Anforderungen an die Nacherfüllungsfrist nach §§ 437 Nr.
2, 323 BGB; kein Recht des Käufers zu einem zweiten Nachbesserungsversuch;
Bedeutung von § 440 S. 2 BGB (Scheitern der Nacherfüllung); Treuwidrigkeit des Rücktritts bei
freiwillig eingeräumten zweiten Nachbesserungsversuch;
Fristsetzungserfordernis; Verwirkung und venire factum proprium
BGH, Urteil vom 26. August 2020 - VIII ZR 351/19 - OLG
Frankfurt am Main
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
1. Die vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur
Nacherfüllung ist nicht bereits dann gewahrt, wenn der Verkäufer innerhalb
der Frist die Leistungshandlung erbracht hat; vielmehr muss auch der
Leistungserfolg eingetreten sein. Die Frist ist allerdings so zu bemessen,
dass der Verkäufer bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor
Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen,
sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann. 2.Hat der Käufer eine
angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt, die erfolglos abgelaufen ist,
so ist er grundsätzlich nicht gehalten, dem Verkäufer eine zweite
Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen, bevor er den Rücktritt vom
Kaufvertrag erklärt. Ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung ist nur
dann Rücktrittvoraussetzung, wenn der Käufer sein Nachbesserungsverlangen
nicht mit einer Fristsetzung verbunden hat.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lange Entscheidung zu einer einfachen Aussage
(weil das Berufungsgericht umfassend widerlegt werden musst). Es kommen aber
viele lehrreiche Nebenaspekte dazu, weshalb sich die Lektüre lohnt: Wenn
nach §§ 437 Nr. 2, 323 BGB (Rücktritt) oder §§ 437 Nr. 3, 281 BGB
(Schadensersatz statt der Leistung) eine vom Käufer gesetzte
Nacherfülllungsfrist verstrichen ist, kann dieser zurücktreten und/oder
Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Er muss dem Verkäufer nicht
einen zweiten Nacherfüllungsveesuch gewähren. § 440 S. 2 BGB, der hier oft
irrig erwähnt wird, tritt nämlich nicht diese Aussage, sondern behandelt nur
den Fall, dass innerhalb einer gesetzten Frist oder ohne Fristsetzung
bereits zwei Mal die Nacherfüllung erfolglos versucht wurde. Dann muss das
Fristende nicht abgewartet werden bzw. muss eine Frist nicht gesetzt werden.
Dieser Rechtsgedanke kann auch nicht auf § 323 oder § 281 BGB übertragen
werden (so das Argument der Vorinstanz). Neben dieser Frage werden
weitere nicht uninteressante Details erörtert. So kann es in der Tat sein,
dass das Fristsetzungserfordernis in § 323 BGB der
Verbrauchsgüterkaufrichtline widerspricht, weil diese nur den Ablauf der
Frist, nicht aber deren Setzung durch den Verbraucher vorschreibt. Dies
dürfte aber bereits durch die niedrigen Anforderungen, welche die Rspr. des
BGH an eine Fristsetzung stellt (s. dazu BGH v. 13.7.2016 - VIII ZR 49/15,
NJW 2016, 3654) behoben sein. Die Frist muss so lange bemessen sein,
dass der Verkäufer die Nacherfüllung in dieser Zeit auch vornehmen kann, ist
sie zu kurz, gilt automatisch eine angemessene Frist.
Bietet der Käufer
selbst dem Verkäufer eine zweite Nacherfüllungsmöglichkeit an, so ist er
allerdings daran gebunden. Es kann allerdings Fallgestaltungen geben, in
welchen dem Käufer die Berufung auf einen Rücktritt nach § 242 BGB wegen
missbräuchlichen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt ist (das ist
allerdings keine Verwirkung, denn diese setzt ein Zeitmoment voraus). Das
kann der Fall sein, wenn ein Käufer dem Verkäufer einen zweiten
Nacherfüllungsversuch in Aussicht stellt, dieser sich darauf einrichtet
(d.h. bestimmte Dispositionen trifft) und der Käufer dann zurücktritt. Im
übrigen kann ein Käufer, der nach Fristablauf weiter Nacherfüllung verlangt
hat, grundsätzlich jederzeit auch den Rücktritt erklären. Das weitere
Nacherfüllungsverlangen hat keine gestaltende Wirkung (s. dazu
BGH, Urt. v. 20. Januar
2006 - V ZR 124/05)
©sl 2020
Tatbestand:
1 Der Kläger kaufte am 12. September 2017 von der
Beklagten einen Neuwagen H.zum Preis von 18.750 €, den er über die H. B.GmbH
finanzierte. Die von ihm unterzeichnete Fahrzeugbestellung nimmt auf die
rückseitig abgedruckten Neuwagen-Verkaufsbedingungen des Z. e.V. Bezug.
2 Mit Schreiben vom 14. Mai 2018 rügte der Kläger Mängel an der
Lackierung des Fahrzeugs im Bereich der Motorhaube, der A-Säule und am
Heckdeckel. Hierbei setzte er der Beklagten eine Frist zur Nachbesserung bis
zum 30. Mai 2018. Mit Anwaltsschreiben vom 28. Mai 2018 bot die Beklagte
dem Kläger an, einen H. -Vertragshändler seiner Wahl zum Zwecke der
Besichtigung des Fahrzeugs und der Nachbesserung aufzusuchen.
3
Hiervon machte der Kläger Gebrauch und überstellte das Fahrzeug am 3. Juli
2018 der H. C. GmbH zur Untersuchung. Im Anschluss daran vereinbarte er
einen Termin zur Durchführung der Nachbesserung, die dann im Zeitraum vom
14. bis 21. August 2018 stattfand.
4 Einige Tage nach Abholung des
Fahrzeugs beanstandete der Kläger, die Mängel seien nicht vollständig
beseitigt und die (teilweise) erfolgte Neulackierung nicht fachgerecht
ausgeführt worden. Er stellte das Fahrzeug erneut bei dem genannten
Unternehmen vor und vereinbarte einen Termin zur weiteren Nachbesserung.
Diesen Termin nahm er dann aber nicht wahr, sondern erklärte mit
Anwaltsschreiben vom 24. September 2018 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
5 Mit der vorliegenden Klage hat er unter Anrechnung
gezogener Nutzungen die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises in Höhe von
17.437,50 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs,
weiter die Feststellung des Annahmeverzugs und der Verpflichtung der
Beklagten begehrt, ihn von möglichen weiteren Ansprüchen der H. B. GmbH
freizustellen, sowie ferner die Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst
Zinsen verlangt.
6 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die
hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist vor dem Oberlandesgericht ohne
Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
7 Die Revision hat
Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14. November 2019 - 16 U
42/19, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das
Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9 Das
Landgericht habe einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises
nach §§ 437, 440, 323 BGB in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB im Ergebnis zu
Recht verneint, weil es an einer erfolglosen Nacherfüllung innerhalb
angemessener Frist im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB und damit an
einem wirksamen Rücktritt fehle.
10 Allerdings sei die mit Schreiben
vom 14. Mai 2018 gesetzte Frist zur Nacherfüllung nicht bereits deswegen
erfolglos geblieben, weil die Beklagte bis zu dem vom Kläger bestimmten
Fristende (Ablauf des 30. Mai 2018) keine Nachbesserung durchgeführt habe.
Für eine Nacherfüllung innerhalb der vom Gläubiger gesetzten Frist sei es
nicht erforderlich, dass der Nacherfüllungserfolg vor Fristablauf eintrete.
Es sei vielmehr ausreichend, dass die Leistungshandlung innerhalb der Frist
vorgenommen werde. Durch das vom Beklagtenvertreter am 28. Mai 2018
unterbreitete Angebot, das Fahrzeug bei einem H. Vertragshändler in der Nähe
des Wohnorts des Klägers vorzustellen, auf das der Kläger nach weiterer
Korrespondenz eingegangen sei, sei eine erste Leistungshandlung der
Beklagten vor Ablauf der gesetzten Frist vorgenommen worden. Zwar stelle das
Angebot auf Untersuchung des Fahrzeugs noch keine unmittelbare
Nachbesserungsmaßnahme dar. Dieses Vorgehen sei jedoch der erste notwendige
Schritt zur Nacherfüllung.
