IZPR/IPR: Begriff der "Dienstleistung" i.S.v.
Art. 5 Nr. 1 b EuGVO und Art. 4 I 1 b) und Art. 6 IV a) Rom I-VO;
Kreditvergabe als "Dienstleistung"; Verbraucherbegriff im EuGVÜ im Vergleich
zu § 13 BGB; Verbrauchereigenschaft bei "dual use";
Voraussetzungen des Verbrauchergerichtsstands nach Art. 15 I c
EuGVO; keine Vorlagepflicht an EuGH bei "acte clair"
BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 - XI
ZR 9/11
Fundstelle:
NJW 2012, 1817
Amtl. Leitsatz:
a) Die Vergabe von Bankkrediten ist eine
Dienstleistung im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO.
b) Zum Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO.
Zentrale Probleme:
Eine sehr gehaltvolle
Entscheidung zu Grundfragen des IPR/IZPR, wie sie auch Gegenstand eine
Schwerpunktbereichsprüfung in diesem Bereich sein könnte. Im Vordergrund
stehen auch methodische Grundprobleme der internationalem Zuständigkeit, der
Stand der Rspr. und Literatur wird hervorragend resümiert. Für Studenten in
den betreffenden Schwerpunktbereichen Pflichtlektüre!
Zu dem angesprochenen Problem des "Ausrichtens" einer gewerblichen Tätigkeit
auf den Staat des gew. Aufenthalts eines Verbrauchers s. neben der zitierten
Entscheidung EuGH NJW 2011, 505
auch
BGH v. 1.2.2012 -
XII ZR 10/10 und die Anm. zu BGH v. 15.1.2015
- I ZR 88/14. Zur fehlenden Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV im
Fall eines "acte clair" s. auch BGH NJW 2010, 148
m.w.N.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Klägerin, eine Bank mit Sitz in
Deutschland, nimmt den beklagten Rechtsanwalt mit Wohnsitz in Frankreich auf
Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch.
2 Die Klägerin gewährte dem Beklagten mit Vertrag vom 18. Februar/ 30. April
2002 ein Darlehen in Höhe von 51.988 €. Als Verwendungszweck wurde in dem
Vertragsformular angegeben: "Das Darlehen dient als Gesellschaftereinlage in
die H. GbR". Am 12. Januar 2005 unterzeichneten die Parteien einen weiteren
Darlehensvertrag über 394.410,56 €, in dem als Verwendungszweck angegeben
wurde: "Das Darlehen dient privaten Verwendungszwecken.
Gesellschaftereinlage in die H. GbR". Mit gleichlautendem Verwendungszweck
schlossen die Parteien am 27./28. Juni 2005 einen dritten Darlehensvertrag
über 80.784,12 €.
3 Die Verträge wurden am Sitz der Klägerin in M. ausgefertigt und nach
Übermittlung per Telefax vom Beklagten in P. , Frankreich, und von der
Klägerin in M. unterzeichnet. Die Klägerin zahlte die Darlehen auf ein bei
ihr unterhaltenes Konto der Rechtsanwaltssozietät H. GbR, deren
internationaler Partner der Beklagte war, aus. Nach dem Ausbleiben von
Tilgungs- und Zinszahlungen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen
teilweise von demselben Konto und teilweise von einem ebenfalls bei der
Klägerin geführten Konto des Beklagten erfolgen sollten, kündigte die
Klägerin die Darlehensverträge.
4 Die Klage auf Rückzahlung der Darlehen in Höhe von insgesamt 527.182,68 €
nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Der Beklagte verfolgt mit der
Revision und hinsichtlich der Ansprüche aus den Darlehensverträgen vom 12.
