/75, NJW 1977, 1818, Rn. 24; Urteil vom 1. Oktober
2003 - VIII ZR 326/02, NJW-RR 2004, 493 Rn. 8; vgl. auch Sternel, Mietrecht
Aktuell, 4. Aufl., Rn. XIII 25). Bei einem klassischen Mietverhältnis ist
die Besitzeinräumung durch den Vermieter unbedingt geschuldet. Sie kann
nicht unter den Vorbehalt vertragsgemäßen Verhaltens des Mieters gestellt
werden.
17 (c) Bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann
zugänglichen privaten Parkplatzes gilt dies jedoch nicht in gleicher Weise.
Eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber ist nicht
geschuldet. Macht er das Parken von der Zahlung der Parkgebühr und dem
Auslegen des Parkscheins abhängig, begeht derjenige verbotene Eigenmacht,
der sein Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten.
-
18 (aa) Bei dem Parken auf einem Parkplatz handelt es sich um ein anonymes
Massengeschäft. Der Betreiber bietet den Parkplatz keinem bestimmten
Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit für ein kurzzeitiges Parken an.
Der Vertrag kommt in der Weise zustande, dass ein Fahrzeugführer das
Fahrzeug abstellt und damit das Angebot annimmt (§ 151 Satz 1 BGB). Indem
der Parkplatzbetreiber das Parken zulässt, erfüllt er die ihm obliegende
vertragliche Hauptpflicht zur Besitzverschaffung (§ 535 Satz 1 BGB) und
erteilt gleichzeitig die Zustimmung zur (dinglichen) Besitzausübung (§ 854
Abs. 1 BGB). Nur auf diese Weise ist die Abwicklung des Mietvertrags über
einen Parkplatz einfach und praktikabel zu handhaben. Deshalb ist auf Seiten
des Parkplatzbetreibers ein gewichtiges Interesse gegeben, bereits bei der
Besitzübergabe die Zustimmung zur Besitzausübung von der Zahlung eines
Mietpreises abhängig zu machen. Das ist für den Nutzer klar erkennbar.
Ähnlich wie bei einem nachträglichen Eigentumsvorbehalt ist die Erklärung
eines Vorbehalts bei der dinglichen Besitzübergabe zulässig (zum
nachträglichen Eigentumsvorbehalt vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1975 - VIII
ZR 89/74, BGHZ 64, 395, 397; Urteil vom 13. September 2006 - VIII ZR 184/05,
NJW 2006, 3488 Rn. 11). Ob es sich dabei um eine Bedingung handelt, auf die
die Vorschriften über Rechtsgeschäfte (§§ 158 ff. BGB) analog anzuwenden
sind (Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 858 Rn. 20) oder um eine bloße
tatsächliche Voraussetzung, von der die Zustimmung abhängig gemacht wird
(so MüKoBGB/Joost, 6. Aufl., § 858 Rn. 7), ist für die rechtliche Beurteilung
ohne Belang.
19 (bb) Von einem solchen Vorbehalt bei der Übergabe des Besitzes an dem
Parkplatz ist hier auszugehen. Die Klägerin hat keine generelle Zustimmung
dazu erteilt, dass Fahrzeuge geparkt werden. Sie hat die Besitzüberlassung
in ihren Vertrags- und Einstellbedingungen von der Zahlung
der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig gemacht. Nutzt der
Fahrzeugführer den Parkplatz, ohne sich an diese Vertrags- und
Einstellbedingungen zu halten, fehlt die Zustimmung der Klägerin, und die
Besitzausübung stellt sich als verbotene Eigenmacht dar (§ 858 Abs. 1 BGB).
20 bb) Der Beklagte ist gegenüber der Klägerin als Zustandsstörer
verantwortlich.
21 (1) Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht
verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende
Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit
zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung
zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer
der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung
der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung
wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der
störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich,
sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden.
Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer
der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen
(st.
Rspr. des Senats, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012,
3781 Rn. 7; Urteil vom
1. Dezember 2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432 Rn. 14; Urteil vom 30. Mai
2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 105; Urteil vom 11. Juni 1999
- V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 69 f., jeweils mwN).
22 (2) Danach war der Beklagte hinsichtlich der durch das parkende Fahrzeug
hervorgerufenen Beeinträchtigung des Besitzes der Klägerin
Zustandsstörer. Er beherrscht die Quelle der Störung, da er allein darüber
bestimmen kann, wie und von wem sein Fahrzeug genutzt wird. Ihm war die
Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Da er nichts Gegenteiliges vorgetragen
hat, ist davon auszugehen, dass er sein Fahrzeug freiwillig einer anderen
Person zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hat. Es ist somit
sachgerecht, ihm als Halter die Störung zuzurechnen, die dadurch entsteht,
dass das Fahrzeug von dieser Person unberechtigt abgestellt wird (vgl.
Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550, 2551; aA
Woitkewitsch, MDR 2005, 1023, 1026). Daran ändert es nichts, dass das
Ausleihen von Fahrzeugen insbesondere an nahe Familienangehörige
sozialadäquat ist.
23 (3) Entgegen der Auffassung der Revision steht der Zurechnung des
Fehlverhaltens des Fahrers nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Parkplatz
nicht mit einem Schrankensystem ausgestattet hat. Soweit der Beklagte damit
den Vorwurf erheben möchte, die Klägerin habe ihr Geschäftsmodell auf „Schwarzparker"
ausgerichtet, um auf der Grundlage ihrer Vertrags- und Einstellbedingungen
Forderungen gegen Fahrzeugführer und -halter geltend zu machen, kann er sich
damit der Halterhaftung für die Überlassung des Fahrzeugs an einen nicht
rechtstreuen Nutzer nicht entziehen.
24 cc) Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche
Wiederholungsgefahr. Die tatrichterliche Würdigung, ob Wiederholungsgefahr
besteht, ist im Revisionsverfahren zwar nur auf Rechtsfehler zu überprüfen
(Senat, Urteil vom 14. Oktober 1994 - V ZR 76/93, NJW 1995, 132, 134).
Solche liegen aber vor.
25 (1) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass schon das
einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück die
tatsächliche Vermutung dafür begründet, dass sich die Beeinträchtigung
wiederholt (Senat, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012,
3781 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 46/10, ZUM 2011,
333 Rn. 28; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035,
Rn. 9).
26 (2) Der Beklagte kann als Halter auf künftige Unterlassung des
Falschparkens sowohl durch Dritte als auch durch ihn selbst in Anspruch
genommen werden.
27 Die Zurechnung der Besitzstörung durch einen mit dem Halter
personenverschiedenen Fahrer beruht darauf, dass diese mittelbar auf den
Willen des Halters zurückgeht, indem er das Fahrzeug freiwillig Dritten zur
Benutzung überlassen hat. Daran ist bei der Beurteilung der
Wiederholungsgefahr anzuknüpfen. Für den Halter selbst, der als bloßer
Zustandsstörer in Anspruch genommen wird, ist zwar eine Wiederholungsgefahr
nicht indiziert. Er kann aber unter dem Gesichtspunkt der
Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er -
wie hier - auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine
Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt.
Dieses
Verhalten macht bei wertender Betrachtung künftige Besitzstörungen
wahrscheinlich. Das ist für einen Unterlassungsanspruch nach allgemeiner
Ansicht ausreichend (vorbeugender Unterlassungsanspruch; Erman/Lorenz, BGB,
14. Aufl., § 862 Rn. 6; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 862 Rn. 9;
Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 862 Rn. 7; zu § 1004 BGB: Senat, Urteil
vom 17. September 2006 - V ZR 230/03, BGHZ 160, 232, 236 mwN;
Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 214).
28 (3) Die (Wieder-)Begehungsgefahr kann entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts nicht mit der Begründung verneint werden, der Parkverstoß
sei „als gering einzustufen". Im Gegenteil ist, der Argumentation des
Beklagten folgend, gerade ein geringfügiger Parkverstoß nicht unüblich, was
für und nicht gegen eine Wiederholungsgefahr spricht.
29 2. Die Androhung des Ordnungsgeldes beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO. Dem
Vollstreckungsgläubiger ist die Möglichkeit unbenommen, die Androhung eines
den gesetzlichen Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO unterschreitenden
Ordnungsmittels zu beantragen, wenn sowohl die Art der für den Fall der
Zuwiderhandlung vorgesehenen Rechtsfolge als auch die von dem Gläubiger
beantragte niedrigere Höchstgrenze konkret bezeichnet ist (BGH, Urteil vom
6. Juni 1995 - I ZR 58/93, NJW 1995, 3177, 3181; MüKoZPO/Gruber, 4. Aufl., §
890 Rn. 27). Das ist hier der Fall. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass es sich
bei dem beantragten Ordnungsgeld von 600 € um die Obergrenze eines
Ordnungsgeldes handeln soll.
