Haftung für falsche
Auskünfte - konkludenter Abschluß eines Auskunftsvertrags, Abgrenzung
Gefälligkeit/Vertrag: Erfordernis des Rechtsbindungswillens, maßgebliche
Kriterien; Voraussetzungen der Haftung: Vertretenmüssen, haftungsbegründende
Kausalität und Mitverschulden
BGH, Urteil vom 18.
Dezember 2008 - IX ZR 12/05
Fundstelle:
NJW 2009, 1141
Amtl. Leitsatz:
Telefonische
Mitteilungen eines Steuerberaters können einen Auskunftsvertrag begründen.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung zur Haftung für falsche
Auskünfte. Im Mittelpunkt steht die Frage des Rechtsbindungswillens bei der
Erteilung von Auskünften. Die Entscheidung legt lehrbuchmäßig die Kriterien
dar, anhand welcher sich ein solcher Rechtsbindungswille feststellen läßt.
Die Haftung aus dem dann bejahten Auskunftsvertrag beruht - ohne daß die
Norm einmal erwähnt wird - auf § 280 I BGB. Erörtert wird dabei auch das
(vermutete) Vertretenmüssen (§ 280 I S. 2 BGB) sowie die Frage der
haftungsbegründenden Kausalität sowie des Mitverschuldens: Es besteht ein
Anscheinsbeweis aufklärungsrichtigen Verhaltens, ein Mitverschulden nach §
254 I wird ausgeschlossen: Im Falle der Falschberatung kann man in der Tat
kein Mitverschulden darin sehen, daß sich der Auskunftsempfänger auf die
Richtigkeit Auskunft der Auskunft verläßt. Auf die Korrektheit der
vertraglich geschuldeten Leistung muß er sich verlassen dürfen. S. dazu
jetzt auch im Zusammenhang mit dem Verjährungsbeginn
BGH v. 8.7.2010 - III ZR 249/09.
Zum konkludenten Abschluß von Auskunftsverträgen s. auch
BGH
NJW 1991, 352;
BGH NJW 2003, 1521;
BGH NJW 2007, 1362.
Zur Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich von Auskunftsverträgen s.
BGH NJW
1998, 1059; zur Abgrenzung zur
Eigenhaftunghaftung eines Verhandlungsgehilfen aus aus c.i.c. (§§ 280 I,
311II, III, 241 II) s. BGH NJW-RR 2006, 993.
S. weiter
BGH v.
11.9.2003 - III ZR 381/02;
BGH v. 12.5.2005 - III ZR 413/04;
BGH v. 13.3.2008 -
III ZR 165/07; BGH
NJW 2009, 512.
Zur Abgrenzung Gefälligkeit/Vertrag vgl. auch
BGH NJW 1992, 498,
BGH
NJW 1995, 3389,
BGH v. 10.7.2015 - V ZR
206/14 und
BGH v. 20.9.2017 - VIII ZR
279/16.
Zur gleichen Problematik im Rahmen der GoA s.
BGH v. 23.7.2015 - III
ZR 346/14.
Zum Rechtsbindungswillen s. auch
OLG Frankfurt
NJW 1997, 136 ("Peanuts") sowie
LG Kiel
NJW 1998, 2539 (Tischreservierung).
©sl 2009
Tatbestand:
1 Die Kläger erwarben am 13. Dezember 1995 eine Eigentumswohnung zum Preis
von 560.000 DM. Die Wohnung wurde fremdfinanziert und nach Fertigstellung im
Jahre 1996 vermietet. Der Beklagte war für die Kläger als Steuerberater
tätig. In der Folgezeit berücksichtigte er in den Einkommensteuererklärungen
der Kläger die auf die Wohnung entfallende Abschreibung sowie die
Werbungskosten und Einnahmen aus der Vermietung der Wohnung.
2 Im Februar 2003 beabsichtigten die Kläger die Veräußerung der Wohnung. Der
Kläger zu 1 teilte dem Beklagten telefonisch mit, dass die Wohnung fast zum
Einstandspreis verkauft werden könne, und wollte wissen, ob der Beklagte
etwas über die Immobilienmarktentwicklung sagen könne. Der Beklagte
antwortete, dass der Verkauf einer vermieteten Wohnung fast zum
Einstandspreis günstig sei, weil vermietete und "gebrauchte" Objekte im
Allgemeinen nur mit Abschlag verkauft werden könnten. Sodann fragte der
Kläger zu 1 den Beklagten, ob man sich "wegen der anstehenden
Gesetzesänderung" mit dem Verkauf beeilen müsse. Darauf entgegnete der
Beklagte, dass die Lage für die Kläger nach neuem Recht nicht nachteiliger
und deshalb keine Eile geboten sei. Am 17. Juni 2003 verkauften die Kläger
die Wohnung zum Preis von 293.000 €.
