Geschäftsführung ohne Auftrag beim Entfernen
eines unbefugt geparkten Fahrzeugs von einem Privatgrundstück:
"Auch-fremdes" Geschäft; Interesse und mutmaßlicher Wille des
Geschäftsherrn; Abtretung von Befreiungsansprüchen (§ 257 BGB)
BGH, Urteil vom 11. März 2016 - V ZR
102/15 - LG Berlin
Fundstelle:
NJW 2016, 2407
Amtl. Leitsatz:
Wird ein Fahrzeug, das
unbefugt auf einem Privatgrundstück in verbotener Eigenmacht abgestellt
wird, im Auftrag des Grundstücksbesitzers im Wege der berechtigten
Selbsthilfe entfernt, entspricht dies dem objektiven Interesse und dem
mutmaßlichen Willen des Fahrzeughalters. Er ist deshalb nach den Grundsätzen
einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zum Ersatz der für die
Entfernung erforderlichen Aufwendungen verpflichtet.
Zentrale Probleme:
Wieder einmal ein "Abschleppfall" (s. dazu bereits BGH v. 21.9.2012 - V ZR 230/11;
BGHZ
181, 233, BGH v. 6.7.2012 - V ZR 268/11 und
zuletzt
Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14).
Es geht hier um die Frage, ob ein Grundstücksbesitzer, der das verbotswidrig
abgestellte Fahrzeug abschleppen und umsetzen lässt, gegen den
Fahrzeughalter (der unwiderleglich behauptet, selbst nicht das Fahrzeug
abgestellt zu haben) einen Anspruch aus berechtigter GoA auf Ersatz der
Abschleppkosten hat (§§ 683, 670 BGB). Dabei handelt es sich um ein sog.
"Auch-fremdes" Geschäft, bei welchem auch vorhandener Eigengeschäftswille
den für die GoA erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen nicht
ausschließt. Da damit ein objektiv (auch-) fremdes Geschäft vorliegt, wird
der Fremdgeschäftsführungswille vermutet. Schließlich kommt es noch auf die
Berechtigung der GoA an. Dazu muss die Geschäftsführung dem Interesse und
dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherren entsprechen. Der Senat bejaht
das Interesse, weil dies ein rein objektives Kriterium ist: Der
Fahrzeughalter ist Zustandsstörer und wird durch die Entfernung von der
gesetzlichen Pflicht befreit, die Besitzstörung zu beenden (§ 862 I BGB).
Natürlich steht dem Interesse nicht entgegen, dass der Geschäftsherr dann
zum Aufwendungsersatz verpflichtet wird - sonst wäre § 683 BGB wohl nie
erfüllt (wer zahlt schon gerne ...). Interessant ist, dass der Senat den
mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn schlicht aus dem Interesse folgert,
besser: diesen vermutet. Das entspricht zwar als solches der ganz hM, es
stellt sich aber doch die Frage, ob man wirklich einem Fahrzeughalter
unterstellen kann, dass er (mutmaßlich) will, dass sein Kfz abgeschleppt
wird. S. dazu weiterführend auch BGH v.
17.11.2023 - V ZR 192/22.
©sl 2016
Tatbestand:
1 Der auf die Beklagte
zugelassene Pkw wurde - nicht von ihr - am 16. Juni 2010 auf dem
Kundenparkplatz eines Verbrauchermarktes in Berlin in der Zeit zwischen 8.00
Uhr und 10.05 Uhr abgestellt. Da die durch entsprechende Schilder kenntlich
gemachte Höchstparkzeit von 90 Minuten überschritten war, veranlasste ein
Mitarbeiter der Klägerin die Umsetzung des Fahrzeugs. Die Klägerin
war aufgrund eines zwischen ihr und der Betreiberin des Verbrauchermarktes
(nachfolgend: Grundstücksbesitzerin) bestehenden Rahmenvertrages
verpflichtet, unberechtigt parkende Fahrzeuge zu entfernen. Die hierfür
vereinbarte Vergütung betrug 219,50 €. Die Ansprüche gegenüber dem
unberechtigten Nutzer der Fläche bzw. gegen den Halter des entsprechenden
Fahrzeuges auf Ersatz der Kosten wurden an sie abgetreten. Mit Schreiben vom
12. Oktober 2012 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 219,50 €
auf und mahnte mit weiterem Schreiben vom 13. Juni 2013 diesen Betrag
zuzüglich weiterer Kosten an.