Januar 2005 und vom 27./28. Juni 2005 vorsorglich auch mit der
Nichtzulassungsbeschwerde seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Senat hat
durch Beschluss vom 13. Dezember 2011 die Revision, soweit sie die Ansprüche
aus den Darlehensverträgen vom 12. Januar 2005 und vom 27./28. Juni 2005
betrifft, als unzulässig verworfen und die Nichtzulassungsbeschwerde
zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision ist, soweit sie nicht durch Beschluss vom 13. Dezember 2011
als unzulässig verworfen worden ist, unbegründet.
I.
6 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für
das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
7 Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe
sich für den Anspruch aus dem Darlehensvertrag vom 18. Februar/30. April
2002 anders als bei den Ansprüchen aus den im Jahre 2005 geschlossenen
Darlehensverträgen nicht aus einer Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des
Art. 23 EuGVVO, sondern aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO. Die
Klägerin als Darlehensgeberin habe eine Dienstleistung im Sinne des autonom
und im Einklang mit dem übrigen Europarecht auszulegenden Art. 5 Nr. 1
Buchst. b) EuGVVO erbracht. Der unabhängig von dem für den Vertragsanspruch
geltenden Recht zu bestimmende Erfüllungsort im Sinne dieser Vorschrift
befinde sich in M., weil dort das Darlehen ausgezahlt und das Kreditkonto
sowie die mit den Tilgungs- und Zinszahlungen zu belastenden Konten geführt
worden seien.
8 Die Anwendung des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO sei nicht durch Art. 16
Abs. 2 EuGVVO ausgeschlossen, weil keine Verbrauchersache im Sinne des Art.
15 Abs. 1 EuGVVO Gegenstand des Rechtsstreits sei. Die Darlehensverträge
seien der beruflichen Tätigkeit des Beklagten als Rechtsanwalt in P.
zuzurechnen. Die Darlehen hätten als Gesellschaftereinlage in eine
Rechtsanwaltsgesellschaft verwendet werden sollen, deren internationaler
Partner der Beklagte gewesen sei. Der Verbraucherbegriff des Art. 15 Abs. 1
EuGVVO sei vertragsautonom und eng auszulegen. Er erfasse nur Verträge, die
(fast) ausschließlich der privaten Sphäre einer Person zuzurechnen seien. §
13 BGB sei nicht maßgeblich. Der Beklagte habe die Voraussetzungen des Art.
16 Abs. 2 EuGVVO, für die er die Darlegungs- und Beweislast trage, nicht
schlüssig vorgetragen.
9 Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen einer Verbrauchersache im
Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO nicht erfüllt, da dem Vortrag des
Beklagten nicht zu entnehmen sei, dass der Abschluss der Darlehensverträge
auf eine im Wohnsitzstaat des Beklagten ausgeübte oder auf ihn ausgerichtete
Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen sei. Die Übermittlung der
Vertragsunterlagen genüge dafür nicht. Die Zweigniederlassung der Klägerin
in P. sei an der Darlehensgewährung nicht beteiligt gewesen.
10 Der Beklagte könne sich nicht auf die Unwirksamkeit der Darlehensverträge
nach den Vorschriften des französischen Verbraucherschutzrechts berufen.
Gemäß Art. 27 ff. EGBGB aF gelte das deutsche materielle Darlehensrecht.
II.
11 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand, so dass
die Revision zurückzuweisen ist.
12 1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende
(Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9
und vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, WM 2012, 36 Rn. 8, jeweils mwN)
internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht.
13 a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die
internationale Zuständigkeit hier nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des
Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
(ABl. 2001 Nr. L 12, S. 1, im Folgenden: EuGVVO) richtet, da die Klage nach
deren Inkrafttreten am 1. März 2002 erhoben worden (Art. 76, 66 EuGVVO) und
der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung (Art. 1 Abs. 1
und 3 EuGVVO) im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Frankreich als
Mitgliedstaaten eröffnet ist.
14 b) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch zu dem Ergebnis
gelangt, das Landgericht M. sei nach der für die Erbringung von
Dienstleistungen geltenden Regelung des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2.