3 Die Kläger machen geltend, sie hätten mit dem Verkauf einen mit einem
Steuersatz von 48 % zu versteuernden Veräußerungsgewinn von 79.546 €
erzielt, weil der Einkaufspreis um die erfolgten Abschreibungen gemindert
worden sei. Darauf habe der Beklagte sie nicht hingewiesen. Gegebenenfalls
hätten sie von der Veräußerung abgesehen. Eine genaue Berechnung des ihnen
entstandenen Schadens sei erst nach der Veranlagung für das Steuerjahr 2003
möglich. Die Kläger haben deshalb Schadensersatzfeststellungsklage gegen den
Beklagten erhoben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das
Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr
Feststellungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
5 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Mandat habe nicht vorgelegen.
Zwar habe der Beklagte die jährlichen Steuererklärungen der Kläger
angefertigt; dies sei jedoch im Rahmen von Einzelmandaten geschehen.
Hinsichtlich des Wohnungsverkaufs hätten die Kläger kein solches erteilt.
Bei der telefonischen Auskunft des Beklagten handele es sich um eine
Gefälligkeit, aus der sich weder ein Leistungsanspruch noch eine
Nebenpflicht auf umfangreiche Aufklärung ergebe.
II.
6 Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die nicht
weiter begründete Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe seine
Auskunft aufgrund eines rechtlich unverbindlichen Gefälligkeitsverhältnisses
erteilt, steht nicht im Einklang mit den in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung entwickelten Maßstäben.
7 1. Die Abgrenzung, ob den Erklärungen der Parteien ein Wille zur
rechtlichen Bindung zu entnehmen ist oder die Parteien nur aufgrund einer
außerrechtlichen Gefälligkeit handeln, ist an Hand der Umstände des
jeweiligen Einzelfalles zu bewerten (vgl. BGHZ 56, 204, 209 f). Ob
bei einer Partei ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist danach zu
beurteilen, ob die andere Partei unter den gegebenen Umständen nach Treu und
Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen
schließen musste. Dies ist anhand objektiver Kriterien aufgrund der
Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermitteln, wobei vor allem
die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit,
insbesondere für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien
heranzuziehen sind (BGHZ 21, 102, 106 f; 92, 164, 168; BGH, Urt. v. 16.
November 1989 - IX ZR 190/88, NJW-RR 1990, 204, 205; v. 21. Juli 2005 - I ZR
312/02, NJW-RR 2006, 117, 120).
8 Die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit
sprechen erkennbar gegen die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, der
Beklagte habe die Auskunft gefälligkeitshalber erteilt. Dem Umstand,
dass der Beklagte für sein Tätigwerden keine Vergütung verlangt hat, kommt
kein entscheidendes Gewicht zu (BGH, Urt. v. 21. Dezember 1989 - IX ZR
234/88, NJW-RR 1990, 1532, 1533 unter Bezugnahme auf BGHZ 21, 102, 106 f).
9 2. Da sich die Tätigkeit des Beklagten auf eine Auskunft bezog, muss die
Frage, ob dies im Rahmen eines Vertragsverhältnisses geschehen ist, nach den
hierfür maßgeblichen Gesichtspunkten beurteilt werden.
10 a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der
stillschweigende Abschluss eines Auskunftsvertrages zwischen Geber und
Empfänger der Auskunft und damit eine vertragliche Haftung des
Auskunftgebers für die Richtigkeit seiner Auskunft regelmäßig dann
anzunehmen, wenn die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher
Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will;
dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Auskunftgeber für die
Erteilung der Auskunft besonders sachkundig oder ein eigenes
wirtschaftliches Interesse bei ihm im Spiel ist (BGHZ 74, 103, 106 ff;
100, 117; BGH, Urt. v. 13. Februar 1992 - III ZR 28/90, NJW 1992, 2080,
2082; v. 22. Juni 2004 - IX ZR 132/03, WM 2004, 1825, 1827; Zugehör, in
Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1730).
Wie der Bundesgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat (Urt. v. 16. Juni 1988
- III ZR 182/87, BGHR BGB § 676 Auskunftsvertrag 1; v.17. September 1985 -
VI ZR 73/84, WM 1985, 1531, 1532), ist dieser Rechtsprechung allerdings
nicht zu entnehmen, dass für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages
ohne Rücksicht auf die Besonderheiten des jeweiligen Falles allein schon die
Sachkunde des Auskunftgebers und die Bedeutung der Auskunft für den
Empfänger ausreichen. Diese Umstände stellen vielmehr lediglich Indizien
dar, die, wenn auch mit erheblichem Gewicht, in die Würdigung der gesamten
Gegebenheiten des konkreten Falles einzubeziehen sind.