11 Selbst wenn man dieser Sichtweise nicht
folgen wollte und die erste Nachbesserungshandlung erst mit der Untersuchung
des Fahrzeugs am 3. Juli 2018 oder gar erst mit der Durchführung der
Reparaturmaßnahmen in der Zeit vom 14. bis 21. August 2018 ansetzte, führte
dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar sei dann die bis zum 30. Mai 2018
gesetzte Frist an sich ohne Eintritt eines Nacherfüllungserfolgs abgelaufen.
Der Kläger habe aber der Beklagten trotz Verstreichens der Frist
"freiwillig" eine Nachbesserungsmöglichkeit eingeräumt. Es würde gegen Treu
und Glauben verstoßen, wenn der Käufer unabhängig vom Ausgang eines
eingeräumten Nachbesserungsversuchs auf ein mit Ablauf der Frist
entstandenes Recht auf Rücktritt zurückgreifen könnte.
12 Die
Nacherfüllung sei auch nicht deswegen erfolglos im Sinne des § 323 Abs. 1
BGB geblieben, weil die vom 14. bis 21. August 2018
durchgeführten Nachbesserungsarbeiten - nach Darstellung des Klägers - nicht
zu einer vollständigen Mängelbeseitigung geführt hätten. Denn der Kläger
hätte der für die Beklagte tätig gewordenen H. C. GmbH oder der
Beklagten selbst eine weitere Nachbesserungsmöglichkeit einräumen müssen.
13 Dies folge zwar entgegen der Auffassung der Beklagten nicht
daraus, dass der Kläger sie entgegen Ziffer VII. 2. a) Satz 1 Halbs. 2 der
einbezogenen Neuwagenverkaufsbedingungen nicht davon unterrichtet habe, dass
die von der H. C. GmbH durchgeführte "erste Mangelbeseitigung erfolglos"
geblieben sei. Anders als das Landgericht gemeint habe, ergebe sich
dies auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung der Vorschrift des § 440
Satz 2 BGB. Denn diese Regelung gelte nur für den - hier nicht gegebenen -
Fall, dass eine Frist nicht gesetzt worden sei. Die Bestimmung des § 440
Satz 1 BGB er- gänze ihrem Wortlaut nach allein die Tatbestände der
Entbehrlichkeit der Fristsetzung über die in § 281 Abs. 2 BGB und § 323 Abs.
2 BGB geregelten Fallgestaltungen hinaus. § 440 Satz 2 BGB definiere
lediglich den Begriff des Fehlschlagens einer Nachbesserung im Sinne von
Satz 1 Alt. 2 dieser Regelung.
14 Jedoch sei die Vorschrift des § 323
Abs. 1 BGB, wonach ein Rücktritt voraussetze, dass die dem Schuldner
gesetzte Frist zur Nacherfüllung "erfolgslos" geblieben sei, im Hinblick auf
die Wertung des § 440 Satz 2 BGB dahin auszulegen, dass bei einer
Pflichtverletzung in der Form der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache die
auf eine Fristsetzung hin unternommene Nachbesserung in der Regel
erst dann als "erfolglos" zu werten sei, wenn der Mangel auch nach
zweimaligem Nachbesserungsversuch nicht beseitigt worden sei. "Erfolglos"
im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB sei für kaufrechtliche Mängel im gleichen
Sinne wie "fehlgeschlagen" im Sinne des § 440 Satz 2 BGB zu verstehen.
15 Diese Auslegung sei zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs
geboten. Es sei kein hinreichender Grund dafür ersichtlich, dem
Verkäufer, der ohne Fristsetzung eine Nachbesserung vornehme, in der Regel
zwei Nachbesserungsversuche einzuräumen, demjenigen aber, der auf eine
Fristsetzung hin tätig werde, nur eine Nachbesserungsmöglichkeit
zuzugestehen. Ob der Verkäufer lediglich zur Beseitigung des
Mangels aufgefordert oder ihm zusätzlich eine Frist gesetzt werde, habe
nämlich allein der Käufer in der Hand. Auch wenn eine mit einer Fristsetzung
verbundene Mängelbeseitigungsaufforderung ernstlicher erscheinen möge als
ein nicht an eine Frist gebundenes Nachbesserungsverlangen, könne nicht
generell angenommen werden, dass die Bemühungen des Verkäufers zur
Mangelbeseitigung in diesem Fall anders ausgestaltet wären und deshalb ein
Erfolg der Nachbesserung mit größerer Wahrscheinlichkeit erwartet werden
könne.
16 Denn die Fristsetzung ziele in erster Linie auf eine
zeitliche Komponente. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei
hierfür auch nicht die Bestimmung eines konkreten Endtermins erforderlich.
Vielmehr sei es ausreichend, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach
sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare
Formulierungen deutlich mache, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein
begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung stehe. Die Grenze zwischen
schlichter Mängelbeseitigungsaufforderung und Fristsetzung zur Nachbesserung
sei daher nicht scharf zu ziehen, sondern hänge davon ab, wie dringend der
Käufer sein Nachbesserungsverlangen im Einzelfall formuliere. Es erscheine
nicht sachgerecht, wenn von der Fassung der Nachbesserungsaufforderung
abhänge, ob dem Verkäufer nach nicht (vollständig) gelungener Nachbesserung
eine zweite Möglichkeit zur Nachbesserung einzuräumen sei oder nicht.
17 Für die vom Berufungsgericht befürwortete Auslegung spreche
schließlich auch die Interessenlage. Denn der Schuldner, der einen ersten
Nachbesserungsversuch unternommen habe, werde - anders als meist bei einer
Pflichtverletzung, die in einer bloßen Nichtleistung bestehe - dafür in der
Regel Mittel aufgewendet haben, die nutzlos würden, obwohl möglicherweise
nur noch ein geringer Aufwand erforderlich sei, um die Nachbesserung zum
Erfolg zu führen.
18 Der an der Nichteinräumung einer zweiten
Nachbesserungsmöglichkeit scheiternde Rücktritt vom Kaufvertrag sei dagegen
nicht zusätzlich aus weiteren Gründen ausgeschlossen. Der Kläger habe sein
Recht zum Rücktritt nicht deshalb verwirkt, weil er sich zunächst für eine
weitere Nachbesserung entschieden, den hierfür vereinbarten Termin später
jedoch abgesagt und stattdessen den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt habe.
Es stelle bereits kein widersprüchliches Verhalten dar, wenn der Käufer,
nachdem er möglicherweise aufgrund anwaltlicher Beratung erkannt zu haben
glaube, bereits ein Rücktrittsrecht zu haben, von der bisher getroffenen
Entscheidung abweiche. Für eine Verwirkung fehle es jedenfalls an einem
Umstandsmoment. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie
beziehungsweise die H. C. GmbH im Vertrauen auf das zweite
Nachbesserungsverlangen Dispositionen getroffen hätten, die sie nicht oder
nur unter erheblichem Aufwand rückgängig machen könnten.
II.
19 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit
der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können Ansprüche des Klägers
auf Rückzahlung des Kaufpreises nach § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 323 Abs.
1, §§ 346 ff. BGB, auf Schadensersatz nach § 437 Nr. 3, §
434 Abs. 1, §§ 325, 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB in Form der
Freistellung des Klägers von möglichen Zahlungspflichten gegenüber der
finanzierenden Bank (auch ein solcher Anspruch ist letztlich auf
eine Geldzahlung und nicht - was wegen § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen wäre
[vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, WM 2016, 1748
Rn. 21 mwN] - auf Naturalrestitution gerichtet) und auf Zahlung
vorgerichtlich angefallener Anwaltskosten gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1
BGB, jeweils nebst Zinsen, nicht verneint werden. Bei
dem letztgenannten Anspruch ergibt sich dies neben der Abhängigkeit vom
Bestehen eines Hauptanspruchs auch daraus, dass ein solcher
Schadensersatzanspruch keine Fristsetzung voraussetzt. Schließlich kann mit
den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen auch das Begehren des
Klägers auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten nicht abgewiesen
werden.