Spiegelstrich EuGVVO das international und örtlich zuständige Gericht.
15 aa) Nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO kann
eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat,
wenn Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, in
einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an
dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre; im Sinne
dieser Vorschrift ist, soweit nichts anderes vereinbart worden ist, der
Erfüllungsort der Verpflichtung für die Erbringung von Dienstleistungen der
Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind
oder hätten erbracht werden müssen.
16 Die Darlehensgewährung der klagenden Bank an den Beklagten ist
eine Dienstleistung im Sinne des gemeinschaftsrechtlich autonom
auszulegenden (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, WM
2006, 980 Rn. 12) Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO.
17 (1) Die Einordnung von Bankkreditverträgen als Dienstleistungen
im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO war in der
Vergangenheit nicht unumstritten, wird in der Instanzrechtsprechung
und der Literatur aber, anders als zur früheren Regelung des Art. 13 Abs. 1
Nr. 3 EuGVÜ, inzwischen nahezu einhellig bejaht (OLG Naumburg, NJOZ 2003,
2672, 2679; Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 20;
Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 5 EuGVVO Rn. 3; derselbe in
Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO
Rn. 90; MünchKommZPO/ Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 24;
Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 69. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 9;
Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 8; Kropholler/von
Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 44;
Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearb.
2011, Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 50a; Looschelders, IPRax 2006, 14, 15;
Mankowski, RIW 2006, 321, 323;
Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325, 328; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3.
Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 10b; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG)
44/2001 Art. 5 Rn. 9; aA zuletzt noch Hau, IPRax 2000, 354, 359 sowie ohne
nähere Begründung Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6.
Aufl., § 3 Rn. 50).
18 Dies wird zu Recht insbesondere aus der Regelung des Art. 63 Abs.
3 EuGVVO gefolgert, die mit Blick auf die sogenannte Luxemburg-Klausel in
Art. 63 Abs. 1 EuGVVO eine Ausnahme von der Unanwendbarkeit des Art. 5 Nr. 1
EuGVVO für Dienstleistungen statuiert. Art. 63 Abs. 1 EuGVVO
bestimmt, dass eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet Luxemburgs
hat und vor dem Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund des Art. 5 Nr.
1 EuGVVO verklagt wird, die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend
machen kann, wenn sich der Bestimmungsort der Dienstleistung in Luxemburg
befindet. Art. 63 Abs. 3 EuGVVO nimmt hiervon Verträge über
Finanzdienstleistungen, wie sie mit der Gewährung von Bankkrediten
vorliegend in Rede stehen, ausdrücklich aus. Daran wird deutlich,
dass es sich bei solchen Verträgen nach der Verordnungssystematik an sich um
Schuldverhältnisse über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des
Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO handelt, da die
Ausnahmeregelung andernfalls ohne sinnvollen Regelungsgehalt wäre.
19 (2) Für diese Auffassung spricht ferner, dass für die
Bestimmung des verordnungsrechtlichen Begriffs der Dienstleistung die
entsprechenden Begrifflichkeiten aus den Kollisionsnormen der Art. 4 Abs. 1
Buchst. b) und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a) Rom I-VO ergänzend herangezogen
werden können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) sind zwar die besonderen
Zuständigkeitsvorschriften im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO, die
Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des
Wohnsitzes des Beklagten vorsehen (Art. 2 Abs. 1 EuGVVO), nicht
ausufernd und insbesondere nicht unter Rückgriff auf den - im Interesse der
Herstellung eines europäischen Binnenmarktes - sehr weit zu verstehenden
Dienstleistungsbegriff des Art. 57 AEUV auszulegen (EuGH, Slg.