11 Für den stillschweigenden Abschluss eines Auskunftsvertrages ist
entscheidend darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände unter
Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den
Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer
Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten
gemacht haben (BGH, Urt. v. 5. Dezember 1972 - VI ZR 120/71, WM 1973,
141, 143; v. 24. Januar 1978 - VI ZR 105/76, WM 1978, 576, 577; v. 17.
September 1985 aaO). So hat der Bundesgerichtshof bei der rechtlichen
Beurteilung von Fällen, in denen der konkludente Abschluss eines
Auskunftsvertrages angenommen oder in Erwägung gezogen wurde, außer der
Sachkunde des Auskunftgebers und der Bedeutung seiner Auskunft für den
Empfänger jeweils auch weitere Umstände mitberücksichtigt, die für einen
Verpflichtungswillen des Auskunftgebers sprechen können, wie z.B.
dessen eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Geschäftsabschluss
(BGH, Urt. v. 5. Juli 1962 - VII ZR 199/60, WM 1962, 1110, 1111), ein
persönliches Engagement in der Form von Zusicherungen nach Art einer
Garantieübernahme (BGHZ 7, 371, 377; BGH, Urt. v. 13. Juni 1962 - VIII
ZR 235/61, NJW 1962, 1500), das Versprechen eigener Nachprüfung der
Angaben des Geschäftspartners des Auskunftsempfängers (BGH, Urt. v. 7.
Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 288), die Hinzuziehung des
Auskunftgebers zu Vertragsverhandlungen auf Verlangen des
Auskunftsempfängers (BGH, Urt. v. 25. Oktober 1966 - VI ZR 8/65, WM
1966, 1283, 1284) oder die Einbeziehung in solche Verhandlungen als
unabhängige neutrale Person (BGH, Urt. v. 18. Januar 1972 - VI ZR
184/70, WM 1972, 466, 468) sowie eine bereits anderweitig bestehende
Vertragsbeziehung zwischen Auskunftsgeber und Auskunftsempfänger (BGH,
Urt. v. 14. November 1968 - VII ZR 51/67, WM 1969, 36, 37).
12 b) Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt
sich vorliegend das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages nicht verneinen.
Dass eine auf einen bevorstehenden Grundstücksverkauf bezogene Auskunft für
den Empfänger von erkennbar erheblicher Bedeutung und zur Grundlage
wesentlicher Entschlüsse bestimmt war, kann für die vorliegende
Fallgestaltung nicht zweifelhaft sein. Gleiches gilt für den weiteren
Umstand, dass der Beklagte als Steuerberater für die in Rede stehende
steuerliche Auskunft als besonders sachkundig anzusehen war. Eine bereits
anderweitig bestehende Vertragsbeziehung zwischen Auskunftsgeber und
Auskunftsempfänger (BGH, Urt. v. 14. November 1968 - VII ZR 51/67, aaO;
Zugehör, aaO Rn. 1730) lag hier ebenfalls vor, nachdem der Beklagte bereits
seit mehreren Jahren regelmäßig die Einkommensteuererklärungen der Kläger
erstellte. Im Rahmen dieser vom Berufungsgericht festgestellten Umstände ist
auszuschließen, dass der Beklagte seine Auskunft nur gefälligkeitshalber
erteilt haben könnte. Unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des
Verkehrsbedürfnisses ist vielmehr offenkundig, dass beide Teile nach dem
objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand
vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben.
III.
13 Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561
ZPO). Vielmehr sind auch die übrigen Voraussetzungen für die Feststellung
eines Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt.
14 1. Der steuerliche Auskunftsvertrag ist einem beschränkten Mandat
gleich zu achten (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 2007 - IX ZR 122/04, WM
2007, 567, 568 Rn. 6, 10). Nach der Rechtsprechung des Senats muss ein
Steuerberater, dem lediglich ein eingeschränktes Mandat erteilt ist, den
Mandanten auch vor außerhalb seines Auftrages liegenden steuerlichen
Fehlentscheidungen warnen, wenn sie ihm bekannt oder für einen
durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich sind, wenn er
Grund zu der Annahme hat, dass sich der Auftraggeber der ihm drohenden
Nachteile nicht bewusst ist (BGHZ 128, 358, 362; BGH, Urt. v. 7. Mai
1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1304; v. 9. Juli 1998 - IX ZR 324/97, WM
1998, 2246, 2247; v. 21. Juli 2005 - IX ZR 6/02, WM 2005, 1904, 1905). Dies
gilt insbesondere dann, wenn die Gefahr Interessen des Auftraggebers
betrifft, die mit dem beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang
stehen (BGH, Urt. v. 9. Juli 1998 aaO S. 2248; Zugehör aaO, Rn. 497).