20 1. Da das Berufungsgericht weder Feststellungen dazu, ob
die gerügten Mängel durch die im Zeitraum vom 14. bis 21. August 2018
durchgeführten Nachbesserungsarbeiten nur unvollständig behoben worden
beziehungsweise neue Mängel hinzugetreten sind, noch dazu getroffen hat, ob
verbliebene Mängel als nicht unerheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB anzusehen sind, ist im Revisionsverfahren zu unterstellen, dass
das Fahrzeug nach wie vor Lackierungsmängel aufweist, die als nicht
geringfügig (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 - VIII
ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46 ff. mwN) einzustufen sind.
21 2. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen, der Kläger sei nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten,
weil er der Beklagten zur Herbeiführung der Rücktrittsvoraussetzungen des §
323 Abs. 1 BGB eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung hätte einräumen
müssen.
22 a) Im Ergebnis zutreffend hat das
Berufungsgericht angenommen, dass dem Rückzahlungs- und
Freistellungsbegehren des Klägers nicht bereits deswegen der Erfolg zu
versagen ist, weil die Nachbesserungsarbeiten nicht innerhalb der
ursprünglich gesetzten Frist (bis 30. Mai 2018), sondern erst im Zeitraum
vom 14. bis 21. August 2018 durchgeführt worden sind.
23 aa) Dies
folgt allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon
daraus, dass ein vor Ablauf der vom Käufer gesetzten Nachbesserungsfrist
eingegangenes Angebot des Verkäufers auf Untersuchung des Fahrzeugs für eine
fristwahrende Nachbesserung ausreichte und damit das Vorliegen der
Rücktrittsvoraussetzungen nach § 323 Abs. 1 BGB ausschließen würde.
24 (1) Das Berufungsgericht hat sich bereits im Ausgangspunkt den
Blick dafür verstellt, dass eine zur Durchführung der Nacherfüllung vom
Käufer gesetzte (angemessene) Frist nur dann gewahrt ist, wenn der Verkäufer
den gerügten Mangel innerhalb der Frist behebt
(BeckOGK-BGB/Looschelders, Stand: 1. August 2020, § 323 Rn. 167; vgl. auch
Staudinger/Löwisch, BGB, Neubearb. 2020, § 323 Rn. B 29 [zu § 433 Abs. 1
Satz 1 BGB]; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 88 [zu §§ 631, 635
BGB]; zwischen Art der gesetzten Frist [Aufnahme- oder Vornahmefrist]
differenzierend MünchKommBGB/Ernst, 8. Aufl., § 323 Rn. 261 ff.).
25
(a) Soweit im Schrifttum unter Bezugnahme auf Entscheidungen des
Bundesgerichtshofs zum alten Schuldrecht die Auffassung vertreten wird,
es käme für die Rechtzeitigkeit der Leistungserbringung im Rahmen des §
323 Abs. 1 BGB grundsätzlich allein darauf an, ob der Schuldner die
Leistungshandlung innerhalb der gesetzten (angemessenen) Frist vorgenommen
habe, während der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs nicht
maßgebend sei (Soergel/Gsell, aaO; Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl., § 323
Rn. 22; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 323 Rn. 16; BeckOK-BGB/Schmidt,
Stand: 1. Mai 2020, § 323 Rn. 20; jurisPK-BGB/Beckmann, Stand: 1. Februar
2020, § 323 Rn. 41; Jauernig/Stadler, BGB, 17. Aufl., § 323 Rn. 9;
Dauner-Lieb/Langen/Dubovitskaya, BGB, 3. Aufl., § 323 Rn. 20; vgl. auch
BeckOGK-BGB/Looschelders, aaO; MünchKommBGB/Ernst, aaO Rn. 86), betrifft
dies - was das Berufungsgericht verkennt - (jedenfalls) nicht die
Fälle der Nacherfüllung nach § 439 BGB, in denen die zu bewirkende
Leistungshandlung gerade darin besteht, dem Käufer (im Wege der
Nachbesserung oder der Ersatzlieferung) eine mangelfreie Kaufsache zu
verschaffen.
26 (b) Dies folgt bereits aus dem Sinn
und Zweck der Nacherfüllung und dem nach deutschem Recht für den Übergang
vom Nacherfüllungsstadium auf sekundäre Gewährleistungsrechte (Rücktritt,
Minderung, Schadens- oder Aufwendungsersatz) grundsätzlichen Erfordernis
eines erfolglosen Verstreichens der vom Käufer zu setzenden angemessenen
Frist zur Nacherfüllung. Nur ein solches Verständnis steht auch im
Einklang mit Art. 3 Abs. 3, 5 zweiter Spiegelstrich der Richtlinie
1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu
bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für
Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12; im Folgenden:
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie), der für Verbrauchgüterkäufe zwar
keine Fristsetzung anordnet, wohl aber vorsieht, dass "die Nachbesserung
oder die Ersatzlieferung innerhalb einer angemessenen Frist [...] zu
erfolgen hat" und dass der Verbraucher eine Minderung des
Kaufpreises oder eine Vertragsauflösung verlangen kann, "wenn der
Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat".
27 (aa) Der Sinn und Zweck des im Rahmen der
Schuldrechtsmodernisierung nicht nur für Verbrauchsgüterkäufe, sondern
allgemein für Kaufverträge eingeführten Rechtsinstituts der Nacherfüllung
besteht darin, einerseits dem Verkäufer im Rahmen einer "zweiten
Andienung" eine letzte Chance einzuräumen, die zu seinen Leistungspflichten
zählende Verschaffung einer mangelfreien Sache (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB)
vorzunehmen und so eine Rückabwicklung des Vertrags zu vermeiden
(BT-Drucks. 14/6040, S. 221 iVm S. 219 und 220), und andererseits zu
gewährleisten, dass der Käufer das erhält, was er nach dem Vertrag zu
beanspruchen hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 221). Mit
der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption also
die Erfüllung der Verkäuferpflichten durchgesetzt und ermöglicht
werden (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2012 -
VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24 mwN; vom
14. Februar 2020 - V ZR 11/18, NJW 2020, 2104 Rn. 51). Vom
Verkäufer geschuldet und vom Käufer zu beanspruchen ist aber nicht nur die
Vornahme einer Leistungshandlung, sondern der Leistungserfolg
(BT-Drucks. 14/6040, aaO, zweite Spalte oben). Dies hat im Falle der
Nacherfüllung durch die Herstellung einer mangelfreien Sache durch
Nachbesserung oder Ersatzlieferung zu erfolgen (BGH,
Urteile vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10, BGHZ
189, 196 Rn. 50; vom 14. Februar 2020 - V ZR 11/18, aaO). Für
die Erbringung dieses bislang ausgebliebenen "Leistungsrests" soll dem
Verkäufer, der dem Käufer eine mangelhafte Sache ausgehändigt und übereignet
hat, ein angemessener Zeitraum zur Verfügung stehen (BT-Drucks.
14/6040, S. 138).
28 (bb) Hier setzt das nach deutschem Recht für den
Übergang auf sekundäre Gewährleistungsrechte grundsätzlich geltende
Fristsetzungserfordernis (§ 323 Abs. 1, § 441 Abs. 1 iVm § 323 Abs. 1, § 281
Abs. 1, § 284 BGB) an. Das erfolglose Verstreichen der vom Käufer
gesetzten (angemessenen) Frist führt dazu, dass der Käufer, der eine
mangelhafte Sache erhalten hat, nun sekundäre Gewährleistungsrechte
(Rücktritt, Minderung, Schadens- oder Aufwendungsersatz) geltend machen kann.
Es ist weder ein Bedürfnis des Verkäufers erkennbar, dem Käufer bereits bei
einer fristgerecht vorgenommenen Leistungshandlung den Übergang zu den
sekundären Gewährleistungsrechten zu verwehren, noch würde dies den
Interessen des Käufers gerecht. Denn die vom Käufer zu setzende
Frist ist so zu bemessen, dass der Verkäufer bei ordnungsgemäßem Vorgehen
vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen,
sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann.
Zudem setzte eine zu kurz bemessene Frist eine angemessene Frist in Gang,
wenn der Käufer nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass es ihm auf die Kürze
der Frist ankommt (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/6040, S. 138;
Senatsurteil vom 13. Juli 2016 - VIII ZR 49/15,
NJW 2016, 3654 Rn. 31 mwN).