2 Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 219,50 €
zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab
dem 20. Oktober 2012, Kosten von 5,10 € für eine Halteranfrage sowie
Mahnkosten von 2,56 € verlangt. Das Amtsgericht hat der Klägerin - unter
Abweisung der weitergehenden Klage - 130 € (110 € ortsübliche
Abschleppkosten zuzüglich 20 € Vorbereitungskosten) nebst Zinsen seit dem
20. Dezember 2012 zugesprochen und die Beklagte darüber hinaus zur Zahlung
der Anfrage- und Mahnkosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat
das Landgericht die Klage auch insoweit abgewiesen. Mit der von dem
Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte
beantragt, möchte die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
3 Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagte
keinen Anspruch auf Zahlung von 130 € aus einer berechtigten
Geschäftsführung ohne Auftrag. Dahingestellt bleiben könne, ob es sich bei
dem Abschleppen durch ein beauftragtes Unternehmen zumindest auch um ein
objektiv fremdes Geschäft zugunsten des Halters handele. Es fehle jedenfalls
an dem erforderlichen mutmaßlichen oder wirklichen Willen der Beklagten, ihr
Fahrzeug kostenpflichtig durch Dritte umsetzen zu lassen. Der wirkliche
Wille der als Zustandsstörerin anzusehenden Beklagten werde darauf gerichtet
gewesen sein, dass der Fahrzeugführer als Handlungsstörer die Besitzstörung
beende. Soweit der wirkliche Wille der Beklagten nicht feststellbar sei,
könne auch ein mutmaßlicher Wille nicht unterstellt werden. Entscheidend
sei, ob dem Geschäftsherrn die Übernahme des Geschäfts durch den
Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Geschäftsführung mehr Vorteile als
Nachteile bringe, so dass von seinem Interesse auf seinen Willen geschlossen
werden könne. Dies sei hier im Hinblick auf die der Beklagten allein durch
die Geschäftsführung der Klägerin entstandenen Kosten nicht anzunehmen. Der
fehlende Wille der Beklagten sei auch nicht gemäß § 679 BGB unbeachtlich.
Für deliktische Ansprüche fehle es an einem Verschulden der Beklagten.
Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung schieden aus, weil die
Beklagte durch das Abschleppen keinen Vermögensvorteil erlangt habe.
II.
4 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Wesentlichen nicht
stand.
5 1. Das Berufungsgericht verneint rechtsfehlerhaft die
Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Die
Klägerin hat aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) der Grundstücksbesitzerin
gegen die Beklagte in der Hauptsache gemäß § 683 Satz 1 BGB in Verbindung
mit § 670 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten einschließlich
der Vorbereitungskosten in Höhe von 130 €.
6 a) Die im Auftrag der Grundstücksbesitzerin durchgeführte
Umsetzung des Fahrzeugs der Beklagten stellt ein Handeln in fremdem
Rechtskreis und damit eine Fremdgeschäftsführung im Sinne von § 677 BGB dar.
Ein Geschäft der Beklagten war dies deshalb, weil sie als Halterin des
Fahrzeugs zur Entfernung nach § 862 Abs. 1 BGB bzw. - wenn das Parken als
teilweise Besitzentziehung qualifiziert wird - gemäß § 861 Abs. 1 BGB
verpflichtet war. Das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem
Privatgrundstück begründet eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs.