2009, I-03327 Rn. 33 ff. zu ex-Art. 50 EGV). Demgegenüber kann aber auf die
kollisionsrechtlichen Regelungen der Rom I-VO für die Bestimmung des
Anwendungsbereichs der in der EuGVVO geregelten Gerichtszuständigkeiten
zurückgegriffen werden, denn nach Erwägungsgrund 7 der Rom I-VO sollen deren
Bestimmungen mit der EuGVVO allgemein in Einklang stehen. Gemäß
Erwägungsgrund 17 soll insbesondere der Begriff "Erbringung von
Dienstleistungen" wie bei Anwendung von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO ausgelegt werden
(vgl. Einsele, WM 2009, 289, 291; Leible/Müller, EuZW 2009, 27, 28
und NJW 2011, 495, 497; Mankowski, JZ 2009, 958, 959 f.; Schlosser,
EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 8; Spickhoff in
Bamberger/Roth, Beck'scher Onlinekommentar, BGB, VO (EG) 593/2008 Art. 6 Rn.
13 (Stand: 1. März 2011); siehe bereits Senatsurteil vom 26. Oktober 1993 -
XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 384 f. zum Verhältnis von Art. 13 Abs. 1 Nr. 3
EuGVÜ und Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF).
20 Der kollisionsrechtliche Dienstleistungsbegriff in Art. 4 Abs. 1
Buchst. b) und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a) Rom I-VO ist grundsätzlich nicht eng
zu verstehen (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93,
BGHZ 123, 380, 385 und vom 19. März 1997 - VIII ZR 316/96, WM 1997, 980, 982
zu Art. 29 EG-BGB aF) und schließt daher nach richtigem Verständnis
jedenfalls Finanzdienstleistungen wie die Vergabe von Bankkrediten ein
(vgl. Einsele, WM 2009, 189, 291; MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl.,
VO (EG) 593/2008 Art. 4 Rn. 17, 27; Palandt/Thorn, BGB, 71. Aufl., Rom I-VO
4 Rn. 8, 13; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn.
10b; Spickhoff in Bamberger/Roth, Beck'scher Onlinekommentar, BGB, VO (EG)
593/2008 Art. 6 Rn. 13 (Stand: 1. März 2011); im Ergebnis ebenso
Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 5
Rn. 43 f.; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht,
Bearb. 2011, Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 49 ff.). Im Einklang damit
definiert auch die Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von
Finanzdienstleistungen (ABl. EG 2002 L 271, S. 16) in Art.
2 Buchst. b) den Begriff der Finanzdienstleistung nunmehr als "jede
Bankdienstleistung sowie jede Dienstleistung im Zusammenhang mit einer
Kreditgewährung ..." (vgl. § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB:
"Fernabsatzverträge sind Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen,
einschließlich Finanzdienstleistungen, ..."). Dies spricht im
Interesse einer insoweit einheitlichen Rechtsanwendung ebenfalls dafür, die
Vergabe von Bankkrediten als Erbringung einer Dienstleistung im Sinne des
Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO aufzufassen und darunter
nicht etwa nur - wie die Revision meint - die im deutschen Recht als
"Dienstverträge" bezeichneten Schuldverhältnisse (§§ 611 ff. BGB)
zu subsumieren (vgl. Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO
Art. 5 Rn. 20; Einsele, WM 2009, 289, 291; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl.,
EuGVO Art. 5 Rn. 24; Hoffmann/Primaczenko, WM 2007, 189, 192; Rauscher/Leible,
Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearb. 2011, Art. 5 Brüssel
I-VO Rn. 50a; Mankowski, RIW 2006, 321, 323 f.; MünchKommBGB/Martiny, 5.
Aufl., VO (EG) 593/2008 Art. 4 Rn. 27; Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325, 328;
Spickhoff in Bamberger/Roth, Beck'scher Onlinekommentar, BGB, VO (EG)
593/2008 Art. 6 Rn. 13 (Stand: 1. März 2011); Musielak/Stadler, ZPO, 8.
Aufl., VO (EG) 44/2001
Art. 5 Rn. 9).