29 (cc) Davon abgesehen wäre ein
Rechtsverständnis, das dem Käufer im Falle einer Nacherfüllung einen
Übergang zu den sekundären Gewährleistungsrechten bereits dann verwehrte,
wenn der Verkäufer innerhalb der vom Käufer gesetzten angemessenen Frist
(zur Frage der Vereinbarung des Fristsetzungserfordernisses mit europäischem
Recht siehe die Ausführungen nachfolgend unter b bb) lediglich die
Leistungshandlung erbracht, nicht aber den geschuldeten Leistungserfolg
herbeigeführt hätte, jedenfalls für den hier vorliegenden Fall eines
Verbrauchsgüterkaufs nicht mit Art. 3 Abs. 3, 5 zweiter Spiegelstrich
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zu vereinbaren.
30 Art. 3 Abs. 3
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ordnet an, dass die Nachbesserung oder
Ersatzlieferung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen muss.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat aus dieser Vorschrift abgeleitet,
dass der Verkäufer durch diese Abhilfemaßnahmen den vertragsgemäßen Zustand
"innerhalb einer angemessenen Frist herzustellen" hat (EuGH, Urteil
vom 23. Mai 2019 - C-52/18, NJW 2019, 2007 Rn. 36, 63). Er hat damit
deutlich gemacht, dass die nach Art. 3 Abs. 2
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vom Verkäufer im Falle einer
Vertragswidrigkeit zunächst geschuldete, erfolgsbezogene "Herstellung des
vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts durch Nachbesserung oder
Ersatzlieferung nach Maßgabe des Abs. 3" nicht nur teilweise,
sondern vollständig innerhalb der angemessenen Frist zu erfolgen hat, wenn
der Käufer von einem Übergang auf die nächste Stufe seiner Rechte abgehalten
werden soll.
31 Das genannte Verständnis liegt auch der
Vorschrift des Art. 3 Abs. 5 zweiter Spiegelstrich der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zugrunde, die für den Wechsel von der
Nacherfüllungsphase zur Minderung oder zur Vertragsauflösung darauf
abstellt, dass der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist
"Abhilfe geschaffen" hat. Diese Formulierung (in der englischen
Fassung: "has not completed the remedy within a reasonable time"; in der
französischen Fassung: "n'a pas mis en oeuvre le mode de dedommagement dans
un delai raisonnable"; in der italienischen Fassung: "non ha esperito il
rimedio entro un periodo ragionevole ovvero"; in der spanischen Fassung: "no
hubiera llevado a cabo el saneamiento en un plazo razonable") macht
deutlich, dass für den Übergang auf die nächste Stufe der Gewährleistung
(Minderung, Vertragsauflösung) das Ausbleiben des Leistungserfolgs innerhalb
der Frist maßgebend ist, so dass allein die fristgerechte Erbringung
der Leistungshandlung die weiteren Rechte des Käufers nicht ausschließt.
32 (2) Unabhängig davon, dass allein die fristgerechte Erbringung der
Leistungshandlung innerhalb der Frist einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB
nicht ausschließt, hat das Berufungsgericht verkannt, dass das vor
Fristablauf erfolgte Angebot der Beklagten auf Vorstellung des Fahrzeugs bei
der H. C. GmbH nicht als Leistungshandlung zu werten ist. Die
Verständigung auf den Ort und die Zeit der Untersuchung ist zwar ein der
Nacherfüllung vorgeschalteter Schritt. Sie stellt aber nicht die
Leistungshandlung (hier: Durchführung von Lackierungsarbeiten) dar, sondern
bereitet diese nur vor.
33 bb) Dem Berufungsgericht ist
allerdings darin beizupflichten, dass der Umstand, dass die Nachbesserung
nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum 30. Mai 2018 erfolgte, den
Kläger aus anderen Gründen nicht zum Rücktritt berechtigte. Dabei kann
dahinstehen, ob - was die Revisionserwiderung in Frage stellt - die vom
Kläger ursprünglich gesetzte Frist angesichts der Umstände des Einzelfalls
angemessen war oder nicht. Denn der Kläger hat sich nach den
verfahrensfehlerfrei getroffenen und im Revisionsverfahren nicht
angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts "freiwillig" darauf
eingelassen, dass die Nachbesserung in dem Zeitraum vom 14. bis 21. August
2018 durchgeführt wurde. Er hat damit entweder die gesetzte Frist verlängert
oder er hat jedenfalls keinen Widerspruch dagegen erhoben, dass die
Mängelbeseitigung erst später vorgenommen wurde. Damit ist
es ihm - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nach dem Gebot
von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, seinen Rücktritt auf den Umstand
zu stützen, dass die Nachbesserung nicht bereits bis 30. Mai 2018, sondern
erst im August 2018 erfolgt ist.
34 Die Ausübung des
Rücktrittsrechts durch den Gläubiger kann im Einzelfall gegen das Gebot von
Treu und Glauben verstoßen (BGH, Urteil vom
20. Januar 2006 - V ZR 124/05, NJW 2006, 1198 Rn. 23; vgl. ferner
Senatsurteil vom 24. Oktober 2018 - VIII ZR 66/17,
BGHZ 220, 134 Rn. 54; jeweils mwN). So liegen die Dinge hier.
Ein Käufer, der dem Verkäufer "freiwillig" nach Ablauf der gesetzten Frist
eine Nachbesserungsmöglichkeit eingeräumt hat, verhält sich widersprüchlich
und treuwidrig, wenn er später seinen Rücktritt darauf stützt, dass der
Verkäufer den Mangel nicht innerhalb der ursprünglich vorgesehenen Frist
beseitigt hat.
35 b) Jedoch hat das Berufungsgericht
rechtsfehlerhaft die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung
des Kaufpreises nach §§ 346 ff. BGB und auf Schadensersatz nach § 280 Abs.
1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 2 BGB (Freistellung von Forderungen der
finanzierenden Bank) daran scheitern lassen, dass der Kläger der Beklagten
beziehungsweise der H. C. GmbH das Fahrzeug nach der im Zeitraum vom 14.
bis 21. August 2018 erfolgten Nachbesserung, die nach seiner Darstellung
nicht zu einer vollständigen und ordnungsgemäßen Mängelbeseitigung geführt
habe, nicht zu einer zweiten Nachbesserung zur Verfügung gestellt hat. Dabei
ist das Berufungsgericht im Rahmen tatrichterlicher Würdigung
rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das zweite, später zurückgenommene
Nachlackierungsverlangen eine eigenständige Aufforderung zur Nachbesserung
darstellte und es sich nicht - wie die Revisionserwiderung meint, insoweit
aber keine Verfahrensrügen erhebt - um ein einheitliches
Nachbesserungsbegehren handelte.
36 Das Berufungsgericht hat zwar
noch zutreffend erkannt, dass sich eine solche Obliegenheit des Klägers
nicht daraus ergibt, dass er die Beklagte entgegen der Regelung in Ziffer
VII. 2. a) Satz 1 Halbs. 2 der Neuwagenverkaufsbedingungen nicht davon
unterrichtet hat, dass die bei der H. C. GmbH durchgeführte "erste
Mängelbeseitigung erfolglos" geblieben sei. Denn die genannte
Klausel sieht eine vertragliche Verpflichtung des Käufers, den Verkäufer von
der Erfolglosigkeit eines ersten Nachbesserungsversuchs zu unterrichten,
nicht vor (vgl. zu einer ähnlichen Klausel bereits
Senatsurteil vom 15. November 2006 - VIII ZR
166/06, NJW 2007, 504 Rn.17). Anders als die Revisionserwiderung meint,
räumt die genannte Bestimmung dem Verkäufer auch nicht ein (vertragliches)
Recht zur zweiten Nachbesserung ein, sondern soll den Verkäufer nur in die
Lage versetzen, Kenntnis von der Erfolgslosigkeit der unternommenen
Nachbesserungsarbeiten zu erhalten, und ihm so die Möglichkeit eröffnen, dem
Käufer gegebenenfalls einen weiteren Nachbesserungsversuch anzubieten.
37 Dies ergibt sich daraus, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen nach
ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind,
wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der
Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st.