15 Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Da der Kläger zu 1 von
sich aus - wie der Beklagte in seiner erstinstanzlichen Parteivernehmung
bestätigt hat - erwähnt hatte, die Spekulationsfrist sei noch nicht
abgelaufen, und den Einstandspreis mit dem voraussichtlichen Verkaufspreis
verglichen hatte, war für den Beklagten die Gefahr offenkundig, dass dem
Kläger die drohende Maximierung des steuerlichen Gewinns durch Anrechnung
der Abschreibungen auf den Einstandpreis nicht bewusst war. Deshalb hätte
der Beklagte den Kläger zu 1 darauf hinweisen müssen, infolge des
Buchgewinns sei mit einer erheblichen Steuerbelastung zu rechnen.
16 2. Das objektiv fehlerhafte Verhalten des Beklagten spricht für sein
Verschulden (vgl. BGHZ 129, 386, 399; BGH, Urt. v. 20. Juni 1996 - IX ZR
106/95, WM 1996, 1832, 1835 [Anwalt]; v. 20. Januar 2005 - IX ZR 416/00, WM
2005, 999; v. 7. Dezember 2006 - IX ZR 37/04, WM 2007, 564, 566 Rn. 20).
Der Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu
vertreten hat.
17 3. Ob die Pflichtverletzung des Beklagten den geltend gemachten Schaden
herbeigeführt hat, ist nach den zur haftungsausfüllenden Kausalität
entwickelten Grundsätzen zu beurteilen.
18 a) Es gilt der Anscheinsbeweis, dass der Mandant bei ordnungsgemäßer
Belehrung durch den Berater dessen Hinweisen gefolgt wäre, sofern für ihn
bei vernünftiger Betrachtungsweise aus damaliger Sicht nur eine Entscheidung
nahe gelegen hätte (BGHZ 123, 311, 315; BGH, Urt. v. 13. Januar 2005 -
IX ZR 455/00, WM 2005, 1615, 1616; v. 21. Juli 2005 - IX ZR 49/02, WM 2005,
2110, 2111; v. 13. März 2008 - IX ZR 136/07, WM 2008, 1560, 1562 Rn. 19).
Der Berater kann den Anscheinsbeweis entkräften, indem er Tatsachen beweist,
die für ein atypisches Verhalten des Mandanten sprechen (BGHZ 123, 311,
319; BGH, Urt. v. 2. Juli 1996 - IX ZR 299/95, WM 1996, 2071, 2072 [Notar]).
Unanwendbar sind die Regeln des Anscheinsbeweises, wenn unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten unterschiedliche Schritte in Betracht
kommen und der Berater dem Mandanten lediglich die erforderliche Information
für eine sachgerechte Entscheidung zu geben hat (BGH, Urt. v. 10. Dezember
1998 - IX ZR 358/97, WM 1999, 645, 646; v. 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99,
WM 2001, 741, 743; v. 15. Juli 2004 - IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817, 2818; v.
23. November 2006 - IX ZR 21/03, WM 2007, 419, 421 Rn. 23; v. 7. Dezember
2006 - IX ZR 37/04, WM 2007, 564, 566 Rn. 21).
19 b) Nach dem Vorbringen der Kläger hätten sie bei ordnungsgemäßer Auskunft
vom Verkauf der Eigentumswohnung abgesehen. Der Beklagte hat dieses
Vorbringen lediglich bestritten, ohne darzulegen, dass Handlungsalternativen
für die Kläger bestanden hätten. Solche sind auch aus den übrigen
Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ersichtlich.
20 4. Dass den Kläger durch die Veräußerung des Objekts mit der
Verpflichtung den steuerlichen Gewinn versteuern zu müssen, ein hinreichend
wahrscheinlicher Schaden droht, ist dargetan. Im Rahmen der
Feststellungsklage ist es nicht geboten, Art, Umfang und Ausmaß des Schadens
einzeln zu belegen (BGH, Urt. v. 25. Oktober 2001 - IX ZR 427/98, WM 2002,
29, 32).
21 5. Entgegen der Ansicht des Revisionsbeklagten ist für die Anrechnung
eines Mitverschuldens kein Raum. Nach gefestigter Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs kann dem Auftraggeber nicht als mitwirkendes Verschulden
vorgeworfen werden, er hätte das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären
sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können
(BGH, Urt. v. 19. Dezember 1991 - IX ZR 41/91, NJW 1992, 820; v. 24.
Juni 1993 - IX ZR 216/92, NJW 1993, 2747, 2750; v. 18. Dezember 1997 - IX ZR
153/96, WM 1998, 301, 304; v. 9. Dezember 1999 - IX ZR 129/99, NJW 2000,
1263, 1265; v. 6. Februar 2003 - IX ZR 77/02, WM 2003, 1138, 1141; v. 20.
März 2008 - IX ZR 238/06, WM 2008, 950, 952 Rn. 17; Zugehör, aaO Rn. 1235).
IV.
22 Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen
Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte
Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif
ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3
ZPO).
|