21 (3) Soweit der Senat in Übereinstimmung mit der früher
herrschenden Meinung zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ den kollisionsrechtlichen
Dienstleistungsbegriff des Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF (vgl. jetzt Art. 6 Rom
I-VO) nicht auf (Verbraucher-)Kreditverträge angewendet hat (Urteil
vom 13. Dezember 2005
- XI ZR 82/05, BGHZ 165, 248, 253 f.; zur Gegenansicht
siehe Mankowski, RIW 2006, 321 ff.; Reich, ZIP 1999, 1210, 1211; PWW/Remien,
BGB, 5. Aufl., ex Art. 29 EGBGB Rn. 12), kommt diese Sichtweise aus
den dargelegten Gründen - entgegen der Auffassung der Revision - für den
neugeregelten Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO nicht in
Betracht.
22 bb) Anders als die Revision annehmen will, bestimmt Art. 5 Nr. 1
Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO nicht nur den internationalen
Gerichtsstand für Klagen auf Geltendmachung der vom Dienstleister zu
erbringenden Leistung, hier also der Darlehensgewährung. Vielmehr gilt der
für die Dienstleistung zu ermittelnde Erfüllungsort gleichermaßen für die in
der Regel auf Geld gerichtete - und von der Klägerin hier geltend gemachte -
Leistung des Vertragspartners.
23 (1) Art. 5 Nr. 1 EuGVVO knüpft in Buchst. b), anders als in
Buchst. a), nicht an den materiell-rechtlichen Erfüllungsort der jeweils
streitigen Verpflichtung an, sondern insgesamt an den nach faktischen
Kriterien zu bestimmenden Erfüllungsort der vertragscharakteristischen
Leistung. Das ergibt sich, wie der Bundesgerichtshof bereits
entschieden hat, aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der
Vorschrift, einen einheitlichen Gerichtsstand für sämtliche Klagen aus dem
Dienstleistungsvertrag zu schaffen (BGH, Urteile vom
2. März 2006 - IX ZR 15/05,
WM 2006, 980 Rn. 14 f. und vom
22. April 2009 - VIII ZR 156/07,
NJW 2009, 2606 Rn. 17; ebenso MünchKommZPO/Gottwald, 3.
Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 13 und 15; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG)
44/2001 Art. 5 Rn. 10; Staudinger/Hausmann, BGB, Bearb. 2002, Anh. II zu
Art. 27-37 EGBGB Rn. 68).
24 (2) Der Ort der vertragscharakteristischen Leistung im Sinne des
Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO liegt für den
streitgegenständlichen Darlehensvertrag in M. , denn nach den
unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin als
die zur Dienstleistung verpflichtete Partei die charakteristische Leistung
der Kredithingabe (vgl. OLG Naumburg,
NJOZ 2003, 2672, 2679; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 14;
Looschelders, IPRax 2006, 14; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG)
44/2001 Art. 5 Rn. 12; ferner BGH, Urteil vom 26. September 2007 - XII ZR
90/05, NJW 2007, 3564 Rn. 11 zu Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB aF)
ausschließlich dort erbracht.
25 cc) Die Auslegung des Begriffs der "Dienstleistung" in Art. 5 Nr.
1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO erfordert keine Vorlage an den EuGH zur
Vorabentscheidung. Dies folgt bereits daraus, dass die richtige Auslegung
des Dienstleistungsbegriffs im Sinne der EuGVVO aus den genannten Gründen
hier derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt
(vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 und 21; BVerfG, NJW 1988, 1456;
BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 92 und vom
1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 30).
26 c) Die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO ist
entgegen der Auffassung der Revision nicht wegen des Vorliegens einer
Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO - und eines
dadurch begründeten ausschließlichen Gerichtsstands am Wohnsitz des
Beklagten (Art. 2 Abs. 1, Art. 16 Abs. 2 EuGVVO) - ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht hat sowohl die Verbrauchereigenschaft des Beklagten als
auch die Voraussetzungen einer Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1
EuGVVO rechtsfehlerfrei verneint.