Rspr.; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, NZM 2020,
551 Rn. 119 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Von diesem
Klauselverständnis geht auch das Berufungsgericht aus, das der genannten
Allgemeinen Geschäftsbedingung gerade nicht ein vertragliches Recht der
Beklagten auf Einräumung einer weiteren Nachbesserung entnimmt, sondern
davon ausgeht, dass die Klausel nur die Fälle erfasse, in denen dem
Verkäufer bereits nach den gesetzlichen Regeln eine zweite
Nachbesserungsmöglichkeit eingeräumt ist.
38 Rechtsirrig hat
das Berufungsgericht aber angenommen, eine Fristsetzung zur Nachbesserung (§
439 Abs. 1 Alt. 1 BGB) sei regelmäßig erst dann erfolglos im Sinne des § 323
Abs. 1 BGB verstrichen, wenn - wie in § 440 Satz 2 BGB für den Fall einer
unterbliebenen Fristsetzung vorgesehen - zwei Nachbesserungsversuche des
Verkäufers nicht zur Beseitigung des Mangels geführt hätten.
Hierbei vermengt das Berufungsgericht zwei nach der gesetzgeberischen
Konzeption strikt voneinander zu trennende
Tatbestandsvoraussetzungen. Das Gesetz unterscheidet
konsequent zwischen dem Fristsetzungserfordernis nach den Regeltatbeständen
(§ 323 Abs. 1 BGB [Rücktritt und Minderung [iVm § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB]], §
281 Abs. 1 BGB [Schadensersatz statt der Leistung]) und den
Fallgestaltungen, in denen eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich ist
(§ 323 Abs. 2, 3, § 281 Abs. 2 BGB, § 440 Satz 1 BGB).
39
Der grundsätzlich gebotenen Fristsetzung ist nach der Vorstellung
des Gesetzgebers bereits dann genügt, wenn der Käufer einmalig fruchtlos
eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Die
gesetzlichen Vorschriften, die einen Rücktritt, eine Minderung oder ein
Verlangen auf Schadensersatz statt der Leistung in Ausnahmefällen auch ohne
Fristsetzung erlauben, zeichnen sich jeweils dadurch aus, dass sie
den Verzicht auf dieses einmalige Erfordernis durch andere (gleichwertige)
Anforderungen ersetzen. Weiter verkennt das
Berufungsgericht den Sinn und Zweck des § 440 Satz 2 BGB,
der dem Käufer die Geltendmachung eines Fehlschlagens der Nachbesserung in
praktischer Hinsicht erleichtern (BT-Drucks. 14/6040, S. 234),
nicht aber den Übergang zu den sekundären Gewährleistungsrechten
erschweren soll.
40 Die aufgezeigten Gesichtspunkte
verbieten es, der Vorschrift des § 440 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 BGB, wonach bei
Fehlschlagen der Nachbesserung, die in der Regel bei einem zweimaligen
erfolglosen Nachbesserungsversuch anzunehmen ist, auf eine Fristsetzung
verzichtet werden kann, allgemeingültige Wertungen zu entnehmen und diese
auf den (Regel-)Fall einer Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB zu übertragen
(so im Ergebnis auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 9. September 2010
- 8 U 367/09, juris Rn. 49 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 323 Rn.
16). Denn hierdurch würde die einen Sonderfall betreffende
gesetzgeberische Wertentscheidung in § 440 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 BGB
unzulässigerweise zu einer allgemeingültigen Wertung erhoben und es
würden zugleich die nur für die jeweilige Variante (Fristsetzungserfordernis
oder Entbehrlichkeit einer Fristsetzung) bestimmten
tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erklärung eines Rücktritts oder
einer Minderung beziehungsweise für das Verlangen von Schadensersatz statt
der Leistung im Falle einer erfolglosen Nachbesserung in unzulässiger Weise
"kumuliert" und dem Käufer dadurch, entgegen der Zielsetzung des
Gesetzgebers, die Ausübung der beschriebenen sekundären
Gewährleistungsrechte erschwert.
41 aa) Das Gesetz
macht die Ausübung eines Rücktritts oder einer Minderung sowie die
Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung
grundsätzlich von einer Fristsetzung zur Nacherfüllung abhängig (§ 323 Abs.
1, § 441 Abs. 1 Satz 1, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB).
42 (1)
Der Gesetzgeber ist dabei davon ausgegangen, dass bezüglich der
geltend gemachten Mängel die einmalige fruchtlose Fristsetzung durch
den Gläubiger ausreicht, um den Rücktritt oder die Minderung zu erklären
beziehungsweise zu dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
überzugehen, wenn er die weitere Verfolgung des Erfüllungsanspruchs (in
Gestalt der Nacherfüllung) nicht mehr für zweckmäßig erachtet (vgl.
BGH, Urteile vom 20. Januar 2006 - V ZR 124/05,
aaO Rn. 22; vom 23. Februar 2005 - VIII
ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 221 f.; BT-Drucks. 14/6040, S. 184:
"Maßgeblich ist allein der erfolglose Ablauf einer vom Gläubiger dem
Schuldner gesetzten angemessenen Nachfrist"; BT-Drucks. 14/6040, S. 235: "Um
mindern zu können, muss der Käufer also zunächst die Voraussetzungen für den
Rücktritt herbei- führen, also im Regelfall eine Frist setzen, § 323 Abs.
1 RE."; BT-Drucks. 14/6040, S. 92 f.: "Das - neben der Pflichtverletzung -
zweite wesentliche Strukturmerkmal des neuen Leistungsstörungsrechts besteht
darin, dass der Gläubiger dem Schuldner grundsätzlich eine angemessene Frist
zur Erfüllung setzen muss, bevor er sich nach ergebnislosem Ablauf der Frist
statt des Erfüllungsanspruchs weitergehende Rechte geltend machen kann; vgl.
weiter BT-Drucks. 14/6040, S. 221 linke Spalte unten sowie
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags,
BT-Drucks. 14/7052, S. 185, 192). Nach den Vorstellungen des
Gesetzgebers wird einem Schuldner, der eine fällige Leistung nicht erbracht
hat, durch das einmalige Setzen einer angemessenen Frist zur Leistung
ausreichend vor Augen geführt, dass ein weiteres Ausbleiben der Leistung
Folgen haben wird (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 184 a.E.).
43
Dementsprechend sieht auch der Gesetzeswortlaut (§ 323 Abs. 1, § 281
Abs. 1 Satz 1 BGB) weder eine wiederholte Fristsetzung noch die Pflicht
zur Einräumung einer weiteren Erfüllungs- oder Nacherfüllungsmöglichkeit
bezüglich einer geltend gemachten Pflichtverletzung vor. Dies ist
nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch dann nicht
geboten, wenn der Käufer eine zu kurze Frist gesetzt hat. Denn hierdurch
soll - wie dies der Rechtsprechung zu § 326 BGB aF entspricht - eine
angemessene Frist in Gang gesetzt werden, es sei denn, der Käufer hat
deutlich gemacht, dass es ihm gerade auf die Kürze der Frist ankommt
(BT-Drucks. 14/6040, S. 138).
44 (2) Der Gesetzgeber hat auch keinen
Anlass gesehen, für die kaufrechtliche Nacherfüllung abweichende
(Fristsetzungs-)Anforderungen zu stellen. Vielmehr hat der Gesetzgeber auch
hier den fruchtlosen Ablauf einer einmalig gesetzten angemessenen Frist zur
Behebung der geltend gemachten Mängel für ausreichend erachtet. Dies ergibt
sich nicht nur daraus, dass er keine Sonderregelungen zu § 323 Abs. 1,
§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen hat, sondern diese Vorschriften
ausdrücklich auch den Fall der Nacherfüllung erfassen. Vielmehr lässt sich
dies auch der Gesetzesbegründung entnehmen, wonach der Verkäufer im Rahmen
der Nacherfüllung nur die Möglichkeit einer "zweiten Andienung", also eine
"letzte Chance" erhalten soll, den mit der Rückabwicklung des Vertrags
verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (BT-Drucks. 14/6040, S. 220
und 221). Einer erneuten Fristsetzung bedarf es daher nur, soweit
andere, noch nicht gerügte (neue) Mängel betroffen sind (BGH,
Urteil vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 77/15, NJW 2016, 2493 Rn. 14 mwN).