1 BGB, für die nicht nur der Fahrer, sondern ebenfalls der Halter des
Fahrzeugs verantwortlich ist. Dies gilt auch dann, wenn das Parken an
bestimmte Bedingungen - wie hier die Festlegung einer Höchstparkdauer von 90
Minuten - geknüpft ist und diese nicht eingehalten werden (Senat,
Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14, juris Rn. 13; Urteil vom 4.
Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rn. 13; Urteil vom 21. September
2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 5; Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR
144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 13). Dass die Grundstücksbesitzerin
- auf den
Willen der nur im Auftrag handelnden Klägerin kommt es nicht an - auch im
eigenen Interesse tätig geworden ist, schließt ihren Fremdgeschäftsführungswillen nicht aus
(sog. „auch fremdes Geschäft", vgl.
BGH, Urteil vom 27. Mai 2009 - VIII ZR 302/07, NJW 2009, 2590 Rn. 18 mwN).
7 b) Die Übernahme des Geschäfts entsprach dem Interesse der Beklagten.
8 aa) Die Übernahme einer Geschäftsführung liegt dann im Interesse des
Geschäftsherrn, wenn sie ihm objektiv vorteilhaft und nützlich ist (vgl.
BGH, Urteil vom 20. April 1967 - VII ZR 326/64, BGHZ 47, 370, 372 ff.;
Urteil vom 28. Oktober 1992 - VIII ZR 210/91, NJW-RR 1993, 200; siehe aus
der Literatur BeckOGK/Thole, BGB, Stand: 1.10.2015, § 683 Rn. 7; MüKoBGB/Seiler,
6. Aufl., § 683 Rn. 4). Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs gilt die Tilgung einer einredefreien Schuld grundsätzlich
als vorteilhaft und damit als interessegemäß (BGH, Urteil vom 20. April 1967
- VII ZR 326/64,
BGHZ 47, 370, 372 ff.; Urteil vom 20. Juni 1968 - VII ZR 170/66, WM 1968,
1201). Entsprechendes gilt, wenn ein Grundstückseigentümer eine
Eigentumsbeeinträchtigung selbst beseitigt. Der Störer wird von der ihm
gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegenden Pflicht frei, so dass die
Übernahme des Geschäfts auch in seinem objektiven Interesse liegt und er -
wenn die weiteren Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne
Auftrag vorliegen - verpflichtet ist, dem Eigentümer gemäß § 683 BGB die zu
der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen zu erstatten (vgl. BGH,
Urteil vom 8. März 1990 - III ZR 81/88, BGHZ 110, 313, 314 ff.; siehe auch
Senat, Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, NJW 2005, 1366 ff.;
Urteil
vom 13. Januar 2012 - V ZR 136/11, NJW 2012, 1080, Rn. 6). Der Umstand, dass
der Geschäftsherr Aufwendungsersatz schuldet, kann naturgemäß seinem
Interesse nicht schon von vornherein und generell entgegenstehen, weil § 683
BGB sonst nie erfüllt wäre (BeckOGK/Thole, BGB, Stand: 1.10.2015, § 683 Rn.
7).
9 bb) Unter Beachtung dieser Grundsätze und der hiernach gebotenen
objektiven Betrachtung stellt sich die Entfernung des Fahrzeugs für die
Beklagte als vorteilhaft dar. Sie ist durch die Umsetzung, zu der die
Grundstücksbesitzerin gemäß § 859 Abs. 1 und 3 BGB berechtigt war, von ihrer
Verpflichtung gemäß § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. gemäß § 861 Abs. 1 BGB frei
geworden. Andere, für die Beklagte kostengünstigere und
vorteilhaftere Möglichkeiten, diesen Anspruch zu erfüllen, bestanden nicht.