27 aa) Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Beklagten zum privaten
Verwendungszweck des Darlehens - in Abwägung zu den objektiv erkennbaren
Umständen der Darlehensgewährung - als unschlüssig angesehen. Die dagegen
gerichtete Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe
entscheidungserheblichen Sachvortrag des Beklagten entweder unberücksichtigt
gelassen oder aber in rechtsfehlerhafter Weise gewürdigt, hat keinen Erfolg.
28 (1) Der Verbraucherbegriff des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO ist nach der
Rechtsprechung des EuGH unter Beachtung der Systematik und der mit dem
Übereinkommen verfolgten Ziele verordnungsautonom auszulegen (EuGH,
Slg. 1993, I-00139 Rn. 13 und Slg. 2005, I-00439 Rn. 31). Die
Vorschrift erfasst danach alle Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung
ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt und die nicht in Bezug
zu einer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen
Tätigkeit stehen. Wegen der in Art. 15 bis 17 EuGVVO statuierten
Ausnahmen vom Grundsatz des "actor sequitur forum rei" (vgl. Art. 2 Abs. 1
EuGVVO) ist der Begriff des Verbrauchers restriktiv, insbesondere
nach der objektiven Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages
in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung, auszulegen und nicht nach
dem inneren Willen dieser Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe
Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer
als Unternehmer angesehen werden kann (EuGH, Slg. 2005, I-00439 Rn.
36; vgl. Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 8; MünchKommZPO/Gottwald,
3. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 1; Kropholler/von Hein, Europäisches
Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 6; Schlosser,
EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 3; Musielak/Stadler, ZPO,
8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 15 Rn. 1).
29 Aus dem auf Verbraucherschutz beschränkten Anwendungsbereich der
Art. 15 bis 17 EuGVVO folgt zudem, dass sich eine Person, die einen Vertrag
zu einem Zweck abschließt, der sich teilweise auf ihre berufliche oder
gewerbliche Tätigkeit bezieht und nur zu einem Teil nicht dieser Tätigkeit
zugerechnet werden kann, grundsätzlich nicht auf diese Vorschriften berufen
kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Verbindung zwischen
diesem Vertrag und der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des
Betroffenen so schwach ist, dass sie nebensächlich wird und
insgesamt betrachtet nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt
(EuGH, Slg. 2005, I-00439 Rn. 39 ff.; vgl. Zöller/Geimer, ZPO,
29. Aufl., Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn. 2; Kropholler/von Hein, Europäisches
Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 10; Schlosser,
EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 3 mwN). Diese
bereits zu Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ entwickelten Grundsätze sind auch für die
Auslegung des Verbraucherbegriffs der EuGVVO maßgebend, denn durch Art. 15
Abs. 1 EuGVVO haben sich insoweit keine Änderungen ergeben (BGH,
Urteil vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 18 f. mwN).
30 Ob mit einem Vertrag objektiv in nicht ganz untergeordnetem Maße
Bedürfnisse gedeckt werden sollen, die der beruflichen oder gewerblichen
Tätigkeit des Betroffenen zuzurechnen sind, oder ob im Gegenteil der
berufliche oder gewerbliche Zweck nur ganz untergeordnete Bedeutung hat, ist
nach der Rechtsprechung des EuGH vom angerufenen nationalen Gericht anhand
der ihm hierzu vorgelegten Beweismittel zu entscheiden (EuGH, Slg.
2005, I-00439 Rn. 47). Es handelt sich um eine Frage der Würdigung des
konkreten Einzelfalls, die dem Tatrichter obliegt und die in der
Revisionsinstanz nur beschränkt überprüft werden kann. Zu prüfen ist nur, ob
die tatrichterliche Würdigung vertretbar ist, nicht gegen die Denkgesetze
verstößt und nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht (vgl.