30 3. Unbegründet ist die Revision, soweit die Klägerin von dem Beklagten
die Erstattung der Kosten von 5,65 € für die Halterermittlung verlangt. Es
handelt sich dabei um Kosten für eine Maßnahme, die nicht der Beseitigung
der konkreten Besitzstörung, sondern der Vorbereitung der
Unterlassungsaufforderung an den Beklagten diente. Dem Parkplatzbetreiber
steht gegen den als Zustandsstörer auf Unterlassung in Anspruch genommenen
Fahrzeughalter unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf
Erstattung der Kosten der Halteranfrage zu.
31 a) Ein Ersatzanspruch ist nicht nach den Grundsätzen der berechtigten
Geschäftsführung ohne Auftrag begründet (§ 677, § 683 Satz 1, § 670 BGB).
Allerdings hat der Senat (Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW
2012, 3781 Rn. 13) die Aufwendungen zur Ermittlung des Fahrzeughalters in
Anlehnung an die Rechtsprechung des I. Zivilsenats zur Erstattungsfähigkeit
der Kosten einer berechtigten außergerichtlichen Abmahnung (Urteil vom 10.
Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759 Rn. 9) als zur Vorbereitung der an den
Zustandsstörer gerichteten Unterlassungsaufforderung erforderlich und nach §
683 Satz 1, § 677, § 670 BGB als ersatzfähig angesehen. Daran hält er jedoch
nicht fest.
32 aa) Es entspricht nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen eines
Halters, als Adressat einer Unterlassungsaufforderung ermittelt zu werden.
Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von den Fällen der
wettbewerblichen Abmahnung (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 139/07,
GRUR 2009, 502 Rn. 11; Urteil vom 21. Januar 2010 - I ZR 47/09, GRUR 2010,
354 Rn. 8; Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn.
16; Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 150/09, GRUR 2012, 304 Rn. 21). Diese
liegt im Interesse des dem Abmahnenden bekannten potentiellen Rechtsverletzers, weil er dadurch Gelegenheit erhält, einen kostspieligen
Rechtsstreit zu vermeiden. Demgegenüber ist den Fällen des unberechtigten
Parkens die Person des Halters nicht bekannt. Es kann nicht angenommen
werden, dass er ein Interesse daran hat, aus der Anonymität herauszutreten,
um auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Anders kann es liegen,
wenn sein unbefugt abgestelltes Fahrzeug abgeschleppt wird (vgl.
Senat,
Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 11).
33 bb) Der entgegenstehende Wille des Beklagten ist auch nicht unbeachtlich,
§ 679 BGB. Das Erfüllen der Unterlassungspflicht liegt nicht im
öffentlichen, sondern im alleinigen Interesse des Parkplatzbetreibers, wenn
sich
der Parkverstoß auf einem privaten Parkplatz ereignet, selbst wenn dieser
für die Allgemeinheit eröffnet ist.
34 b) Der Ersatzanspruch kann nicht auf § 677, § 684 Satz 1, § 818 Abs. 1,
Abs. 2 BGB gestützt werden. Der Beklagte hat durch die Halteranfrage nichts
erlangt, was sein Vermögen vermehrt hätte.
35 c) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB
ist ebenfalls nicht gegeben. Zwar ist § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz im
Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Senat, Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08,
BGHZ 181, 233 Rn. 15; BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - VI ZR 259/90, BGHZ 114,
305, 313; Urteil vom 21. Januar 1981 - VIII ZR 41/80, NJW 1981, 865, 866;
Senat, Urteil vom 7. März 1956 - V ZR 106/54, BGHZ 20, 169, 171). Der
Schadensersatzanspruch setzt aber ein Verschulden voraus, an dem es hier
fehlt. Es ist nicht festgestellt oder aus den Umständen ersichtlich, dass es
der Beklagte war, der das Fahrzeug verbotswidrig abgestellt hat, oder dass
die verbotene Eigenmacht durch den Fahrzeugführer für ihn konkret
vorhersehbar war.
36 d) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten aus dem Gesichtspunkt des
Verzugs scheidet aus (§ 280 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 286
BGB). Der Beklagte befindet sich nicht in Verzug. Es fehlt an einer
verzugsbegründenden Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB). Diese war auch nicht nach §
286 Abs. 2 Nr. 4 ZPO [Anm.: gemeint ist wohl BGB] entbehrlich (zum Schuldnerverzug des Kunden beim Tanken
an einer Selbstbedienungstankstelle vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII
ZR 171/10, NJW 2011, 2871 Rn. 12 u. 18 ff.). Die Klägerin macht lediglich
einen Anspruch auf Unterlassung einer künftigen Störung geltend. Es ist
weder festgestellt, dass der Beklagte das Fahrzeug unberechtigt abgestellt
hat, noch dient die Halterabfrage der Beseitigung der Störung.
III.
37 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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