Zu berücksichtigen ist nämlich,
dass die Grundstücksbesitzerin von der Beklagten die sofortige Beseitigung
der Störung verlangen und den Anspruch auch im Wege der Selbsthilfe
durchsetzen konnte. Zu einer sofortigen Beseitigung waren jedoch weder die
Beklagte noch der Fahrer des Fahrzeugs in der Lage, da sie sich in dem
maßgeblichen Zeitpunkt der Geschäftsübernahme weder bei dem Fahrzeug
befanden noch binnen kurzer Zeit ermittelt werden konnten. Die einzige
Möglichkeit, den rechtswidrigen Zustand unmittelbar zu beseitigen, bestand
deshalb in dem Umsetzen des Fahrzeugs. Demgegenüber war die
Grundstücksbesitzerin nicht verpflichtet, die Störung so lange hinzunehmen,
bis der Fahrer das Fahrzeug selbst von dem Parkplatz entfernte oder aber die
Beklagte nach entsprechender Halterermittlung und Unterrichtung über die
Störung durch die Grundstücksbesitzerin dies veranlasste. Aus der Sicht
eines verständigen, sich rechtstreu verhaltenden Fahrzeughalters entsprach
das Abschleppen deshalb seinem Interesse, weil nur auf diese Weise der
Beseitigungsanspruch zu der geschuldeten Zeit erfüllt werden konnte.
10 c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die subjektiven
Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 683 BGB ebenfalls vor. Das
Abschleppen des Fahrzeugs entsprach dem mutmaßlichen Willen der Beklagten.
11 aa) Dazu, welchen wirklichen Willen die Beklagte hatte, hat das
Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Seine Überlegung, der Wille
der Beklagten werde darauf gerichtet gewesen sein, dass der Fahrzeugführer
die Besitzstörung beende, ist zum einen spekulativ. Zum anderen besagt sie
nichts zu der hier entscheidenden Frage, welchen Willen die Beklagte für den
Fall hatte, dass der Fahrer zu der geschuldeten sofortigen Beseitigung der
Besitzstörung nicht in der Lage war.
12 bb) Da sich hiernach der wirkliche Wille der Beklagten nicht feststellen
lässt, kommt es entscheidend auf ihren mutmaßlichen Willen an. Das ist
derjenige Wille, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller
Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Mangels anderer
Anhaltspunkte ist als mutmaßlicher Wille der Wille anzusehen, der dem
Interesse des Geschäftsherrn entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1967
- VII ZR 326/64, BGHZ 47, 370, 374; Urteil vom 7. März 1989 - XI ZR 25/88,
NJW-RR 1989, 970; siehe aus der Literatur MükoBGB/Seiler, 6. Aufl., § 683
Rn. 10; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 683 Rn. 5; für den Fall des
Abschleppens eines Fahrzeugs a. A. Lorenz, NJW 2009, 1025, 1027, der aber
die Voraussetzungen des § 679 BGB bejaht). Da die Entfernung des Fahrzeuges
im objektiven Interesse der Beklagten lag, war auch ihr mutmaßlicher Willen
hierauf gerichtet. Sie wurde durch die Geschäftsführung von ihrer
Verpflichtung zur sofortigen Störungsbeseitigung befreit, die nur durch ein
Umsetzen des Fahrzeugs bewirkt werden konnte.
13 d) Das Berufungsurteil kann deshalb im Hinblick auf die Abweisung der auf
Zahlung von 130 € gerichteten Klage keinen Bestand haben und unterliegt der
Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst
entscheiden, weil es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache zur
Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Beklagten ist in
Höhe des Betrages von 130 € zurückzuweisen.
14 aa) Aufgrund der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag kann die
Grundstücksbesitzerin, auf deren Recht sich die Klägerin stützt, gemäß § 683
Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die sie den
Umständen nach für erforderlich halten durfte. Hat ein Grundstücksbesitzer -
wie hier - ein Unternehmen umfassend mit der Beseitigung der Besitzstörung
gegen Zahlung einer vertraglich festgelegten Pauschalvergütung beauftragt,
stellt das Eingehen einer solchen Verbindlichkeit nach der ständigen
Rechtsprechung des Senats nur insoweit eine ersatzfähige Aufwendung dar, als
die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten für das Abschleppen fremder
Fahrzeuge und die Kosten für vorbereitende Maßnahmen nicht überschritten
werden (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727
Rn. 16, 23 und 41; Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528
Rn. 11, jeweils zu der Frage der Ersatzfähigkeit der Aufwendungen im Rahmen
eines Schadensersatzanspruchs des Grundstücksbesitzers). Auf dieser
Grundlage ist der von dem Amtsgericht unter Berücksichtigung der
Ortsüblichkeit als angemessen angesehene Betrag von 130 € (110 € reine
Abschleppkosten zuzüglich 20 € Vorbereitungskosten) nicht zu beanstanden.