Senatsurteil vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, WM 2012, 36 Rn. 14).
31 (2) Das Berufungsgericht ist unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe
rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, der streitgegenständliche
Darlehensvertrag sei, auch unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags,
nicht dessen privater Sphäre, sondern dessen beruflicher Tätigkeit als
Rechtsanwalt in P. zuzurechnen.
32 (a) Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das
Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für
die Verbrauchereigenschaft im Rahmen von Art. 15 EuGVVO beim Beklagten als
demjenigen liegt, der sich darauf beruft (vgl. EuGH, Slg. 2005,
I-00439 Rn. 46 zu Art. 13 ff. EuGVÜ; Leible/Müller, EuZW 2009, 27, 28;
Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn. 3;
Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 15 Rn. 1 mwN).
33 (b) Dass das Berufungsgericht den diesbezüglichen Vortrag des Beklagten
in tatrichterlicher Würdigung als unzureichend angesehen hat, ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach den Ausführungen des
Berufungsgerichts spricht für einen berufsbezogenen Zweck des Darlehens,
dass der Beklagte zur Zeit des Vertragsschlusses internationaler Partner der
Rechtsanwaltsgesellschaft H. GbR war und das Darlehen nach dem in dem
Vertragsformular festgehaltenen Verwendungszweck ausdrücklich der Zahlung
seiner Gesellschaftereinlage diente. Dementsprechend ist das Darlehen nicht
an ihn selbst, sondern vollständig auf ein Konto der H. GbR ausgezahlt
worden. Damit ist ein Zusammenhang des Darlehens mit der beruflichen
Tätigkeit des Beklagten objektiv gegeben.
34 Soweit die Revision dagegen einwendet, das Berufungsurteil habe den
unwiderlegten Vortrag des Beklagten nicht hinreichend beachtet, das
streitgegenständliche Darlehen habe nicht seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt,
sondern der Finanzierung der geschäftlichen Expansion der
Rechtsanwaltssozietät und damit einer privaten Vermögensanlage gedient,
setzt sie lediglich ihre eigene Sachverhaltswürdigung an die Stelle
derjenigen des Berufungsgerichts. Damit vermag sie die objektive
Berufsbezogenheit der Kreditaufnahme nicht zu entkräften. Selbst
wenn mit der Dienstleistung ein gemischter Zweck verfolgt wird, ist es nach
der Rechtsprechung des EuGH - wie ausgeführt - nicht erforderlich, dass
diese ganz oder auch nur überwiegend zu beruflich-gewerblichen Zwecken in
Anspruch genommen wird, um die Anwendung der Art. 15 ff. EuGVVO
auszuschließen; vielmehr können die Art. 15 ff. EuGVVO selbst dann
unanwendbar sein, wenn der private Zweck überwiegt (vgl. EuGH, Slg.
2005, I-00439 Rn. 41 f.; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 17
EuGVVO Rn. 2; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl.,
EuGVO Art. 15 Rn. 10). Dass der mit der Kreditaufnahme verfolgte
Zweck (fast) ausschließlich der privaten Sphäre des Beklagten zuzurechnen
ist, hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher
Würdigung verneint.
35 (c) Fehl geht auch der Hinweis der Revision
auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH,
Urteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 7/09, NJW 2009, 3780 Rn. 10;
Senatsurteile vom 8. November 2005 -
XI ZR 34/05, BGHZ 165, 43, 47 ff.
und vom 24. Juli 2007 - XI ZR 208/06, WM 2007, 1833 Rn. 16 ff.) zum
Verbraucherbegriff gem. § 13 BGB. Hierauf kommt es wegen der autonomen
Auslegung des verordnungsrechtlichen Verbraucherbegriffs nicht an; dieser
ist insoweit enger zu verstehen als der Verbraucherbegriff des § 13 BGB
(Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl.,
EuGVO Art. 15 Rn. 10; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art.