45 bb) Ob das sonach vom nationalen Gesetzgeber auch für das
Kaufrecht eingeführte Fristsetzungserfordernis in Widerspruch zu Art. 3 Abs.
5 zweiter Spiegelstrich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie steht, der dem
Verbraucher die Möglichkeit einer Minderung des Kaufpreises oder einer
Vertragsauflösung zubilligt, wenn "der Verkäufer nicht innerhalb einer
angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat", kann dahinstehen.
46 (1) Manche Stimmen im Schrifttum vertreten zwar die Auffassung, dass
durch das Erfordernis einer Fristsetzung zur Nacherfüllung höhere
Anforderungen an den Verbraucher gestellt würden als von der Richtlinie
vorgesehen (bloßes Verstreichen einer angemessenen Frist) und daher eine
richtlinienkonforme Auslegung geboten sei (vgl. etwa MünchKommBGB/Ernst,
aaO, § 323 Rn. 51; Dauner-Lieb/Langen/Dubovitskaya, aaO Rn. 17; jeweils
mwN). Ob dies angesichts der vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausnahmen von
einer Fristsetzung (§ 323 Abs. 2, § 440 BGB) und der von ihm gewollten
geringen Anforderungen an das Fristsetzungserfordernis (vgl. BT-Drucks.
14/6040, S. 185: "Diese Fristsetzung darf und soll nach dem Entwurf aber
nicht zu einer Hürde werden, an der er [= Rücktritt] aus formalen Gründen
scheitert. Hieran wird sich die Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift
auszurichten haben."), zutrifft, ist jedoch fraglich. Dies gilt auch
mit Blick darauf, dass der Senat die gesetzlichen Vorgaben in ständiger
Rechtsprechung dahin umgesetzt hat, dass die Angabe eines Endtermins nicht
erforderlich ist, sondern es genügt, wenn der Gläubiger durch das Verlangen
nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch
vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Schuldner für die
Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht
(Senatsurteile vom 12. August 2009 - VIII ZR
254/08, NJW 2009, 3153 Rn. 10 f.; vom 18. März 2015 - VIII ZR 176/14,
NJW 2015, 2564 Rn. 11).
47 (2) Diese Frage bedarf allerdings
deswegen keiner Entscheidung, weil eine von diesen Stimmen befürwortete
richtlinienkonforme Auslegung von vornherein ausscheidet. Denn der
Gesetzgeber hat sich trotz der Erkenntnis, dass die
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei Mängeln für das Verlangen nach
Vertragsauflösung oder Minderung eine Fristsetzung des Käufers nicht
vorsieht und Stimmen in der Literatur im Hinblick hierauf gegen das
Fristsetzungserfordernis Bedenken erhoben haben, bewusst dafür entschieden,
den Vorrang der Nacherfüllung dadurch zu gewährleisten, dass der Käufer
grundsätzlich erst nach der Setzung einer angemessenen Frist zurücktreten,
mindern oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 222, 185), und hat die gesetzlichen Ausnahmen zum
Fristsetzungserfordernis - insbesondere beim Fehlschlagen der Nacherfüllung
(§ 440 Satz 1 Alt. 2 BGB) - für ausreichend gehalten, um die Vorgaben der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umzusetzen (BT-Drucks. 14/6040, S. 222). Bei
dieser Sachlage hätte eine richtlinienkonforme Auslegung dahin, dass eine
Fristsetzung stets entbehrlich ist, von vornherein auszuscheiden (Höpfner,
Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 310 f.). Denn eine
richtlinienkonforme Auslegung setzt voraus, dass durch sie der erkennbare
Wille des Gesetzgebers nicht verändert wird, sondern die Auslegung seinem
Willen (noch) entspricht (Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 -VIII ZR
158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 43, und VIII ZR 13/12, juris Rn. 45; jeweils mwN).
48 cc) Von der danach für den Übergang zum Rücktritt, zur
Minderung oder zum Schadensersatz statt der Leistung erforderlichen
Fristsetzung zur Nacherfüllung (§ 323 Abs. 1, § 441 Abs. 1 Satz 1, § 281
Abs. 1 Satz 1 BGB) macht der Gesetzgeber aber Ausnahmen. Er trägt durch die
Bestimmungen der § 323 Abs. 2, § 440, § 281 Abs. 2 BGB dem Interesse des
Käufers Rechnung, dem Verkäufer in den Fällen keine Frist setzen zu müssen,
in denen dies keinen Erfolg verspricht oder dem Käufer nicht zuzumuten ist
(Senatsurteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, aaO, S. 229 f.).
Da es
sich um Ausnahmebestimmungen zu den genannten Regeltatbeständen handelt
(vgl. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 233), lassen sich aus den ihnen
zugrundeliegenden Wertungen von vornherein keine Rückschlüsse auf eine
einschränkende Auslegung der Regelbestimmungen ziehen. Denn der Sinn und
Zweck von Ausnahmevorschriften besteht darin, für bestimmte, vom Regelfall
abweichende Fallgestaltungen Sonderregelungen zu treffen.
49
Diese - vom Gesetzgeber auch mit § 440 BGB verbundene (BT-Drucks. 14/6040,
aaO) - Zielsetzung würde aber unterlaufen, wenn ihre
Tatbestandsvoraussetzungen auf die Regelbestimmungen (hier: § 323 Abs. 1
BGB) übertragen würden. Nach dem oben (unter II 2 b aa) beschriebenen Willen
des Gesetzgebers soll der Käufer im Falle des erfolglosen Ablaufs einer
einmal gesetzten (angemessenen) Frist zur Nacherfüllung zu den sekundären
Gewährleistungsrechten übergehen können. Dabei hat er für den Fall des
fruchtlosen Verstreichens einer Frist zur Nachbesserung keine Ausnahme
geschaffen. Vielmehr sind beide Varianten der Nacherfüllung (Nachbesserung,
Nachlieferung) von den Regeltatbeständen der § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 Satz
1 BGB erfasst (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 138, 185).
50 Schon
aus diesen Gründen verbietet sich die vom Berufungsgericht vorgenommene
Auslegung des § 323 Abs. 1 BGB, wonach der Käufer im Falle einer
Fristsetzung zur Nachbesserung erst dann zur Erklärung des
Rücktritts berechtigt sei, wenn er dem Verkäufer zuvor zweimal vergeblich
Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben habe. Denn dies würde das vom
Gesetzgeber als Regelfall ausgestaltete Fristerfordernis obsolet machen.
Wenn der Käufer dem Verkäufer trotz Fristsetzung regelmäßig zweimal eine
Nachbesserungsmöglichkeit einräumen müsste, ist nicht zu erkennen, warum der
Käufer überhaupt noch eine Frist setzen und nicht stattdessen ein
Fehlschlagen der Nachbesserung im Sinne von § 440 BGB geltend machen sollte.
Zugleich wären dem Käufer die Vorteile einer Fristsetzung abgeschnitten. Er
könnte sich - entgegen dem Willen des Gesetzgebers - nicht mehr darauf
verlassen, dass bei Ablauf einer von ihm gesetzten angemessenen Frist zur
Nachbesserung ein Übergang zu den sekundären Gewährleistungsrechten möglich
ist. Die Übertragung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines
Fehlschlagens der Nachbesserung (§ 440 BGB) auf die Regeltatbestände der §
323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB würde damit zu einer unzulässigen, vom
Gesetzgeber nicht gewollten Schlechterstellung des Käufers führen.
51 dd) Davon abgesehen verkennt das Berufungsgericht die Wertungen des
§ 440 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 BGB.
52 (1) Der Sinn und Zweck des
§ 440 BGB besteht - anders als die Revision, Stimmen in der
obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum (OLG Saarbrücken, Urteil
vom 9. September 2010 - 8 U 367/09, aaO Rn. 48; Palandt/ Weidenkaff, BGB,
79. Aufl., 440 Rn. 2) folgend, meint - nicht darin, "die Entbehrlichkeit der
Fristsetzung über § 281 Abs. 2 BGB (für den Schadensersatz) und § 323 Abs. 2
BGB (für den Rücktritt) hinaus auf die Nacherfüllung zu erstrecken." Denn
der Anspruch auf Nacherfüllung bedarf zu seiner Verwirklichung keiner
Fristsetzung (BT-Drucks. 14/6040, S. 230 a.E.).