15 bb) Obwohl die Grundstücksbesitzerin von der Beklagten gemäß § 257 Satz 1
BGB nur Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin
verlangen könnte, ist die Beklagte zur Zahlung von 130 € verpflichtet. Wird
nämlich - wie hier - ein Befreiungsanspruch an den Gläubiger der
eingegangenen Verbindlichkeit (hier: an die Klägerin) abgetreten (§ 398
BGB), wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch um (Senat, Urteil vom 2.
Dezember 2012 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 14 mwN).
16 2. Erfolg hat die Revision auch, soweit das Berufungsgericht - von seinem
Ausgangspunkt folgerichtig - die Klage auf Verzinsung der Hauptforderung und
auf Zahlung vorgerichtlicher Mahnkosten in Höhe von 2,56 € abgewiesen hat.
Diese Ansprüche sind unter dem Gesichtspunkt des Verzugs begründet (§ 280
Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 286 BGB).
17 3. Die Kosten für die Ermittlung des Halters in Höhe von 5,10 € kann die
Klägerin jedoch nicht ersetzt verlangen. In diesem Umfang ist die Revision
unbegründet.
-
18 a) Ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 683 Satz 1 BGB in Verbindung mit
§ 670 BGB besteht nicht. Zwar sind im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines
unbefugt abgestellten Fahrzeugs - anders als bei der Vorbereitung der
Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen den Halter - (vgl. hierzu
Senat, Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14, juris Rn. 32)
Fallgestaltungen denkbar, in denen die Ermittlung des Halters nicht
ausschließlich im Interesse des Anspruchstellers erfolgt, sondern auch dem
Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Halters entspricht. So kann es
insbesondere liegen, wenn der Halter keine Kenntnis davon hat, wo sich sein
Fahrzeug nach dem Abschleppen befindet und er den Standort erst aufgrund der
durch die Halteranfrage ermöglichten Kontaktaufnahme des Anspruchstellers
erfährt.
19 Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin aber nicht vorgetragen. Nach
den von dem Landgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts
hat sie die Forderung erstmalig am 12. Oktober 2012 und damit über zwei
Jahre nach dem Abschleppen des Fahrzeugs geltend gemacht und nicht - wie es
in der Praxis häufig vorkommt (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011
- V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 1; Urteil vom 4. Juli 2014
- V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rn. 2) - die Bekanntgabe des Standorts des
Fahrzeugs von der vorherigen Begleichung der Abschleppkosten abhängig
gemacht. Hieraus folgt, dass der Beklagten der Standort des Fahrzeugs
bereits vor der Kontaktaufnahme durch die Klägerin bekannt sein musste und
eine Halteranfrage nicht ihrem mutmaßlichen Willen entsprach.
20 b) Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §
858 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Es fehlt an dem erforderlichen
Verschulden der Beklagten, weil sie nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts das Fahrzeug nicht selbst verbotswidrig abgestellt hat und
die Klägerin keine Umstände vorgetragen hat, aus denen sich ergibt, dass die
verbotene
Eigenmacht durch den Fahrzeugführer für die Beklagte konkret vorhersehbar
war (vgl. auch Senat, Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14, juris
Rn. 14).
21 c) Schließlich scheidet auch ein Bereicherungsanspruch aus, weil die
Beklagte durch die Halteranfrage nichts erlangt hat, was ihr Vermögen
vermehrt
hätte.
III.
22 Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
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