15 Rn. 3).
36 bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die kumulativ
erforderlichen (vgl. nur Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG)
44/2001 Art. 15 Rn. 7 ff.) situativen Voraussetzungen einer
Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO verneint.
Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO setzt voraus, dass der
Vertragspartner des Verbrauchers in dem Mitgliedstaat, in dessen
Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche
oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgend einem Wege auf
diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses
Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit
fällt. Daran fehlt es hier.
37 (1) Die Zweigniederlassung der Klägerin in P. wurde nach den
unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit den
Darlehensverträgen zwischen den Parteien nicht tätig und scheidet damit als
Anknüpfung für eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit der Klägerin im
Wohnsitzstaat des Beklagten, der der Vertragsschluss im Sinne des Art. 15
Abs. 1 Buchst. c) Fall 1 EuGVVO zugerechnet werden könnte (vgl. dazu OLG
Dresden, WM 2006, 806, 807), von vornherein aus.
38 (2) Eine auf Frankreich im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c)
Fall 2 EuGVVO ausgerichtete Tätigkeit der in Deutschland ansässigen Klägerin
hat der Beklagte - entgegen der Auffassung der Revision - ebenfalls nicht
dargelegt. Die auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichtete
Tätigkeit des Unternehmers muss nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs den späteren Vertragsschluss durch eine auf den Gewinn
von Kunden gerichtete Handlung zumindest motiviert haben (vgl. BGH,
Urteil vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 27 und
Beschluss vom 17. September 2008
- III ZR 71/08, NJW 2009, 298; vgl. auch OLG Karlsruhe,
NJW 2008, 85, 86; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn.
20; ders. in Geimer/ Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl.,
Art. 15 EuGVVO Rn. 38; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht,
9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 26; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl.,
Art. 15 EuGVVO Rn. 8; Leible/Müller, EuZW 2009, 27, 28 und NJW 2011, 495,
497; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 8). Dies
ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der
Parteien, insbesondere des darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht
zu entnehmen.
39 Der autonom auszulegende Begriff des
Ausrichtens im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO ist zwar weiter
gefasst als der der Vorgängernorm des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) EuGVÜ
(EuGH, NJW 2011,
505 Rn. 59). Während dort nur auf die Varianten
des ausdrücklichen Angebots und der Werbung abgestellt wurde, erfasst Art.
15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO wegen der Formulierung "auf irgend einem Wege"
nunmehr ein insgesamt breiteres Spektrum an Tätigkeiten (aaO, Rn.
61). Tatbestandsvoraussetzung ist aber weiterhin, dass der
Gewerbetreibende bereits vor dem Vertragsschluss seinen Willen zum Ausdruck
gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern (auch) im
Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers herzustellen, also zum
Vertragsschluss mit diesen bereit zu sein (aaO, Rn. 75 f.; vgl.
auch BGH, Urteile vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 25 und
27 und vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, WM 2012, 36 Rn. 21). Auch dies
ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der
Parteien nicht zu entnehmen. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der
Beklagte vorvertraglich durch ein Handeln der Klägerin in seinem
Wohnsitzstaat zur geschäftlichen Kontaktaufnahme veranlasst worden ist.
Allein die jeweils per Telefax veranlasste Übermittlung der
Vertragsformulare vom Sitz der Klägerin an den Wohnsitz des Beklagten reicht
dafür, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht aus, da die
Vertragstexte zu dieser Zeit bereits ausformuliert vorlagen und es einen
früheren, den Vertragsschluss vorbereitenden Kontakt gegeben haben muss.
Dass es dazu aufgrund eines vertragsanbahnenden, insbesondere werbenden
Verhaltens der Klägerin in Frankreich gekommen ist, hat der Beklagte nicht
behauptet.
40 2. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen hat das
Berufungsgericht die Klage auch in der Sache als begründet angesehen.
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