Vielmehr dient § 440 BGB
dazu, die Tatbestände der Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 323 Abs.
2, § 281 Abs. 2 BGB, die auch die sich aus einer Schlechtleistung ergebenden
Ansprüche auf Nacherfüllung im Sinne des § 439 BGB erfassen (vgl. die
ausdrückliche Nennung der Nacherfüllung in § 323 Abs. 1 BGB und § 281 Abs. 1
Satz 1 BGB; vgl. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 138, 184), im Hinblick auf die
Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie um weitere Ausnahmefälle zu
ergänzen (BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.) und so dem Käufer, dem
zunächst allein an einer Nacherfüllung gelegen war und der weder eine Frist
zur Nacherfüllung gesetzt hat noch sich mit Erfolg auf die Entbehrlichkeit
einer Fristsetzung nach § 323 Abs. 2, § 281 Abs. 2 BGB berufen kann, die
Möglichkeit zu eröffnen, in den in § 440 BGB aufgeführten Fällen auf den
Rücktritt vom Kaufvertrag, auf die Minderung des Kaufpreises (§ 441 Abs. 1
Satz 1 BGB: "statt zurückzutreten") oder auf Schadensersatz statt der
Leistung überzugehen.
53 (2) Einen Verzicht auf eine
Fristsetzung hat der Gesetzgeber dabei insbesondere für den - praktisch
bedeutsamen - Fall für angezeigt erachtet, dass eine Nachbesserung
fehlgeschlagen ist (§ 440 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 BGB; vgl. BT-Drucks.
14/6040, S. 233). In einer solchen Fallgestaltung hat er dem Recht des
Käufers zum "sofortigen Rücktritt", also ohne Setzung einer Frist zur
weiteren Nachbesserung, den Vorzug vor dem Interesse des Verkäufers
gegeben, an dem Vertrag festzuhalten (BT-Drucks. 14/6040, S. 233 rechte
Spalte). Hier setzt die Bestimmung des § 440 Satz 2 BGB an, wonach eine
Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt,
wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder aus
sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
54 (a) Diese Vorschrift ist
geschaffen worden, um im Interesse des Käufers eine Richtgröße für die
"ungebührliche Verzögerung" als eine in der Praxis häufiger auftretende Form
der fehlgeschlagenen Nachbesserung einzuführen (BT-Drucks. 14/6040, S. 234).
Auch hierbei ist nach dem Willen des Gesetzgebers entscheidend, ob der
aufgetretene Mangel in einem für den Käufer angemessenen Zeitraum behoben
wird. Die Zahl der vom Käufer "hinzunehmenden" Nachbesserungsversuche ist
dagegen für sich genommen nicht maßgebend, sie ist nur insoweit von
Bedeutung, als die "Zahl der erforderlichen Versuche auch die Bemessung des
angemessenen Zeitraums bestimmt" (BT-Drucks. 14/6040, aaO).
55 Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist von einem Fehlschlagen der
Nachbesserung auszugehen, wenn der Verkäufer trotz Aufforderung durch den
Käufer die Nacherfüllung nicht in angemessener Frist vorgenommen hat, auch
wenn eine Fristsetzung durch den Käufer im Einzelfall mit der Aufforderung
nicht verbunden war (BT-Drucks. 14/6040, S. 222 linke Spalte a.E.).
Vor diesem Hintergrund hat er die "Richtgröße" von zwei
Nachbesserungsversuchen allein "zur praktischen Erleichterung" aufgenommen
(BT-Drucks. 14/6040, aaO). Die damit vorrangig die Interessen des Käufers in
den Blick nehmende Bestimmung des § 440 Satz 2 BGB würde in ihr Gegenteil
verkehrt, wenn sie für den Unterfall der Nachbesserung zur Auslegung des
Begriffs "erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung" (§
323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB) herangezogen würde.
56 (b)
Hierdurch würde - anders als das Berufungsgericht meint - nicht ein
Wertungswiderspruch behoben, sondern erstmals heraufbeschworen. Denn nach
der Sichtweise des Berufungsgerichts würde eine einmalige Fristsetzung, die
so beschaffen sein muss, dass sie dem Verkäufer ausreichend Gelegenheit zur
Nachbesserung gibt und ihm zugleich den Ernst der Lage vor Augen
führt, nicht mehr ausreichen, sondern es würde zusätzlich ein Erfordernis
(zwei erfolglose Nachbesserungsversuche) eingeführt, das aber in § 440 Satz
1 Alt. 2, Satz 2 BGB nur deswegen aufgenommen wurde, weil in den hiervon
erfassten Fällen eine Fristsetzung gerade nicht erfolgt ist.
57 Das Berufungsgericht, das einen hinreichenden Grund dafür vermisst, dem
Verkäufer, der ohne Fristsetzung eine Nachbesserung vornimmt, in der Regel
zwei Nachbesserungsversuche einzuräumen, demjenigen aber, der auf eine
Fristsetzung hin tätig wird, nur eine Nachbesserungsmöglichkeit
zuzugestehen, verkennt, dass es in beiden Fällen letztlich darum geht, dem
Verkäufer ausreichend Zeit für eine Nachbesserung zu geben, ihm aber
gleichzeitig deutlich zu machen, dass er nach Ablauf einer angemessenen
Zeitspanne mit weiteren Ansprüchen des Käufers rechnen muss. Diese Funktion
erfüllt im Regelfall die Setzung einer angemessenen Frist und im
Ausnahmefall des § 440 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 BGB ein zweimaliger
Nachbesserungsversuch.
58 (3) Auch die weiteren vom
Berufungsgericht angeführten Gesichtspunkte führen nicht zu einer
Einbeziehung der Wertung des § 440 Satz 2 BGB in die Auslegung des Begriffs
"erfolglose Fristsetzung" im Rahmen des § 323 Abs. 1 BGB (oder des § 281
Abs. 1 Satz 1 BGB).
59 (a) Es trifft zwar zu, dass die Frage,
ob ein Käufer den Verkäufer nur zur Nachbesserung aufgefordert oder ihm
hierzu auch wirksam eine angemessene Frist gesetzt hat, von der Formulierung
des Nachbesserungsverlangens abhängt. Dies ist aber Willenserklärungen oder
geschäftsähnlichen Erklärungen (wie etwa der Mahnung im Sinne von § 286 BGB
oder der Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB) durchweg eigen. Da der Erklärende
hierdurch eine rechtsgeschäftliche oder vom Gesetz vorgesehene Rechtsfolge
auslösen will, ist er gehalten, die Erklärung so abzufassen, dass sie die
Anforderungen an den erforderlichen Erklärungstatbestand erfüllt.
60 (b) Soweit das Berufungsgericht für die von ihm befürwortete -
jedoch abzulehnende - Auslegung des § 323 Abs. 1 BGB die Interessenlage des
Verkäufers ins Feld führt, der einen ersten Nachbesserungsversuch
unternommen und dafür in der Regel Mittel aufgewendet habe, die nutzlos
würden, obwohl möglicherweise nur noch ein geringer Aufwand erforderlich
sei, um die Nachbesserung zum Erfolg zu führen, missachtet es erneut den
Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hat bei der Erstreckung des § 323
Abs. 1 BGB (und des § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf die Fälle der Nacherfüllung
(Nachbesserung und Nachlieferung) bereits eine grundlegende Abwägung der
beiderseitigen Interessen vorgenommen. Nach seinen, den vorgenannten
Bestimmungen zugrundeliegenden Vorstellungen muss die zu setzende
angemessene Frist so lang sein, dass der Schuldner die Leistung tatsächlich
auch erbringen kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 138). Im Falle der Nacherfüllung
muss sie so bemessen sein, dass der ausgebliebene "Leistungsrest" erbracht
werden kann (BT-Drucks. aaO). Mit dem Ablauf einer solchen Frist muss der
Schuldner nach den gesetzgeberischen Erwägungen damit rechnen, dass die
fruchtlose Aufforderung auch Folgen hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 184 und
185). Dies gilt auch für den Fall der Nachbesserung. Ein Recht zur "dritten
Andienung", worauf die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts hinausläuft,
soll das Gesetz nicht einräumen.
61 Vor diesem Hintergrund wird - wie die
Revision zu Recht geltend macht - den vom Berufungsgericht in den Blick
genommenen Interessen des Verkäufers, der den Hauptteil der
Nachbesserungsarbeiten innerhalb der gesetzten Frist erbracht hat und nur
noch einen geringfügigen Aufwand zur Behebung des Mangels zu erbringen
hätte, ausreichend durch die Bestimmungen der § 323 Abs. 5 und § 281 Abs.
1 Satz 3 BGB Rechnung getragen, wonach ein Rücktritt oder ein
Schadensersatzanspruch statt der Leistung bei einer
unerheblichen Pflichtverletzung, also bei Vorliegen eines geringfügigen
Mangels, ausgeschlossen ist. Ob diese Voraussetzungen vorliegen,
hängt von
einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall ab (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 - VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46 mwN), wobei der Senat
eine - nicht starr zu handhabende - Richtgröße entwickelt hat.
Eine
unerhebliche Pflichtverletzung ist danach bei behebbaren Mängeln in der
Regel gegeben, wenn bei Ausübung des Rücktritts (oder der Geltendmachung des
Schadensersatzverlangens) die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum
Kaufpreis geringfügig sind, wovon jedenfalls regelmäßig nicht mehr
auszugehen ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf
Prozent des Kaufpreises übersteigt (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile
vom
28. Mai 2014 - VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 17 und 30; vom
11. Dezember
2019 - VIII ZR 361/18, aaO Rn. 47).
62 c) Das Berufungsurteil
stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein
von der Revisionserwiderung angeführter konkludenter Verzicht (§ 397 BGB)
auf das Recht zum Rücktritt ist nicht anzunehmen. An das Vorliegen eines
Verzichts sind nämlich strenge Anforderungen zu stellen; er ist nur bei
dahingehenden unzweideutigem Verhalten oder bei sonst eindeutigen
Anhaltspunkten anzunehmen (Senatsbeschluss vom 14. November 2017 - VIII ZR
101/17, NJW 2018, 1171 Rn. 17 mwN). Solche Anhaltspunkte sind weder
festgestellt noch von der Revisionserwiderung aufgezeigt worden. Aufgrund
der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann auch nicht
angenommen werden, der Kläger könne sich gemäß § 242 BGB auf den erklärten
Rücktritt nicht berufen.
63 Allerdings sind die Feststellungen des
Berufungsgerichts, der Kläger habe sein Recht auf Rücktritt nicht verwirkt,
unvollständig, weil es nicht die von einer Verwirkung zu unterscheidende
Fallgestaltung eines rechtsmissbräuchlichen widersprüchlichen Verhaltens
gesondert in den Blick genommen hat. Auf der Basis der bislang getroffenen
Feststellungen lässt sich nicht hinreichend beurteilen, ob dem Kläger eine
Berufung auf den erklärten Rücktritt wegen widersprüchlichen Verhaltens
verwehrt ist.
64 aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der
Kläger habe seinen Rücktritt nicht dadurch verwirkt, dass er sich zunächst
dafür entschieden habe, der H. C. GmbH Gelegenheit zu einer weiteren
Nachbesserung zu geben, den hierzu vereinbarten Termin dann aber später
abgesagt und stattdessen den Rücktritt erklärt habe. Zur Begründung hat es
ausgeführt, es stelle bereits kein widersprüchliches Verhalten dar, wenn der
Käufer, nachdem er möglicherweise aufgrund anwaltlicher Beratung erkannt zu
haben glaube, bereits ein Rücktrittsrecht zu haben, von der bisher
getroffenen Entscheidung abweiche. Für eine Verwirkung fehle es jedenfalls
an einem Umstandsmoment. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie
beziehungsweise die H. C. GmbH im Vertrauen auf das zweite
Nachbesserungsverlangen Dispositionen getroffen hätten, die sie nicht oder
nur unter erheblichem Aufwand rückgängig machen könnten.
65 bb)
Diese
Erwägungen lassen besorgen, dass das Berufungsgericht die Rechtsfiguren der
Verwirkung und des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum
proprium) miteinander vermengt und damit nicht zu allen relevanten Umständen
Feststellungen getroffen hat.
66 (1) Zwar stellt auch die vom
Berufungsgericht erörterte Verwirkung einen Sonderfall der unzulässigen
Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens dar (Palandt/Grüneberg,
BGB, 79. Aufl., § 242 Rn. 87). Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt
hierbei aber - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht - in einer
im Streitfall nicht relevanten illoyalen Verspätung der Rechtsausübung
(vgl.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, NJW-RR 2014, 195 Rn. 10;
Palandt/Grüneberg aaO). Unter rechtsmissbräuchlichem widersprüchlichem
Verhalten außerhalb der Verwirkung wird dagegen ein Verhalten verstanden,
bei dem sich eine Partei zu ihrem früheren Verhalten inhaltlich in
Widerspruch setzt und dies rechtsmissbräuchlich ist, weil entweder für den
anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder weil andere
besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen
(st.
Rspr.; vgl. etwa Senatsurteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 154/14, BGHZ
204, 145 Rn. 24 ff. mwN).
67 (2) In Fallgestaltungen wie der
vorliegenden kann unter bestimmten Umständen dem Käufer die Berufung auf
einen Rücktritt nach § 242 BGB wegen missbräuchlichen widersprüchlichen
Verhaltens verwehrt sein. Ob ein solcher Fall vorliegt, hängt aber von den
konkreten Umständen des Einzelfalls ab (Senatsurteil vom 4. Februar 2015 -
VIII ZR 154/14, aaO Rn. 25 mwN). Das Berufungsgericht hat insoweit nicht zu
allen maßgeblichen Umständen Feststellungen getroffen.
68 Es hat lediglich
auf die Möglichkeit einer Willensänderung im Hinblick auf eine spätere
anwaltliche Beratung abgestellt, nicht aber Feststellungen dazu getroffen,
ob und welche Absprachen der Kläger mit der H. C. GmbH bei der
Vereinbarung eines zweiten Nachbesserungstermins getroffen (unverbindliche
Terminabsprache oder - so die Auffassung der Revisionserwiderung -
verbindliche Einräumung einer zweiten Nachbesserungsmöglichkeit) und aus
welchen Gründen er seine Entscheidung, dieser Gelegenheit zu einer erneuten
Nachbesserung zu geben, zu einem späteren Zeitpunkt revidiert hat. Weiter
hat es zwar festgestellt, dass die H. C. GmbH im Vertrauen auf das zweite
Nachbesserungsverlangen keine Dispositionen getroffen hat; es fehlen aber
Feststellungen dazu, ob die Abkehr von diesem Verlangen aus sonstigen
Gründen treuwidrig war.
69 Eine Treuwidrigkeit kann allerdings
- anders als die Revisionserwiderung meint - nicht schon deswegen angenommen
werden, weil bei aufwendigen Lackierungsarbeiten unter Umständen mehrere
Versuche erforderlich seien, um ein optimales Ergebnis zu erzielen und die
"Gesamtmaßnahme Lackausbesserungsarbeiten" rechtlich "als einheitliche
Nachbesserung" zu betrachten wäre, so dass das Versagen eines zweiten
Nachbesserungsschritts als Vereitelung der Nachbesserung zu bewerten wäre.
III.
70 Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts
keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache
ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht bislang weder
Feststellungen dazu getroffen hat, ob die mit Schreiben vom 14. Mai 2018
gerügten Lackierungsmängel an der A-Säule und am Heckdeckel vollständig und
ordnungsgemäß behoben worden sind, noch dazu, ob Lackierungsmängel an einem
anderen Ort, nämlich an der C-Säule, hinzugekommen sind und insoweit eine
Fristsetzung erfolgt (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, aaO, § 323 Rn. 16) oder
entbehrlich ist. Weiter fehlen Feststellungen dazu, ob etwa vorhandene
Mängel als unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen sind
und ob dem Kläger eine Berufung auf den erklärten Rücktritt wegen
widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB verwehrt ist. Die Sache ist
daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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